Auf der aktuellen Platte dieser Band aus Tucson, Arizona treffen sich einige sehr verschiendene musikalische Stränge auf unwahrscheinliche Art und Weise. Da wäre auf einer Seite der unkontrollierte Garagenrock von Bands wie Yuppies, Ex-Cult oder Parquet Courts, ebenso wie etwas antiquiert wirkende VU-/Strokes-ismen. Auf der anderen Seite des Spektrums wäre dann die populäre Gratwanderung zwischen Indierock und Postpunk/-core wie sie etwa von Die! Die! Die!, Les Savy Fav oder Popstrangers repräsentiert wird. Der Melodische Psych-Powerpop ihrer Stadtnachbarn Resonars hinterlässt auch Spuren, ebenso wie der melancholische Surf-Twang von Crystal Stilts oder Fresh and Onlys. Zu guter letzt kommt dann noch eine kleine Dosis Psychgedröne á la Disappears dazu.
An Abwechslung mangelt es also wahrlich nicht. Es spricht sehr für die Qualitäten der Band, dass die Jungs sich inmitten dieser Fülle von Einflüssen nicht total verzetteln und auch nicht abgedroschen klingen, angesichts der teilweise bereits zu Tode erprobten Zutaten.
Eine kompakte Wucht schlägt einem auf der 45er dieser Schweden entgegen. Kann man in der Nähe ihrer Landsleute Holograms einordnen, und damit soundmäßig natürlich auch nicht weit weg von den kopenhagener Überfliegern Lower und Iceage, gekoppelt mit dem Punch und der Eingängigkeit der Eagulls. Aber weit entfernt davon, eine blutarme Kopie der genannten zu sein. Das Niveau der zwei Songs zieht mir glatt die Socken aus. Unbedingt im Auge behalten!
Stickers aus Seattle spielen kompromisslosen Post Punk der seine langen Arme dazu noch in Richtung Garagen- und Noiserock ausstreckt. Ein subtiler Goth-Vibe ist auch mit an Bord. Monoton, Hypnotisch und frei von unnötigen Schnörkeln. Wie eine etwas zugänglichere Variante von Eastlink oder im Tempo gedrosselte Ex-Cult auf 'nem fiesen Trip. Der regelmäßige Saxophon-Einsatz gibt diesem dissonanten Biest dann noch den letzten Schliff.
Ach du scheiße, wie soll ich denn dieses schräge etwas von einer Platte schon wieder erklären? Aus Rochester, New York kommt die Band wenn ich das richtig interpretiere. Musikalisch eine wilde Fahrt durch einige der exzentrischsten Ecken des 80er Musikuntergrundes. Als wären so unterschiedliche Bands wie Minutemen, The Pop Group, Bad Brains, B52s, Wire und Devo zu einer absurden Einheit verschmolzen. Das ganze dann von einer Garagenband gespielt und schrottig aufgenommen, fertig ist der krude Bastard.
Die Kopenhagener Szene mal wieder. Die Anfang des Jahres erschienene Without Grace or Glory EP dieser Band klang noch wie eine etwas unspektakuläre, wenn auch vielversprechende Variante der getragenen Balladen von Lower's zweiter 7" "Someone's Got It In For Me / But There Has To Be More", aber mit ihrem neuen Siebenzolldings treten Hand Of Dust eindrucksvoll aus deren Schatten heraus. Walk in White ist ein Atmosphärisch dichtes und ausgefuchstes Biest von einem Song, der sich bösartig in den Hirnwindungen festbeißt.
Nagelbett… äh, Autobahn gab's ja auch schon hier mit ihrer ersten EP zu bestaunen. Mit EP Nummer zwei sind die Jungs etwas vom pathosbeladenen Düsterpostpunk ihres Erstlings abgerückt und klingen jetzt wie eine etwas grimmigere Version der Eagulls mit gelegentlichen Noiserockeinflüssen, besonders im Opener. Dass sie jetzt gerade mit besagter Band durch UK touren, scheint auch kein Zufall zu sein.
Scheint langsam Tradition zu werden, dass einige der besten und/oder originellsten deutschen (Post-)Punkbands auf US-Labels veröffentlicht werden, bei uns aber eher begrenzte Beachtung bekommen. Da wären in jüngerer Vergangenheit etwa Banque Allemande aus S.S. Records oder Diät auf Iron Lung.
Und jetzt beschert uns Slovenly diese schöne 7" des besten Puffs in Berlin. Exzellent gestörter Postpunk, der zeitweise mit seinem prominenten Syntheinsatz den am anderen Ende der Welt befindlichen Labelmates Stalins Of Sound nicht ganz unähnlich klingt.
Eigentlich hatte ich nicht vor diese Platte zu posten. So großartig sie auch ist, ich versuche doch eher die etwas abseitigeren, noch nicht zu tode gerittenen Themen hier unterzubringen. Davon ausgehend, dass sich eh schon alle anderen Musikblogs auf diese lang erwartete Platte mit haufenweise Pitchfork-Promo und einem etablierten Label im Rücken stürzen würden, hab ich erstmal anderen Dingen den Vorzug gegeben. Nach einem kurzen Check der Indie Musik Blogs sehe ich dann mit entsetzen, dass die Platte überraschenderweise vollständig ignoriert wird. Was zum Henker ist los mit dir, deutsche Blogszene? Muss ich dann wirklich alles selber machen?
Denn ohne Scheiß, die vor zwei Jahren erschienene 7" Walk On Heads der kopenhagener Band halte ich für die dichtesten und mitreißendsten zehn Minuten punkverwandten Krachs die in in diesem Jahrzehnt bisher verbrochen wurden. Das daraufhin angekündigte Album wurde seitdem immer weiter aufgeschoben, und ganz ehrlich, ich konnte mir auch kaum vorstellen wie Musik mit einem derartig hohem Energielevel auf Albumlänge funktionieren soll.
Die wahrscheinlichste Antwort: Gar nicht so gut. Das werden die Jungs auch selber gewusst haben, und entsprechend haben sie in den zwei Jahren ihren Sound ganz schön umgekrempelt, ohne dabei ihren eigenen Charakter zu verlieren. Das Tempo der EP wird hier in keinem Augenblick erreicht und den Verlust des erbarmungslosen Vorwärtsschubs machen sie problemlos durch eine neu gewonne Tiefe wett, die sich einigen geradezu epischen Songkolossen niederschlägt. Die ungestüme Wut ist einer gewissen Verletzlichkeit und Reflektiertheit gewichen und bei aller Schwere der Darbietung scheint immer wieder etwas Hoffnung durch. Denn wie der Albumtitel schon andeutet, geht es im Gesamtkontext der Platte nicht um Tod und Verderben, sondern um Hoffnung, die reale Aussicht auf Besserung, um persönliche Reifungsprozesse und das finden eigener Wege, im Leben klar zu kommen.
Geblieben sind die zentralen Qualitäten und Trademarks der Band, wie etwa das stoische Drumming und das ausgefeilte Spiel mit der Dissonanz, die rasiermesserscharfen Gitarrenfiguren. Mit dieser Platte treten Lower endgültig aus dem Schatten ihrer großen Szene-Brüder Iceage heraus und finden ihre ganz eigene Stimme. Und der lohnt es sich zuzuhören.
Die Band aus Philadelphia hat in schneller Folge zwei ausgezeichnete Kurzspieler (beide Selbstbetitelt) voll mit ansteckend energetischem Post-/Garagenpunk rausgehauen. Die selbstveröffentlichte Scheibe mit dem dunklen Cover lehnt sich dabei stilistisch ein kleines Stück weiter aus dem Fenster mit ihren z.b. an Ex-Cult erinnenden, sägenden Gitarrentexturen. Die andere, auf Bruised Tongue erschienene EP zeigt sich etwas traditioneller im Garagenpunk verankert, ist aber kein Stück weniger mitreißend.
Sehr eingängigen, ja geradezu tanzwütigen Krawall spielt das Duo Street Eaters aus Berkeley, dessen Sound mal wahlweise im Post-, Garagen- oder Noisepunk einordnen könnte. Das klingt in etwa so als hätte man die Gene so unterschiedlicher alter Punkhelden wie etwa Wire, Dead Moon oder Wipers kombiniert, könnte in der Gegenwart aber auch mit Bands wie Milk Music, Generation Loss oder einer abgespeckteren Variante von California X verglichen werden. Your mileage may vary. Tolle Platte auf jeden Fall, die nicht nur angesichts besagter Referenzen bei mir ins Schwarze trifft, sondern auch bestens für sich alleine stehen kann.
Breaking News für Vinylbevorzuger: Das Ding bekommt hierzulande einen Vinylrelease auf dem kölner Label Contraszt! Records. Also spart euch die hohen Auslandsversandkosten und wartet bis zum 30. Juni, so lange würde sonst der Versand aus US ja auch locker dauern. Im Label-Shop kann man's jetzt schon vorbestellen.