Die Londoner Band macht bereits seit ein paar Jahren von sich reden; mit ihrem neuen, zweiten Langspieler treffen sie aber zum ersten mal wirklich meinen Nerv. Zu hören gibt's schön abstrakten, schleppenden bis abgehackten Postpunk mit Ausläufern in Richtung Noise, No Wave, Industrial und Ambient. Das erinnert manchmal an das sperrige Frühwerk von Sonic Youth oder an eine Variante von Spray Paint, die mit vier platten Reifen im Schneckentempo über grobes Kopfsteinpflaster klappert.
Da isser. Der kleine Postpunk-Mikrohype für diesen Spätsommer. Was machen wir uns daraus? Ich konnte den Zirkus um die Platte von vornherein nicht so wirklich nachvollziehen. Schon der Vorgänger hat mich relativ kalt gelassen und die mit großem Erfolg in einschlägigen Blogs und Magazinen verbreitete Vorab-Single Twist In The Dark schneidet sich mit dem doch sehr dick aufgetragenen Gesang von Adam Curley für meinen Geschmack etwas viel vom Postpunk-Revival der 00er Jahre ab, dessen Bands einem bis heute in jeder Indiedisse entgenplärren. Member Interpol? Oh yes, i member! Der Rest des Albums schlägt überwiegend in die gleiche Kerbe.
Auf der anderen Seite muss ich der Platte aber eingestehen, dass sie mit einigen sehr runden, sorgfältig konstruierten Songs aufwarten kann. In den schwächeren Momenten klingt's dann mehr nach einem soliden aber recht uninspirierten Neuaufguss. Am besten kommt die Platte auch genau dann, wenn sie ein Stück weit aus den altbackenen Formeln ausbricht. Und das formvollendete, manchmal an die großartigen Protomartyr erinnernde Gitarrenspiel von Evan James Purdey ist das definierende Element, dass die Platte zusammenhält, gerade wenn das Songmaterial da nicht mithalten kann.
Wer weiß, hätten wir anno 2005 anstelle der grausigen Editors diese Platte bekommen, hätte ich die damalige Genre-Inkarnation vielleicht noch ein oder zwei Jahre länger verfolgt. Ich bleibe gespalten, was diese Band angeht. Aber sollte das jetzt eine neue Retrowelle bezüglich der alten Retrowelle auslösen, braucht ihr mit mir nicht mehr zu rechnen. Ich bin dann lieber ganz woanders, während Retro sich selbst bumst.
Simpeler, gradliniger aber durchaus effektiver Postpunk/Postcore von einer Band irgendwo aus Virginia. Das erinnert mich unter anderem ein wenig an Bad Breeding oder Nervosas.
Ausgezeichnetes Postpunk/Deathrock/Dark Punk-Gedöns auf dem zweiten Langspieler von Padkarosda aus Budapest. Das Genre wird hier sicher nicht neu erfunden, dafür punktet die Platte aber mit ihrer Kompromisslosigkeit und einem durchweg sehr stimmigen, tiefdunkelschwarzen Gesamtbild.
Ultrakaputtes Zeug aus Richmond, Virginia. Irgendwo im Spektrum von Post Punk, Noise und Garage zu verorten und mit einem gelegentlichen Hardcore-Nachbrenner ausgestattet, gehört das zum abgefucktesten Lärm, den besagte Genres derzeit zu bieten haben. Entsprechend weckt das Assoziationen zu den einigen der schäbigsten Bands unserer Zeit. Lumpy & The Dumpers, Soupcans und Strange Attractor wären da unter anderem zu nennen.
Das bereits vierte Album dieser Band aus Bloomington, Indiana überrascht mit einem ganz schön aus der Zeit gefallenen Sound, der seine Inspiration gleichermaßen aus dem Indierock der 90er und dem melodischen Post Punk-Revival der 00er Jahre zu ziehen scheint. Die Arrangements sind dabei auf ein absolutes Minimum heruntergekocht, die fragilen Songfragmente sind nicht mehr als ein abstraktes Grundgerüst. Als träfe der eingängige Indierock aktueller Bands á la Dead Soft oder Dancehall auf den introvertierten Minimalismus der Shy Boys oder die ökonomische Klangreduktion des letzten Teenanger Albums.
Plax kommen aus Austin, Texas und bestehen unter anderem aus Mitgliedern von OBN III's und Spray Paint. Besonders die Erwähnung letzterer Band lässt mich natürlich sofort aufhorchen, aber mit so einem verdammt perfekten, unbändigen Biest von einer Platte hatte ich dann doch nicht gerechnet. Das ist ein erstklassig Ärsche tretendes Gemisch aus Punk, Noise und Fuzz, das mal an den energischen Garage Punk von Ex Cult, Uranium Club oder frühen Tyvek erinnert, an den räudigen Postpunk von Institute oder den gnadenlosen Vorwärtsdrang der Hot Snakes. Die ganze Platte ist ein einziges Energiebündel.
Downtown Boys sind jetzt also auf einem ziemlich bekannten Label gelandet und haben eine selbstbewusste neue Platte am Start, die sich dafür nicht zu entschuldigen braucht. Passenderweise kanalisieren sie ihre Energie hier auch in einen etwas aufgeräumteren, dennoch schön druckvollen und vielschichtigen Sound. Anstatt des Garagen-Fundamentes des Debütalbums toben sich die neuen Songs auf einer bombenfesten Basis aus Postpunk und -core aus. Die produzierende Aufsicht von Guy Picciotto (Rites of Spring, Fugazi) hat sicher mit dazu beigetragen. Es mag reiner Zufall sein, aber hin und wieder fallen mir doch Stilelemente auf, die verdächtig nach Dischord in den 90ern riechen.
Nach einem äußerst appetitanregenden Demo im letztem Herbst legen Reality Group aus Winnipeg, Kanada jetzt eine neue EP nach, die locker das beachtliche Qualitätsniveau des Demos fortsetzt. Zu hören gibt's fünf weitere Garagepunk-Perlen mit Spuren von Postpunk und ein paar kleinen Überraschungen. Das macht auf den ersten Blick lediglich den Eindruck von solider Hausmannskost. Die Grundzutaten sind altbekannt. Hat man aber erst mal angebissen, entfaltet sich eine unerwartete Geschmacksexplosion.
Nicht nur haben die Punks aus Oakland eine neue 7" auf Total Punk raus. Auch ein weiterer Kurzspieler, der letztes Jahr auf Goodbye Boozy Records erschien, ist jetzt endlich via Bandcamp digital zu bekommen. Und zwar beide zu ziemlichen Schweinepreisen. Das muss so einfach mal gesagt werden. Nicht das erste mal in letzter Zeit. Wird das jetzt normal auf Bandcamp?
Naja, jedenfalls liefern sie hier die gewohnt hohe Qualität ab mit ihrem straighten Rock'n'Roll, der konstant auf der Schwelle zwischen Garage- und Postpunk balanciert und auch etwas 77er Spirit versprüht.