Es gibt mal wieder neues von Mike Blaha zu vermelden, den man vielleicht besser von den Garagenpunks The Blind Shake aus Minneapolis kennt, wo er zusammen mit seinem Bruder Jim für Gitarre und Gesang verantwortlich zeichnet; letzterer fiel and dieser Stelle ebenfalls schon mit seinem Soloprojekt Jim And The French Vanilla sehr positiv auf. Auf seiner neuesten Solo-EP macht der gute Mann mal wieder alles richtig. Die A-Seite trifft sofort ins Schwarze mit zwei straighten Rockern im unverwechselbaren Stil seiner Hauptband, die B-Seite entzückt dann mit einer ebenso ausgezeichneten Midtempo Powerpop-Nummer.
Hui, das aktuelle Kurzspieltape von Nick Normal aus Portland kann richtig was. Die dreieinhalb Songs darauf wechseln sich im Handumdrehen zwischen Garage Punk, Powerpop mit 77er Feel und stark New-Wavigem Postpunk ab, regelmäßig fühle ich mich dabei an Andy Human and the Reptoids erinnert.
Sind jetzt tatsächlich schon zwei Jahre vergangen seit der letzten Veröffentlichung der Powerpopper aus Portland? Das ist ungewöhnlich lange für die sonst so produktive Songschleuder. Überhaupt wundert es mich, dass Woolen Men nach über acht Jahren immer noch kaum wahrgenommen werden. Denn kaum eine andere Band hat in der Zeit einen so konstant guten Output fabriziert und dabei eine so unverwechselbare eigene Identität entwickelt, mit ihrem in bester DIY-Manier schnell und dreckig aufgenommenen Sound aus Powerpop und Garage Rock, der gleichermaßen von Guided by Voices in ihrer goldenen Ära wie auch vom Protopunk der Modern Lovers beeinflusst scheint. Neues Material soll schon unterwegs sein, in der Zwischenzeit kann man sich an ihrer bereits zweiten Compilation erfreuen. Die enthält Songs, die ursprünglich auf diversen Tapes und EPs erschienen sind; der überwiegende Teil davon ist schon länger nicht mehr zu bekommen.
Die vergangenen Veröffentlichungen des Garagepop-Duos aus Portland sind mir entweder entgangen oder konnten mich nicht so recht begeistern. Eins von beiden. Mein Gedächtnis lässt mich da im Stich. Der aktuelle Siebenzöller der Band ist jedenfalls raus auf Dirtnap Records. Das Label steht normal für Qualität und auch hier wird man keineswegs enttäuscht. Zwei mal ausgezeichneter Powerpop, den man aufgrund seines hohen Zuckergehaltes besser in kleinen Dosen genießt.
Und gleich noch mal ausgezeichneter Power Pop, diesmal aus dem guten Hause des seit jeher absolut geschmackssicheren Mannheimer Labels Erste Theke Tonträger, das den ersten Langspieler der New Yorker Band hierzulande unter die Leute bringt (am anderen Ende der Welt zeichnet sich Don Giovanni verantwortlich).
Um vorweg mal den Elefanten im Zimmer beim Namen zu nennen: Das klingt ziemlich nach Sheer Mag. Wenn auch nach einer etwas garagenlastigeren Variante davon. Sogar die Vocals von Daniel Regelski weisen starke Ähnlichkeiten zur Sheer Mag-Vokalistin Tina Halladay auf. Das ist aber auch alles kein Problem. Es ist ja nicht gerade so, dass die Welt jetzt von Hard- und Southern Rock-beeinflussten Punkbands überwschwemmt wird. Und aufgrund des durchweg starken Songmaterials vermag die Platte auch problemlos auf eigenen Füßen zu stehen.
In einer überwiegend von musikalischer Stagnation und Retrowellen geprägten Zeit begrüße ich doch jede unerwartete Erweiterung des Punk-Vokabulars. Vielleicht kommen in naher Zukunft ja ein paar gelangweilte Kids mit einer ganz anderen, neuen Form von angepisstem Lärm daher, über den wir alte Leute dann die Nase rümpfen können. Bislang lässt die Revolution jedoch auf sich warten und für den Moment empfinde ich auch die Erschließung einer bislang als vollkommen Punk-inkompatibel angesehenen Vergangenheit als eine willkommene Bereicherung.
Eine wunderbare Debüt-7" hat die Band aus San Francisco da rausgehauen. Darauf gibt's schrammelig-relaxten Indierock, Power- und Jangle Pop zu hören, den man so trittsicher und formvollendet selten auf einer Debütveröffentlichung vorfindet. Irgendwo zwischen Buffalo Tom, Teenage Fanclub und späteren Dinosaur Jr. kann man das verorten, ab und an gesellt sich gar ein subtiler Soft Boys- oder Television-Vibe dazu.
Melancholisch-melodischer Punkrock mit Garagenvibe auf dem Debüt einer Band aus Ottawa, bestehend aus Mitgliedern von Feral Trash, Crusades und Steve Adamyk Band (the man himself!). Nach letzterer klingt die Platte dann auch etwas, außerdem auch sehr an Marked Men/Radioactivity, Red Dons und an alte Klassiker á la Undertones und Buzzcocks. Garantiert nichts neues unter des Sonne, aber die Songs überzeugen und das alte Arschloch Punk kann durchaus noch eine Platte davon verkraften.
Das neue Lost Balloons Album ist noch kaum verarbeitet, da gibt es auch schon wieder neues Material von Jeff Burke mit seinem derzeitigen Hauptprojekt Radioactivity zu zu vermelden. "Neu" ist dabei aber relativ zu verstehen, denn die zwei Songs der 7" hat Burke bereits im Jahr 2011 geschrieben, als er gerade in Japan wohnte und unter dem unmittelbaren Eindruck des Tōhoku-Erdbebens stand. (Die Zeit in Japan hat er übrigens auch nicht tatenlos verbracht…) Beide Songs gehören mühelos zum stärksten Material im eh schon grandiosen Katalog dieser Band.
Via Dirtnap Records erschien jetzt das zweite Album der Kollaboration von Jeff Burke, Frontmann von Radioactivity und Marked Men; und Yusuke Okada, bekannt aus der Japanischen Psych-/Powerpop Band Suspicious Beasts. Die neue Platte ist noch mal eine ganze Nummer runder geworden als das schon ausgezeichnete Debüt auf Alien Snatch Records. Wie gehabt werden auch hier einige Leute enttäuscht sein, die einen Neuaufguss des melodischen Garagepunks von Radioactivity erwarten. Hier üben sich Burke und Okada überwiegend in verträumtem Powerpop und treffen dabei fast immer ins Schwarze. Wie zu erwarten hört man in den Songs aus Burkes Feder dennoch sein perfektes Gespür für klassische, wohltemperierte Powerpop-Melodien heraus, die auch in seinen lauteren Bands das musikalische Fundament bilden. Okadas Songs hingegen wirken etwas nebulöser, lassen sich mehr Zeit zur Entfaltung ihres Potenzials und sind generell etwas höher auf der Verträumtheits-Skala angesiedelt. Ein ganzes Album von letzterem wäre mir zu viel, aber zusammen auf dieser Platte ergänzen sich beide Tendenzen ganz ausgezeichnet.
Crayola Summer ist der Name eines kürzlich reaktivierten Musikprojekts des Londoners Simon Williams, welches in der einen oder anderen Form schon seit ca. 1990 existiert hat und in den Neunzigern 'ne Handvoll Tapes und EPs veröffentlicht hat. Davor hatte der Typ mal eine Band namens The Colgates und in der jüngeren Vergangenheit hat er bei Sarandon mitgemischt, deren letzte zwei Alben auf Slumberland sich im Nachhinein als ziemlich geiles Zeug herausstellen. Außerdem war er unter anderem noch in den für meinen Geschmack etwas weniger interessanten The Safe Distance beteiligt.
Jetzt kommt also die erste Crayola Summer Veröffentlichung seit anderthalb Jahrzehnten. Die neuen Songs gefallen ganz ausgezeichnet mit einer Mischung mit geringfügig noisigem Indierock/Powerpop, einer Vorratspackung Psychedelia und Flashbacks zur C86-Generation. Außerdem einem Hauch von Spacemen 3 und frühem Shoegaze, der hier stark auf die psychedelische Komponente herunterkondensiert wird. Letzteres kommt besonders auf den Songs der als Bonustracks enthaltenen Winter Addendum EP zur Geltung.