Selbst im Angesicht von so ziemlich allem was jenes lose Musiker-Kollektiv rund um das New Yorker Label Decoherence Records bislang so verbrochen hat, stachen Gay Cum Daddies immer noch deutlich heraus als besonders sprachlos machende Botschafter des Chaos und Unheils. In gewisser Art und Weise ist die neueste LP jetzt auch fast genau das, was man von dieser Band inzwischen erwarten kann, nämlich einen sperrigen Bastard des No Wave-verseuchten Lärms, der jedoch aller chaotischen Kakophonie zum Trotz keineswegs nach reinem Zufallsprinzip klingt. Nein, mehr als je zuvor erscheint mir die Band auf dieser Platte jederzeit hundertprozentig in Kontrolle ihrer unkonventionellen Klangkonstrukte und positiv nervtötenden Jams, die niemals auch nur den geringsten Zweifel daran aufkommen lassen, dass diese Typen einen Masterplan haben. Sicher, einen sehr seltsamen, verschlungenen und verschlüsselten Plan, aber nichtsdestotrotz einen Plan. Hat man sich erstmal daran gewöhnt, kommt es einem vor wie das unerhörteste, schockierendste Ding wenn in Ribboning Boulder Hands Over Data doch tatsächlich mal ein erkennbarer 4/4-Takt vorherrscht, für 30 Sekunden oder so…
Nachdem ihre durchaus schon starke Debüt-EP die Band aus Antwerpen noch stärker aus einem garagigen Winkel präsentierte, springt der Nachfolger kopfüber in eine Post Punk-Ästhetik, die sich klar einiges bei James Chance und dem funky Ende des alten No Wave-Spektrums abgeschnitten hat. Gleichermaßen lässt sich aber auch eine klare Verwandtschaft zur aktuellen Berliner Szene feststellen, insbesondere zu so Bands wie Pigeon und Liiek. Ich denke es ist dann auch überhaupt kein Zufall, dass der Krempel als 7" beim Berliner Spezialisten Mangel Records erschienen ist.
Die neue LP dieser New Yorker Band im Grunde zwar nur eine expandierte Version ihrer 2021er EP Triangulation by way of Strangulation, aber die vier hinzugefügten neuen Tracks heben das ganze auf ein höheres Level wenn ihr mich fragt und werfen eine dringend nötige Dosis Chaos in den Raum, ein willkommenes Gegengewicht zu den vergleichsweise rigiden, Richtung spät-'80er Noise Rock tendierenden Songs von besagter EP. Sehr offensichtlich bedient man sich hier stark an der lokalen No Wave-Historie - sowohl des unstrukturierten Lärms als auch den funky James Chance-ismen - sowie einem Strauß an weiteren Proto-Noise Rock-Acts der frühen 80er wie Flipper, Primitive Calculators und ganz besonders No Trend.
(…) so fokussiert wie schon lange nicht mehr (…) schrieb ich anlässlich ihres letzten Albums Smile Building's Exit. "Hold my beer…" sagt daraufhin die Band aus Tempe, Arizona und schüttelt eine weitere LP aus dem Ärmel, zur gleichen Zeit aufgenommen wie der Vorgänger und mit einem sogar nochmal etwas eingängigeren Gesamtvibe. Ihr patentierter Mix mit Elementen aus sowohl aktuellen wie auch altertümlichen Post Punk-Zaubertricks, oldschooligem Noise Rock und stark No Wave- und 80er The Fall-inspirierten Lärmexperimenten hat noch nie so hell gefunkelt, so catchy und rund geklungen wie auf dieser Platte.
Collate aus Portland waren niemals eine Band die ihrem Genre sonderlich viel neues abgewinnen kann, aber das soll keineswegs heißen, dass er nicht trotzdem ordentlich Spaß macht, ihr relativ simpler Mix irgendwo zwischen dem eher funky tanzbaren Ende der No Wave-Skala und Gang Of Four-mäßigen Dance-/Post Punk Grooves. Es ist außerdem eine Platte, die sich hinterlistig anschleicht bevor sie sich kräftig im Gehörgang verkantet, weil das stärkste Material unauffällig in der zweiten Hälfte untergebracht wurde.
Ein neuer Trading Wreckage Release - das verspricht immer willkommenen Nachschub an vage No Wave-inspirierten Unsäglichkeiten. Das hier ist aber noch mal ein ganz anderes Kaliber… In dieser aktuellen Inkarnation ist The Bozo Big Shit Garbage Band wohl eine reine Soloangelegenheit von Tony Shit aka Reese McLean und vermutlich noch ein Arsch voll anderer Pseudonyme, welcher auch integraler Bestandteil von Bands wie Gay Cum Daddies, Eat Avery's Bones, Bukkake Moms, Flesh Narc und noch einigen weiteren war oder ist. Ein Fundament aus No Wave-Experimenten ist auch hier noch durchaus greifbar, aber weniger menschliches Chaos bei den Recordings hat sich hier offensichtlich auch in einem entsprechend weniger wirren Klangbild niedergeschlagen. Das ist immer noch so kreativ und unvorhersehbar wie man es von bisherigen Veröffentlichungen des Typen gewohnt ist, wird dabei aber in so strukturierte, eingängige und kraftvoll vorangetriebene Bahnen geleitet wie man es bisher noch nicht von ihm gehört hat. Mal hat das etwas von Bands an der Schnitstelle von Garage-, Post- und Art Punk wie etwa The UV Race, Soft Shoulder, Shark Toys oder Parquet Courts, in anderen Augenblicken klingt das als kollidierte der 90er Noise rock aus der AmRep- oder Touch&Go-Ecke auf Mittachtziger The Fall.
Exzellenter Scheiß, das live aufgenommene Debütalbum dieser Band aus Metz, Frankreich. Grob lässt sich das Zeug als (Neo-)No Wave Funk klassifizieren, hat aber auch manchmal einen leichten Eggpunk-Touch und vereinzelt blitzt auch mal das '90er Dischord-Universum auf. Ansonsten hat das etwas von einer extra energischen, direkten, tanzbaren und minimalistischen Variante von so Bands wie D.U.D.S., Pill oder N0V3L.
Verspult, chaotisch und hyperaktiv aber gleichzeitig auch durachaus schlau und durchdacht, der leicht No Wave-ig angehauchte Post Punk dieser Band aus Bandung, Indonesien! Essenzielles neues Futter unter anderem für Fans von, sagen wir mal… Patti, Reality Group, Big Bopper und Exit Group.
Soft Shoulder aus Tempe, Arizona sind jetzt schon über ein Jahrzehnt mit ihrer Sache zugange und scheinen gerade eine äußerst produktive Phase zu durchlaufen, nachdem sie im letzten Jahr eine ganze Reihe von digital und als limitierten Lathe Cut veröffentlichten Singles und EPs rausgehauen hat. Ihre neue LP präsentiert die Band dann aber nochmal so fokussiert wie schon lange nicht mehr. Ihre betont kaputte Mischung aus Post Punk und Noise Rock sprüht vor kreativer Energie wenn ausgesprochen catchy Grooves - vage an The Fall ab den späten 80ern erinnernd - mit dem Lärm und der Dissonanz der ganz alten No Wave-Schule kollidiert.
Ein ordentlich sensationelles Ding hat diese Band aus dem belgischen Tournai meines Erachtens mit ihrem zweiten Langspieler gedreht. Vom ersten Moment an fühle ich mich an so viel guten, sowohl alten als auch neuen Scheiß an den Schnittstellen von Art-, Post- und Garage Punk erinnert, komplettiert von einer würzig-dissonanten No Wave und Noise Rock-Kante. Manchmal klingt das etwas nach Angst, die mit dem simplistischen Beat von Man Sized Action und etwas früher The Fall-Schrammelseligkeit verschmelzen. An anderen Stellen bilde ich mir ein, Echos von Membranes, Gordons oder Swell Maps wahrzunehmen aber genau so gut kann man auch Verbindungen zu gegenwärtigen Acts à la Honey Radar, Toe Ring, Lithics, Germ House, Shark Toys und Subtle Turnhips irgndwo da drin wiederfinden.