Ein ganzer Arsch voller digitaler Singles in den letzten Wochen ließ ja schon den Verdacht aufkommen, dass eine neue LP der Band aus London, Ontario, Kanada ins Haus steht. Und tatsächlich, es gibt jetzt ist das Ding in seinem vollen Glanz zu bestaunen. Das transportiert erstklassigen Nachschub von ihrem unverwechselbaren, immer etwas verschrobenen bis wunderlichen Mix aus Garage-, Post- und Synth Punk mit Zusätzen von Space- und Psychedelic Rock. Klar kann man das auch zu so Bands wie etwa Pow! oder späten Useless Eaters vergleichen und nicht zuletzt der kürzlich veröffentlichten Kollaboration namens Telegenic Pleasure, wo teilweise die gleichen Leute am Werk sind. Inzwischen sind wir aber so weit, dass solche Vergleiche nicht mehr nötig sein sollten - Mononegatives haben sich schon längst ihre eigene kleine Nische von höchstem Wiedererkennungswert ausgehoben.
Was für ein krankes Punkrock-Austauschprogramm muss denn da am Start sein, damit ein Album gleichzeitig in London, Ontario und auch in London, England aufgenommen wird? Die Band, die so ein Wunder bewerkstelligt hat jedenfalls Connections zu Gaggers und Miscalculations aus dem einen und zu Isolation Party und Mononegatives aus dem anderen London. Die letztgenannte Band ist hier aber der offensichtlichste Vergleich, denn auch auf dieser Platte regiert klar diese ureigene Machart des abgespaceten Synth- und Garage Punk, mit weiteren Geschmackszutaten etwa der Marke Pow!, Useless Eaters, Freak Genes, Isotope Soap, Mind Spiders, Powerplant und Digital Leather. Verdammt geiler Scheiß, anders ausgedrückt.
Ganz schön wahnwitziger Move, Material das locker für so vier bis sechs LPs reichen würde, als ein einziges Album auf Bandcamp zu verklappen. Hier in der 12XU Schaltzentrale schätzen wir solchen Irrsin, geht also mal sowas von OK. Die Band aus dem australischen Küstenkaff Moffat Beach - ein gutes Stück nördlich von Brisbane - hat hiermit redlich den Titel "Die Guided by Voices des Space Egg Punk" verdient. Genauso unwarscheinlich wirkt dann, dass das überwiegend ziemlich geiler Scheiß ist, wenn sich auch mit etwas herunterstutzen aus dem wüsten zwei-Stunden-Brocken sicher ein noch stärkeres 80-Minuten Album herausgeschält hätte. Eine Mischung mit hohem Eierfaktor ist das, irgendwo zwischen Psychedelic-/Space Rock, Post- und Garage Punk, die man in den energischeren Tracks abwechselnd mit so Bands wie Mononegatives, Neo Neos, Liquids, The Gobs, Set-Top Box, Print Head oder Useless Eaters vergleichen mag, aber auch mit so Zeug wie Die TV, Cool Sorcery, Snooper in den relaxten bis getragenen Momenten, ab und an vielleicht auch mal einer extra LoFi-mäßigen Version der Woolen Men!
Class aus Tucson, Arizona liefern hier ihr bislang stärkstes Material auf dem scheinbar unfehlbaren Label Feel It Records ab. Die Herkunft lässt natürlich sofort an The Resonars denken und in der Tat war deren Mastermind Matt Rendon auch hier an der Produktion beteiligt und weitere Parallelen gibt es dem Sound der Band zu attestieren in Form einer leicht British Invasion-inspirierten Machart des gemäßigt psychedelischen Garage Rock, Jangle- und Power Pop. Class verpassen dem ganzen jedoch einen deutlich direkteren Garage Punk-Sound, wobei der Vibe des Songs Burning Cash auch auf der letzten Strange Attractor LP nicht aus dem Rahmen gefallen wäre.
Mehr psychedelisches Garage Punk-Chaos von den Kellerkindern aus Karlsruhe. Diesmal hat das eine weniger LoFi-mäßige aber dennoch angemessen kräftige Klangästhetik verpasst bekommen und wiederholt mag man sich an Bands wie Strange Attractor, Salamirecorder oder vor allem diverse Inkarnationen der Oh Sees erinnert fühlen. My Spell klingt fast so als träfen die letztgenannten auf die No Wave-infizierten Drones der Noiserocker Spray Paint.
Ein neues Dungeon Punk-Artefakt aus Karlsruhe! Anders als die meisten Bands des jungen Mikro-Genres nähern sich Thee Khai Aehm ihrer Sache weniger mit oldschool Metal-Versatzstücken, dafür umso mehr mit einem starken Psych-/Acid Rock-Vibe, ein bisschen wie ein Extrakt aus Oh Sees, Strange Attractor… und Salamirecorder vielleicht auch? Ziemlich verspielt ist das, immer ordentlich schräg, manchmal episch, präsentiert in einer moderig anmutenden Produktionsästhetik, die bestimmt schon sehr lange kein Sonnenlicht mehr gesehen hat.
Die 2017er Debüt-EP dieser Band aus Melbourne hat sich in meine Synapsen eingebrannt als eines der beeindruckendsten Artefakte aus den Garage-/Post-/Art Punk-Sphären ihrer Zeit. Schlappe fünf Jahre später gibt es jetzt einen Nachfolger zu begutachten und es findet sich darauf erwartungsgemäß ein etwas geordneteres Klangbild, aber immer noch voller Ambition und Überraschungen. Wie gehabt scheint das reichlich Inspiration von Wire's Chairs Missing und Pink Floyd der frühen Syd Barret-Ära zu schöpfen, verlagert diesmal aber das Gewicht deutlich in Richtung Post Punk, was manchmal auch etwas von einer nerdigeren Variante der B-Boys oder Gotobeds hat. Elswhere, der geradlinigste und einladendste Moment der EP, ist hingegen eine melodisch lärmende oldschool Indierock-Hymne wie sie einem heute viel zu selten begegnet.
Irgendwie hab ich dieses bezaubernde Album aus eigenwilligem Post Punk übersehen als es zum ersten mal als Tape auf Future Shock erschienen ist und ich gehöre geteert und gefedert dafür. Nu ja, hier kommt meine zweite Chance, denn das Ding ist jetzt nochmal auf Drunken Sailor Records auf zwölf Zoll breitem PVC erschienen. The Drin sind ein Soloprojekt von Dylan McCartney, der vielleicht schon aus so Bands wie Vacation, The Serfs, Crime Of Passing, The Switzerlands und noch ein paar anderen geläufig ist. Die Platte beginnt mit einem etwas Joy Division-mäßigen Beat, der unvermittelt in Drones getränkt wird, denen so ein bisschen was von Suicide-meets-Chrome innewohnt. Als nächstes dann eine Nummer, die klingt als hätten frühe Ride eine Dub-Erleuchtung bekommen und nachfolgend scheint das Zeug hier durch zufällige Iterationen des frühen britischen DIY Post Punk zu kreisen - mehr als einmal fühle ich mich an Bands wie The Membranes, Desperate Bicycles und Swell Maps erinnert. An jüngeren Acts könnte man in den Dub-lastigen Momenten Exek als Vergleich bemühen und an anderen Stellen die Neo Kraut- und Space Rock-Ausflüge von Moon Duo. Eine einzige Schönheit, das alles.
Eine wundersame kleine EP voll mit entrücktem Garage-/Power-/Fuzz Pop hat da ein Duo aus Philadelphia aus dem Hut gezaubert. Das fängt etwa so an als träfe das scharfe Pop-Gespür der Booji Boys oder Daughter Bat & The Lip Stings auf den smarten rhythmischen Post Punk der Lithics. Daraufhin grooven sich die nachfolgenden drei Songs dann auf einen etwas entspannteren krautig-psychedelischen Vibe ein wie man ihn unter anderem in den Lo-Fi Popwelten von Bands wie Germ House, Far Corners, Violent Change, Honey Radar oder gar den frühen Woolen Men vermuten würde. Durchweg exzellenter Scheiß, das.
Die letztjährige Health EP war schon echter Qualitätsscheiß, aber der jetzt erschienene Nachfolger ist dann mal so irsinnig ansprechend, da war ich echt nicht drauf vorbereitet… Das Trio kommt aus Nashville und ich hab mal den konkreten Verdacht, dass Connor und Sean die gleichen Typen sind, die euch ansonsten sicherlich als das Duo Skull Cult bekannt sind. Keine Ahnung wer Cam ist. Oh, und dann ist da noch das kleine Detail namens Erik Nervous, der hier mischend und masternd seine patentierten Bierflecken hinterlassen hat auf dieser Kassette, deren Sound so gleichwertig eklektisch wie catchy daherkommt. Verhallter Garage Surf Twang? Abgespacte Psychedelic Freakouts? Wire und Mission Of Burma trippen auf Benzos? Alles am Start hier! Und anmutig über all dem schwebt das perfekte 70er-Powerpop-meets-80er-Hair-Metal-Meisterwerk Be With You - ein berauschend süßer K.O.-Hieb mit plüschig weichem Aufprall.