Die Noisepunker aus Atlanta und ihre Debüt-EP Yeah, I Know hatte ich ja schon letztes Wochenende im Programm. Jetzt gibt uns das Trio ein kleines Update in Form einer neuen Siebenzolldrehscheibe. Enthält einen neuen Song und eine nochmal deutlich treibendere Neuaufnahme des schon auf der EP enthaltenen Time Flies.
*edit*
Die Platte ist wieder von Bandcamp verschwunden. Mysteriös, mysteriös. Mal abwarten ob sie irgendwann wieder auftaucht…
Die schon seit geraumer Zeit um sich greifende Welle düsteren und - mal mehr, mal weniger - kompromisslosen Postpunks scheint sich einfach nicht tot zu laufen. Klar gibt's auch 'ne Menge uninspirierter Drecksveröffentlichungen zu ertragen, aber es ist doch erstaunlich mit welch hoher Frequenz derzeit immer wieder neue Bands auftauchen, die das Genre wieder um eine oft subtile, aber sehr eigene Geschmacksnote bereichern.
Die Mitglieder von Creative Adult aus San Francisco kommen ursprünglich eher aus der Hardcore-Ecke, auf ihrem Debütalbum haben sie sich soundmäßig aber größtenteils davon freigestrampelt. Es ist ohne Frage eine der eigenständigsten Platten aus dem Genre-Umfeld, von einer Band, die - sehr sympathisch - offensichtlich zu keinerlei Kompromissen bereit ist. Die Platte ist schon ein ganz schöner Brocken mit einer für solchen Lärm endlos erscheinenden Spielzeit von über 40 Minuten, aber unter der rauhen Oberfläche verbergen sich tonnenweise kleine Hooks, Melodien und böse kleine Widerhaken, die sich irgendwo zwischen den Synapsen festsetzen und einen dazu veranlassen, dann doch auf repeat zu drücken, um eine weitere Runde musikalischen Sadismus über sich ergehen zu lassen. Außerdem beherschen die Jungs das Spiel von Zuckerbrot und Peitsche (na ja, Peitsche überwiegt hier), streuen auf Song- wie auf Albumebene immer im richtigen Moment die kleinen melodischen Lichtblicke ein, ändern die Marschrichtung ein wenig oder drosseln das Tempo. Es tritt nie die Übersättigung ein, die weniger ausgereifte Genrebeiträge oft auszeichnet.
Fans von Bands wie den Kopenhagener Lower und Iceage, den etablierten Noiserockern Pissed Jeans, The Men in ihrer frühen Phase oder altem AmRep-Krempel werden sich hier schnell zuhause fühlen. Manchmal kingt's auch wie etwas weniger abgespacete Destruction Unit.
Beast Fiend aus San Francisco rulen voll. Hab ich zumindest gelesen. Haben sie freundlicherweise auf's Plattencover draufgeschrieben, damit ich's nicht selbst nachprüfen muss. Und was rult da denn so? Beast Fiend spielen flotten Postpunk der ganz offensichtlich auf den prägnanten Harmonien der Wipers basiert, reichern das Ganze aber mit gewissen Postcore- und Noise-Einflüssen an. Ob das jetzt wirklich so alles andere wegrult weiß ich nicht, mal auf einen Langspieler warten. Aber saumäßig hörenswert ist die Platte schon, jeden der schmutzigen null Euro wert, für die sie die Platte auf Bandcamp verschleudern, oder was auch immer du bereit bist dafür zu zahlen.
Loyalists, eine frisch geschlüpfte Band aus dem kalifornischen Oakland, zeigen sich auf ihrem ersten Album schon erstaunlich ausgereift. Es gibt stark angebluesten Noiserock/Postpunk mit häufigem Cello-Einsatz zu bestaunen, der vor allem durch seine Konsequenz überzeugt. Erinnert stellenweise an die alten australischen Bluespunker Feedtime. Das ist nicht so sehr die hässliche Tritt-in-die-Fresse-Version des Genres, sondern eine etwas einladendere, monoton-groovende und gradlinig rockende Variante von dem Dreck. Im letzten Track entläd sich die Spannung dann konsequent in einer ausgiebigen Drone-Orgie. Super Debüt von einer Band mit haufenweise Potenzial, die kommen auf meine Beobachtungliste.
Mit einem Jahr Verspätung stoße ich auf dieses Trio aus Atlanta, Georgia. Schön erbarmungsloser Noise-/Postpunk, simpel und effektiv, kurz und schmerzhaft. Zwischendurch scheint aber auch mal die eine oder andere sonnige Pixies-Melodie durch.
Radar Eyes aus Chicago haben gleich zwei neue 45er am Start. Ihr selbstbetiteltes Album von 2012 ist mir noch gut in Erinnerung, damals bewegte sich die Band noch etwas ungelenk im Spannungsfeld von Garagenrock, Postpunk und auch etwas Dreampop & C86-Gedöns.
Seitdem hat sich in der Besetzung ein wenig was gedreht und mit neuen Leuten kam auch etwas Bewegung in ihre Musik. Ich bin mehr als nur angetan von der Entwicklung hin zu einem deutlich gereiften, erwachseneren Sound, den sie auf den beiden Kurzspielern präsentieren. Vier starke, ausgereifte Songs, die sich gar nicht mehr hinter einer Wand aus Krach verstecken müssen, erstrahlen hier in einem deutlich entschlackten, nichts desto trotz treibenden und rauhen Klanggewand.
Die in Eigenregie veröffentlichte Community / Fall Into Place 7" zeigt die Band dabei von ihrer etwas melancholisch-melodischeren Seite, etwa wie eine Verquickung der Wipers mit den poppigeren Nummern von Mission of Burma.
Die auf Hozac erschienene Positive Feedback 7" gibt sich dann wieder etwas lärmender, zwischentöne á la Saints oder spätere Gun Club meine ich hier heraus zu hören.
Für März ist ein neues Album angekündigt, ich bin schon saugespannt drauf.
Dieses Duo aus Oakland überrascht mit einer sehr ausgereiften Debüt-EP. Könnte man irgendwo zwischen den Eckpfeilern Postcore und -punk, Noise und etwas derberem Shoegaze einordnen. Erinnert mich auch sehr positiv an die hier schon gefeatureten Wild Moth. Es ist genau die Art von Gratwanderung zwischen Krach und Melodie, Aggression und Melancholie, die mich immer von neuem anfixt. Gut gemacht.
Ungemein rockender Siebenzöller der Band aus Murray, Kentucky. Oszilliert irgendo zwischen noisigem Garagenpunk und garagigem Noisepunk. Setzt meinen Denkapparat kurzzeitig ausreichend außer Betrieb um selbst die nervtötenden Whoo-hoo's im letzten Song wohlwollend zu ignorieren.
Und schon wieder geiles Zeug aus Portland. Diesmal gibt's melodisch-düsteren Punkrock der tempomäßig etwas gedrosselten, nichts desto trotz sehr treibenden Sorte. Aufgrund von Sound und Herkunft drängen sich natürlich mal wieder Vergleiche zu den Wipers auf, aber das ist auch nur die halbe Wahrheit. Mindestens genau so oft erweckt die Platte Assoziationen zu der melancholischeren Seite australischer Punkklassiker á la Radio Birdman oder The Saints und diversem Zeug was danach noch kam. So was trifft bei mir ja schon mal per default den richtigen Nerv. Experimente gibt es hier keine, die Songs bilden eine angenehm homogene Einheit und weil die Band auch in Sachen Songwriting nichts anbrennen lässt, überzeugt die Platte von Anfang bis Ende.
Gustave Tiger aus Budapest verpassen ihrem sägenden Noisepunk ein paar ganz eigene Dellen. Ihre Debüt-EP mag sich dabei nicht so recht für eine klare Marschrichtung entscheiden, wirkt trodzdem nicht zerfahren. Eher klingt es ein bisschen so als wären zwei unterschiedliche Inkarnationen der gleichen Band am Werk. Da wäre einmal die an spätere Gun Club Platten oder die Country-Punk-Fusionen von Angst erinnernde, folkig-countryfizierte Schrammelvariante. Und der böse Zwillingsbruder davon in in der Form psychedelisch-düsterer, treibender Noiseattacken; ich fühle mich hier etwas an das eigenwillige Ten Kens-Debüt erinnert. Dann gibt's als krönende Abschlüsse noch eine epische Postpunkexplosion á la P.I.L meets Birthday Party und eine erstaunlich eingängige Venom-Coverversion. Und fertig ist eine der erfrischendsten und eigenständigsten Platten in letzter Zeit.