Das ist ja mal ein brillianter Scheiß, auf den ich so nicht vorbereitet war. Entspricht mal sowas von gar nicht dem Zeitgeist und hat klar seinen ganz eigenen Willen. Jau, das Zeug fühlt sich irgendwie alt an. Ich bin auch irgendwie alt, deshalb mag ich das. Man stelle sich vor, Saccharine Trust, Minutemen, Swell Maps und The Pop Group träfen sich für ein okkultes Ritual, um einen vergessenen Acid Rock-Dämon aus den 60ern zu beschwören, das Resultat einer unheiligen Vermählung von Psych- und Math-Rock. Klar steckt dessen Nase ein paar Millimeter weit im eigenen Arschloch, aber das gehört ja auch zum guten Ton in diesen Genres. Vermutlich habt ihr an diesem Punkt schon entschieden, ob ihr den Krempel liebt oder hasst. Ich persönlich finde das, was die Gruppe aus Philadelphia hier halluziniert ausgesprochen knorke! Das gehört einfach… legalisiert, sowas!
Was auch immer sich über diese Band aus Cincinnati, Ohio herausfinden lässt bleibt in einen dichten Nebel der Ungewissheit verhüllt und die etwas stereotypische Verliererband-Pseudobiographie auf der Bandcamp-Seite stärkt jetzt auch nicht gerade das Vertrauen in dessen Wahrheitsgehalt. Da sind also vermutlich Leute von Bands wie The Serfs, The Drin, Crime of Passing und Motorbike involviert und zumindest einige der Songs lassen sich ins Jahr 2019 zurückverfolgen, als sie erstmals auf der Pedestrian Sentiments EP erschienen sind. Darüber hinaus weiß ich aber nicht, inwiefern man den Details glauben schenken soll. Eins ist allerdings sicher: Die Musik tritt durchweg Arsch und bringt zumindest in gewisser Weise die Ästhetik, wechselhaften Produktionswerte und stilistische Breite der goldenen Guided By Voices-Ära in Erinnerung. Davon ab, oszilliert das Zeig so zwischen schrammeligem Power Pop im Geiste etwa von Bad Wettin' Bad Boys oder Bad Sports in Songs wie Coward Of The State, Wannabe (A Star) und Silver Queen; erdig-psychedelischem Garage Rock (Didn't Win The Lottery, Obnoxious And A Neu) sowie ein paar catchy melodischen Garage Punk-Smashern á la Booji Boys, Tyvek and Parquet Courts. It's Been A Bad Week ähnelt der Garage-getränkten Noise-Ästhetik von A Place To Bury Strangers, Peyton's Kids hat so einen gewissen Woolen Men-Vibe und mehr als nur einmal fühle ich mich auch an den folkigen Post Punk von Chronophage erinnert.
Soll der Titel eine 13th Floor Elevators-Referenz darstellen? Wenn ja, dann liegt das zumindest nicht komplett fern (aber auch jede Menge Kinks steckt da drin, würde ich sagen), denn näher ist das eklektizistische Projekt von Jake Robertson (Ausmuteants, Smarts, Drug Sweat, etc…) dem klassischen 60er Garage Rock noch nie gekomen als auf dieser LP - eine Angelegenheit, die sich in den Händen weniger fähiger Musiker ausgesprochen häufig als eine Rezeptur für reine Langeweile herausstellt aber… verdammt, dieser Typ weiß einfach wie man einen hartnäckigen Ohrwurm konstruiert und präsentiert. Ebenfalls dabei ist dann noch tonnenweise altertümlicher Power Pop von der traurigsten Art und das Ergebnis wird sicher etwas schwerverdaulich sein für einige Fans, macht aber durchaus Sinn für jene, die mit der vollen Breite vergangener Alien Nosejob-Releases vertraut sind, hatte der gute Mann doch schon mit ähnlichen Sounds hantiert auf Alben wie Various Fads and Technological Achievements (2018) und Suddenly Everything Is Twice As Loud (2020), wenngleich er sich noch nie zuvor derart kompromisslos und kopfüber in eine alles Licht verschluckende Wolke aus tiefer Melancholie gestürzt hat.
Zeitloser und minimalistisch-hypnotischer Psychedelic-Krenpel in einer besonders sturen und repetitiven Machart von dem Franzosen Remy Pablo der, wenn ich das richtig sehe, auch in so Bands wie The Anomalys und Weird Omen seine Finger drin hat. Man kann klare Echos der alten Schule von Bands wie MX-80, Chrome, frühen Telescopes and Metal Urbain erkennen, aber gleichermaßen auch von jüngeren Vertretern á la Peace de Résistance, A Place To Bury Strangers, Jean Mignon and Writhing Squares.
Garage Punk trifft auf Math Rock trifft auf Psychedelia trifft auf Postcore auf diesem atemlosen neuen Tape einer Band aus Minneapolis. Über dessen Laufzeit kann man sich unter anderem an so unterschiedliche Bands wie Reality Group, Uranium Club, Yammerer, Big Bopper, Patti, Ex-Cult, Rolex, Shark Toys oder Sauna Youth erinnert fühlen und sogar einen unterschwelligen 90er Dischord Vibe á la Jawbox, Faraquet und Medications bilde ich mir da ein wahrzunehmen.
Ich muss schon sagen, nach einem vielversprechenden aber noch etwas halbgaren, inkonsistenten ersten Tape vor zwei Jahren, dass mich der hypnotische Sog des zweiten Albums dieser Band aus Oakland (?) spontan mal ziemlich wegbläst - einer Band, die zu ihrer Besetzung Mitglieder von einer ganzen Reihe einschlägiger Hausnummern zählt. The World, Andy Human and the Reptoids, Rays und Violent Change sind davon wohl die vertrautesten Referenzen für aufmerksame Beobachter des 12XU-relevanten Orbits, aber auch nur die Spitze des Eisbergs hier. Von allen genannten Bands kann man hier etwas drin wiederfinden, aber noch viel mehr erinnert mich das Zeug an australische Bands wie UV Race und Wireheads, ergänzt um etwas britische Psychedelia (Vital Idles fallen mir dazu als moderner Vergleich ein), sogar eine Spur von Wire und Pink Floyd der Syd Barrett-Ära etwa in Let The Light In. Genau so gut mag aber auch britische DIY-Kultur der '70er und frühen '80er á la Membranes, Swell Maps, Mekons oder Desperate Bicycles als starke Inspiration gedient haben.
Brillianter neuer Scheiß von Leuten, die unter anderem auch schon bei Melbourne's berüchtigt rohen Postpunkern Sewers und der geringfügig zugänglicheren Indie Rock/Post Punk-Combo Love Of Diagrams mitgespielt haben. Was die uns hier vorsetzen, ist erneut mal wieder relativ weit draußen - ein stark Folk-lastiges Gemisch in welchem der in Americana getränkte Punk von, sagen wir mal, Angst mit ein bisschen 80er Scientists zusammenstößt sowie einem Hauch britischer Psychedelia und auch reichlich vom frühen Paisley Underground-Geschrammel. Eine tiefe Melancholie, die mich hin und wieder an die Indie-/Noise Rocker Kitchens Floor aus Brisbane erinnert, bricht sich Bahn in nichts desto Trotz saumäßig catchy Melodien, verpackt in einer seltsam vernebelten Klangästhetik. In anderen Momenten kommt mir der melodische Post Punk von The Estranged in den Sinn oder der relaxte Power Pop von frühen White Fence, The Cairo Gang. Als weitere halbwegs plausible Referenzen bieten sich außerdem noch Bands wie Damak, Chronophage, Dead Finks, Refedex und The Molds an.
Mehr abgefuckter Scheiß, gleichermaßen pervers und liebenswert, von diesem Garage Dungeon Blues Duo aus Karlsruhe, das bisher schon ein paar Dellen hinterlassen hat mit einer Reihe von EPs, auf denen sie die allgemeine Kerkerästhetik mit einem deutlichen Acid Rock-Einschlag ansteuern. Ein bisschen als träfen oldschool Oh Sees Garagenjams mit der besonderen Verderbtheit früher Strange Attractor zu einem letztendlich doch ganz eigenen surrealen Fiebertraum zusammen.
Ein ganzer Arsch voller digitaler Singles in den letzten Wochen ließ ja schon den Verdacht aufkommen, dass eine neue LP der Band aus London, Ontario, Kanada ins Haus steht. Und tatsächlich, es gibt jetzt ist das Ding in seinem vollen Glanz zu bestaunen. Das transportiert erstklassigen Nachschub von ihrem unverwechselbaren, immer etwas verschrobenen bis wunderlichen Mix aus Garage-, Post- und Synth Punk mit Zusätzen von Space- und Psychedelic Rock. Klar kann man das auch zu so Bands wie etwa Pow! oder späten Useless Eaters vergleichen und nicht zuletzt der kürzlich veröffentlichten Kollaboration namens Telegenic Pleasure, wo teilweise die gleichen Leute am Werk sind. Inzwischen sind wir aber so weit, dass solche Vergleiche nicht mehr nötig sein sollten - Mononegatives haben sich schon längst ihre eigene kleine Nische von höchstem Wiedererkennungswert ausgehoben.
Was für ein krankes Punkrock-Austauschprogramm muss denn da am Start sein, damit ein Album gleichzeitig in London, Ontario und auch in London, England aufgenommen wird? Die Band, die so ein Wunder bewerkstelligt hat jedenfalls Connections zu Gaggers und Miscalculations aus dem einen und zu Isolation Party und Mononegatives aus dem anderen London. Die letztgenannte Band ist hier aber der offensichtlichste Vergleich, denn auch auf dieser Platte regiert klar diese ureigene Machart des abgespaceten Synth- und Garage Punk, mit weiteren Geschmackszutaten etwa der Marke Pow!, Useless Eaters, Freak Genes, Isotope Soap, Mind Spiders, Powerplant und Digital Leather. Verdammt geiler Scheiß, anders ausgedrückt.