Aufregender Scheiß im Spannungsfeld zwischen Noise Rock, Postcore und Garage Punk auf der neuesten EP dieser Band aus Tokyo, die sich obendrein als ausgesprochen vielseitig und wandlungsfähig präsentiert. Proto-Being stürmt direkt los wie eine Mischung aus Multicult, Tar und Drive Like Jehu. Slug hat dann mehr einen melodischen Vibe, der an Bands wie Bitch Magnet, Polvo und Chavez erinnert. Evidence verströmt einen Acid-getränkten Proto Punk-Vibe als träfen z.B. MX-80 auf frühe The Men und einen Hauch von Wipers. Zu guter Letzt ist dann in Disconnect noch so eine gewisse Hot Snakes-meet-Nation Of Ulysses-Energie am Start.
Zwei starke deutschsprachige Post Punk-Releases hier. Kalte Hand kommen aus Augsburg, klingen dabei aber eher nach Berlin der letzten 10 Jahre - ihr in eiskalten Sarkasmus gehüllter dystopischer Post Punk ruft unter anderem Bands wie Pigeon, Glaas, frühe Diät and Pretty Hurts sowie weitere deutsch singende Erscheinungen wie Die Wärme, Hyäne, Maske, Die Verlierer, L'appel Du Vide ins Gedächtnis… nicht zuletzt hat's auch einen leichten Hauch von Puff and Pisse. Die Tendenzen letzterer zwei Bands drängen sich dann stärker in den Fokus auf der Debüt-EP des Hamburger Duos Dunkle Strassen - ein kraftvoll geradeaus gehender Sound mit einer deutlichen Noise Rock-Kante, der darüber hinaus vielleicht noch Ähnlichkeiten zu internationalen Acts wie Arse, Ascot Stabber oder Crisis Man aufweisen mag.
Zuerst war ich mir ja nicht so sicher, ob diese Angelegenheit nicht etwas zu entspannt wird für meinen Geschmack, aber letztendlich kann mich auch dieses mal wieder die schiere Kraft des Songwritings überzeugen auf einem Album, das irgendwie den Eindruck einer gemischten Tüte von Outtakes und sonstigen Krümeln erweckt - ein Eindruck der durchaus stimmen könnte und noch bestärkt wird davon, dass die Songs hier einfach alphabetisch sortiert sind. Die Songs selbst sind aber durchweg makellose A-Ware.
Die einzige Ukrainische Eggpunk-Band von der ich bislang weiß hat mein Interesse schon durchaus geweckt mit einer Reihe solider EPs in den letzten Wochen und die neueste davon regelt jetzt mal so richtig die Scheiße, wenn ihr mich fragt. Pflichtprogramm für Fans von so Krempel wie Prison Affair, Set-Top Box, Beer und Nuts!
Collate aus Portland waren niemals eine Band die ihrem Genre sonderlich viel neues abgewinnen kann, aber das soll keineswegs heißen, dass er nicht trotzdem ordentlich Spaß macht, ihr relativ simpler Mix irgendwo zwischen dem eher funky tanzbaren Ende der No Wave-Skala und Gang Of Four-mäßigen Dance-/Post Punk Grooves. Es ist außerdem eine Platte, die sich hinterlistig anschleicht bevor sie sich kräftig im Gehörgang verkantet, weil das stärkste Material unauffällig in der zweiten Hälfte untergebracht wurde.
Ein neuer Trading Wreckage Release - das verspricht immer willkommenen Nachschub an vage No Wave-inspirierten Unsäglichkeiten. Das hier ist aber noch mal ein ganz anderes Kaliber… In dieser aktuellen Inkarnation ist The Bozo Big Shit Garbage Band wohl eine reine Soloangelegenheit von Tony Shit aka Reese McLean und vermutlich noch ein Arsch voll anderer Pseudonyme, welcher auch integraler Bestandteil von Bands wie Gay Cum Daddies, Eat Avery's Bones, Bukkake Moms, Flesh Narc und noch einigen weiteren war oder ist. Ein Fundament aus No Wave-Experimenten ist auch hier noch durchaus greifbar, aber weniger menschliches Chaos bei den Recordings hat sich hier offensichtlich auch in einem entsprechend weniger wirren Klangbild niedergeschlagen. Das ist immer noch so kreativ und unvorhersehbar wie man es von bisherigen Veröffentlichungen des Typen gewohnt ist, wird dabei aber in so strukturierte, eingängige und kraftvoll vorangetriebene Bahnen geleitet wie man es bisher noch nicht von ihm gehört hat. Mal hat das etwas von Bands an der Schnitstelle von Garage-, Post- und Art Punk wie etwa The UV Race, Soft Shoulder, Shark Toys oder Parquet Courts, in anderen Augenblicken klingt das als kollidierte der 90er Noise rock aus der AmRep- oder Touch&Go-Ecke auf Mittachtziger The Fall.
Nach einem unerhört spannenden 2021er Demo legt die Band aus Kopenhagen ein nicht weniger aufregendes Debütalbum nach. Einerseits ist das ein seltsam vertrauter Sound, in dem die lokalen Legenden Lower und (frühe) Iceage sicher ihren Fingerabdruck hinterlassen haben - einen ähnlichen Vibe aus überlebensgroßem Drama hat das, welches sich in chaotisch-emotional-kompromisslosen Performances entlädt - zusätzlich zu weniger bekannten Kopenhagener Bands wie Melting Walkmen, Echo People und Spines. Andererseits steht das aber auch fest auf eigenen Füßen nicht zuletzt dank felsenfester Songfundamente und einer Fülle netter Überraschungen wie den Black Metal-Anleihen im Instrumental The World Says Its Name, einem deutlichen Morricone-Vibe und Murderer-artigem psychedelischem Cowpunk-Nebel in Drive of Distress, während Light and Fire und This Is How I Die einen gewissen Poison Ruïn-Vibe in sich tragen. Zu guter letzt kollidiert dann im Rausschmeißer-Track The Dream ordentlich viel Rites of Spring- und Dag Nasty-Energie mit etwas 90er Samiam, Leatherface sowie geringfügig jüngeren Noisepop-Acts á la Star Party, Times Beach, No Age, Male Bonding oder Joanna Gruesome.
Eine recht unverhoffte neue EP der famosen Red Dons, deren Mastermind Daniel Husayn in den letzten Jahren mehr mit dem Mastering toller Musik als mit dem Spielen und Aufnehmen solcher beschäftigt war. Hier sind also die ersten neuen Songs seit gut sechs Jahren von der Band, die ursprünglich mal in Portland ihren Anfang genommen hat. Es ist unter'm Strich wohl ihr ruhigstes, melancholischstes Material und das Ergebnis funktioniert absolut hervorragend, dank des unfehlbar exzellenten Songwritings, einer felsenfesten Darbietung und diesem gewissen Feingefühl für Harmonien, wie es wenig anderen Bands zu eigen ist.
Dieses Ding hab ich vergangenen Winter total übersehen, daher freue ich mich, dass mir das US-Label Xtro den Krempel dieser Band aus Haarlem, Niederlande jetzt ein zweites mal unterbreitet. Ich mach es kurz: Das ist eine kurze und schmerzlose Spaßkanone aus dumm schepperndem oldschool Garage Punk, der vor allem an eine Reihe weiterer europäischer Acts erinnert wie etwa Dadar, Shitty Life, Mitraille, Moron's Morons und Itches.
Eine unglaublich ansprechende Debüt-LP hat da eine Band aus Los Angeles erschaffen. Schlaue und filigrane Konstruktionen aus dunklem, Song-orientiertem Post Punk mit psychedelischen Untertönen, gleichzeitig absolut zeitlos, aber auch so vieles reflektierend was mich und dieses Blog im vergangen Jahrzehnt und davor bewegt hat. Wire so um ca. Chairs Missing herum und die 60er Pink Floyd-ismen von Paint Thinner oder The Blinds drängen sich als Vergleiche auf in epischen Stücken wie Blooding, Slang Word und dem Titelsong Magnetic Point. Apathy hingegen hat anfangs mehr etwas von Membranes, Swell Maps, frühen Mekons, '80er The Fall and Desperate Bicycles. Jubile vereint seltsamerweise die Vibes dreier Bollwerke aus Atlanta: Nag, Predator und Wymyns Prysyn. Und ich kann hier gar nicht aufhören mit dem Namedropping hochkarätiger Bands, so viel mehr gutes Zeug kommt mir in den Sinn wie etwa Marbled Eye, Waste Man, Public Eye, Institute, Rank/Xerox, Public Interest, Negative Gears, VR Sex, B Boys, Creative Adult, Pyrex… hochverdichteter Scheiß ist das!