Bozmo ist ein einsamer Solomusikant aus Berkeley. Leather Umbrella hat er mit einfachen Mitteln in Proberäumen und Schlafzimmern aufgenommen. Das klingt aber keineswegs billig, sondern ein ungeheuer warmer Retrosond ist das Ergebnis. Sehr authentischer, fuzzlastiger Psychpop, den die letzten 50 Jahre nicht besonders jucken. Wer die entspannteren Momente von Ty Segall oder Oh Sees zu schätzen weiß, wird sich auch in dieser regenbogenfarbenen halben Stunde gut aufgehoben wissen.
Eine im besten Sinne kaputte EP hat das neuseeländische Trio uns hier auf's Band gerotzt. Schwer einzuordnen, das Ganze. Wir haben hier ein derbe sägendes Noisepunk-Gewitter zum Auftakt und einen relaxten aber schrägen Indierocker, das war's dann auch größtenteils schon an (trotzdem ausgezeichneter) Song-Substanz. Der ganze Rest? Chaotische Jams und diverser Krach auf einer Skala von unaufgeräumt bis total krank. Genau meine Tasse Tee.
Sehr, sehr toller Noise-/Mathrock von einem Trio aus London, der sich stilistisch aus der Blütezeit des Genres bedient. Bands wie Faraquet, Shellac, Jesus Lizard oder auch mal Helmet dürften hier Pate gestanden haben. Davor müssen sich Poino aber keineswegs verstecken; Bon Ick Voyeur ist ein sehr frisches Album geworden. Eins der wenigen, das seine Einflüsse nicht nur oberflächlich kopiert, sondern mit seinen ausgefuchsten Kompositionen von vorne bis hinten Sinn ergibt und trotz seiner Komplexität erstaunlich eingängig bleibt.
Juhu, eine Band deren Namen ich nicht auszusprechen weiß. Aus Kiev kommt diese Combo, das war's dann auch schon an verfügbaren Infos. Spielen eine arg krude Variante von mal melodischem, mal eher monoton-doomig groovendem Noise-/Postrock, zusammengehalten von etwas übertrieben verschwurbelten Elektrobeats. Aber auch das steht der Platte gut, denn alles hier hat seine gewisse Schieflage und zieht einen in all ihrer unbekümmerten, verspielten Unperfektheit und ihrem warmherzigen Charme am Ende doch auf ihre Seite.
Ich hab eigentlich schon lange aufgehört das aktuelle Geschehen im Hardcore aktiv zu verfolgen. Zu eingefahren und konventionell ist mir der größte Teil dieser Szene, der ich im Grunde doch einiges abgewinnen könnte. Rückblickend kann man sagen, dass das Genre bereits mehrmals scheinbar vor die Hunde gegangen ist und sich dann doch jedes mal auf die eine oder andere Art wieder erneuert hat, schon lange bevor ich alt genug war, mich dafür zu interessieren. In letzter Zeit schwindet bei mir aber die Hoffnung, dass Hardcore nochmal im größeren Stil frischen Wind erfährt und sich aus der kreativen Sackgasse manövriert.
Einen kleinen Hoffnungsschimmer bietet dann eine Platte wie von dieser Band aus Northampton, Massachusetts, die zwar auch nichts bahnbrechend neues bietet, es dafür aber schafft eine aktuellere Spielform wieder mit ein paar vergangenen, direkt oder indirekt verwandten musikalischen Strömungen zu veinen.
Die Platte geht los mit eher typischem melodischem Hard-/Emocore wie ihn etwa Fucked Up zu großer Popularität verholfen haben und vielleicht vermischt mit tendenziell eher stereotypen 90er Emo-/Postcore-Versatzstücken. So weit so vertraut. Aber etwa in der Mitte des ersten Songs passieren dann Dinge, die so gar nicht so rein passen wollen. Zuerst meldet sich plötzlich eine Schrammelattacke, die eindeutig den Geist früher Dinosaur Jr. wachruft, gefolgt von einem Gitarrensolo (ja eh schon ein ziemliches Genre-Tabu) im zweiten Song, das geradezu lebensecht J. Mascis channelt .
Im weiteren Verlauf der Platte kristallisieren sich dann Hüsker Dü als weiteres verbindendes Element heraus, an allen Ecken und Enden findet man hier Riffs und Harmonien, die genau so gut Outtakes aus deren beiden größten Klassiker-Alben Zen Acarde oder New Day Rising sein könnten.
Das reicht natürlich nicht um ein größtenteils kaputtes Genre zu rehabilitieren, aber es ist eine sehr interessante Platte dabei herausgekommen, hin und her gerissen zwischen eher gewöhnlichen Genre-Standards und dem lobenswerten Versuch, eben diesen zu entfliehen. Auf jeden Fall endlich wieder mal eine Platte, an der ich wirklich meinen Spaß habe. Ein Schritt in die richtige Richtung. Trotzdem muss sich Hardcore mehr anstrengen und aufhören im eigenen Saft zu versickern, um in Zukunft noch für irgendwen außer sich selbst relevant zu sein.
In der Pelzmodeabteilung des Internets findet man dieses spaßige Powerpop-/ Poppunk-Trio aus Chicago. Nicht gleich wegrennen wenn ich Poppunk sage, das ist nämlich keine Kindermucke mit aufgeklebtem Iro, sondern viel eher in den Urvätern des Genres verankert; insbesondere die Buzzcocks finden sich hier immer wieder. Dazu hat's noch 'ne leicht garagige Kante und einen hohen Fuzz-Faktor. Außerdem heben sie sich mit durchweg ausgezeichneten Songs vom Genre-Einheitsbrei ab und lehnen sich gelegentlich ein kleines bisschen aus dem Fenster; ich glaube hier und dort auch mal subtile Anklänge von The Gun Club oder sehr frühen Wire zu vernehmen. Eine Ärsche tretende Glückspille ist das.
Wieder mal so eine Platte, die beim Release irgendwie an mir vorbei ging, und das obwohl sie schon länger in meiner Mailbox rumlag und auch in einigen mir vertrauten Blogs die Runde machte. Naja, dann wohl mal im falschen Moment verpeilt ein Bookmark zu setzen und schon für immer vergessen.
Wie auch immer, die Mitglieder dieses Trios aus Los Angeles/New York/Memphis haben in der Vergangenheit schon bei solchen alten Bekannten wie etwa Jay Reatard oder Wavves gespielt. Erschienen ist das Ganze bei der Garagenrock-Institution HoZac Records.
Das ist eine dieser Platten, deren Einzelteile eigentlich nicht zusammen passen dürften, aber doch hervorragend ineinander greifen. Da treffen LoFi-Elektrobeats auf verträumten Psychpop, flotter Garagenpunk auf Shoegaze-artigen Effektnebel. Der ganzen Schrägheit setzt dann der meistens künstlich hochgepitchte Gesang die Krone auf, aber zusammengehalten wird die Platte durch ein ausgezeichnetes Gespür für wahnsinnig eingängige Powerpopsongs. In ihrer Zerfahrenheit erinnert mich das an die psychedelischen Sample-Orgien von Spectral Park oder eine noch Hymnischere Variante des elektronischen Garagenpop von Gap Dream. Kombiniert man das mit der bisherigen Vita der Musiker, ergibt das fast schon wieder ein wenig Sinn.
Scheint langsam Tradition zu werden, dass einige der besten und/oder originellsten deutschen (Post-)Punkbands auf US-Labels veröffentlicht werden, bei uns aber eher begrenzte Beachtung bekommen. Da wären in jüngerer Vergangenheit etwa Banque Allemande aus S.S. Records oder Diät auf Iron Lung.
Und jetzt beschert uns Slovenly diese schöne 7" des besten Puffs in Berlin. Exzellent gestörter Postpunk, der zeitweise mit seinem prominenten Syntheinsatz den am anderen Ende der Welt befindlichen Labelmates Stalins Of Sound nicht ganz unähnlich klingt.
Räudigen Pop versprechen Times Beach aus St. Louis im Albumtitel und behalten Recht. Das ist nicht die Art von Pop, die wie Honig aus den Lautsprechern sifft. Das ist die Art von Pop, zu dessen Schönheit man erst mal durchdringen muss, durch dichte Lagen aus Stacheldraht, Dreck und Taubenschiss. Das erinnert zeitweise an die jüngere Indierock-Vergangenheit wie etwa frühe Wavves und die Debütalben von Male Bonding oder Rat Columns. Etwas offensichtlichere Klassiker wie Hüsker Dü oder Dinosaur Jr könnte man auch anführen oder aktuelle Noisepop-Bands wie etwa Joanna Gruesome. Geht runter wie lauwarmes Karlskrone-Pils.