Drei Hardcore-Veröffentlichungen fielen diese Woche besonders positiv auf, die alle irgendwie ihr ganz eigenes Süppchen kochen. Noch am konventionellsten, relativ gesehen, ist da die EP von People's Temple auf dem New Yorker Label RoachLeg Records, welche uns eine ausgesprochen melodienreiche Variation von 80er Hardcore beschert und öfter mal klingt wie eine Verquickung der Circle Jerks mit Naked Raygun in der frühen bis mittleren Phase plus vereinzelte Ausbrüche von Hüsker Dü-Melodien. In der aktuellen Landschaft könnte man z.B. auch Fried E/m als groben Vergleich heranziehen. Das Tape von Hickey auf Archfiend Records verpasst dann jüngeren Strängen der gepflegten Garage-, Synth- und Eggpunk-Verschrobenheit eine gute Ladung Hardcore-Energie, wobei sie öfter auch mal an alte Haudegen wie Flipper, Broken Talent, Spike in Vain erinnern… mit dieser EP könnte durchaus die Eggcore-Ära beginnen. Die Hood Rats aus Montreal operieren auf einem ähnlichen Gebiet, einem im Garage Punk verwurzelten Lo-Fi Sound, den sie mit reichlich Eggpunk-mäßigen Schrägheiten anreichern sowie mit einer ungekämmten KBD-Energie und Songs, die hartnäckig im Gehörgang kleben bleiben.
Auf ihrem zweiten Langspieler hisst die Band aus Melbourne erneut eine Flagge für den oldschooligen Garage Punk der stark Radio Birdman-inspirierten Machart, gewinnt dem eigenen Klangspektrum aber auch ein paar neue Facetten ab. In Blood Rushes zum Beispiel, kommt ein starker Power Pop-Vibe zur Geltung der mich vor allem an frühe Scientists denken lässt. Oder auch in Trick of the Light, worin ein Hauch von Wipers in ihrer Mittachtziger-Phase in den Strophen auf New Christs-mäßiges Riffing im Chorus trifft.
Mehr geiler Scheiß via Painters Tapes von einer Band aus Detroit, die hier mit einem ausgeprägten Proto-Grunge-Vibe aufwartet, welcher unter anderem bei frühen Mudhoney, U-Men, Feedtime, X (den Australiern) oder 80er Scientists nicht fehl am Platz wirken würde. Außerdem hat's ein paar Spuren von amerikanischen Proto-Noise Rock / Hardcore-Acts á la Flipper, Broken Talent und nicht zuletzt auch von aktuelleren Bands grob im Orbit etwa von Vexx und TVO.
Die Band aus Bristol hat sich etwa ein Jahr Zeit gelassen für die neueste in einer Serie von bislang ausnahmslos spektakulär zu nennenden (digitalen) Singles. Ich freue mich verkünden zu dürfen, dass es auch über diese zwei Songs nichts wirklich neues zu erzählen gibt - die sind einfach zwei weitere makellose Meisterstücke der melodischen Post Punk und Power Pop mit klaren Echos von Buzzcocks, Television Personalities, Mekons, Desperate Bicycles und noch vielen weiteren Artefakten aus der überwiegend britischen DIY Punk-Vergangenheit.
Eine neue Mini-LP der Post Punk-Naturgewalt Nag aus Atlanta - inzwischen weiß man ja ziemlich gut was einen erwartet und das geht auch voll okay, denn immer noch gibt es nicht viele andere Bands wie sie. Auch wenn die rohen Zutaten ihres Sounds so alt sind wie das Genre selbst, hat ihre Vision davon doch eine ganz eingenständige Qualität - in manchen Aspekten so minimalistisch wie man gerade noch ungestraft mit davon kommt und dann doch sehr kunstvoll und durchdacht an anderen Stellen wo es am meisten drauf ankommt, dazu noch ein gelegentlicher Hauch von Psychedelia und alles vorangetrieben mit unnachgiebig räudiger Wucht.
Ich hab diese Perle von einem Typen oder einer Band aus South Carolina zum Anfang des Jahres total übersehen, daher bin ich ganz glücklich, dass mir das griechische Label Body Blows das Zeug jetzt noch mal in die Fresse drückt. Versteckt zwischen einem Chaos aus Instrumentals und Interludes lässt sich darin nämlich auch noch ein exzellentes Album zusammenfinden, das sich freimütig durch die frühe Punk- und Garage-Geschichte plündert und dabei unter anderem dabei einen ganz schicken Dead Boys-Vibe entwickelt.
Ein super-effektiver kleiner Stapel straighter Punk-Smasher von einer Band aus Perth - simpel auf den ersten Blick, aber immer sorgfältig konstruiert für den maximalen Einschlag. Plausible Vergleiche könnte man etwa ziehen zu Bands wie Xetas, Cool Jerks, Flowers of Evil oder Dead Years. Oder von viel früher mag man da auch Momente von Naked Raygun, Laughing Hyenas, Hot Snakes, Man Sized Action und ähnlichem Krempel aufblitzen sehen.
Der zweite Langspieler der Franzosen Bart And The Brats ist ein volles Fass der supergradlinigen und simplen Garage Punk-Ekstase, versetzt mit etwas '77er Sprengstoff und gefährlichem Ohrwurmpotenzial. Da gibt's nichts allzu schlaues oder originelles an ihrer Musik, stattdessen aber eine mitreißend primitive Energie irgendwo zwischen Buck Biloxi and the Fucks, The Spits, The Uglies und Sick Thoughts.
Das Debüt-Tape eines Duos aus Perth bestehend aus Typen die man ansonsten von Ghoulies und Aborted Tortoise kennt… klar tritt das Arsch! Ein LoFi-mäßiger DIY Garage Punk-Vibe trifft auf etwas melodische '77er Simplizität, lässt sich dabei aber auch ab und an mal ins kontemporäre Post Punk- und Eierkopf-Gewässer treiben. Raus ist das Zeug auf Goodbye Boozy und Under The Gun Records, würde aber auch wie Arsch auf Eimer ins Warttman-Gehege reinpassen, daher ist es vermutlich auch kein Zufall, dass hier eine sonst als Kopf von Tee Vee Repairman und Satanic Togas bekannte Inventarnummer etwas kreativen Input beigesteuert hat.
Eine primitive Attacke aus Hardcore-injiziertem Garage Punk ohne überflüssigen Bullshit von einer Band, die für die Veröffentlichung auf Total Punk Records geradezu vorherbestimmt erscheint, so wie die hier ausschließlich die rohesten, chaotischsten Tendenzen von Bands wie Crisis Man, Liquid Assets, Launcher, Mystic Inane, Fried Egg heraufbeschwören… und vielleicht einen Hauch von The Mentally Ill obendrein?