Die Neurologin Roberta Bondar, klärt mich Wikipedia auf, war die erste kanadische Astronautin und gehörte 1992 zur Crew der Mission STS-42.
Die Band Roberta Bondar ist die erste nach der Astronautin Roberta Bondar benannte Band aus Ottawa und spielt ein Noiselastiges etwas, dass sich aufgrund seiner Vielseitigkeit einer engeren Genrezuordnung entzieht. Irgendwo zwischen Postpunk, Noiserock/-pop, Shoegaze-Gedöns und abgespaceten Drones mit einer Schippe voll Kraut.
Auch 'n guter Stunt: Einfach mal deine Freunde weiterempfehlen. Bei genau einer Reaktion auf die Aktion vor gut einer Woche fiel die Auswahl natürlich eher leicht. Und da jubelt mir doch tatsächlich so'n Typ mit offensichtlichen Connections zu einem mittelbekannten Onlinemagazin und räumlichen Connections zu Solingen die erste Veröffentlichung der dort ansässigen Postpunker Die Wirklichkeit unter. Respekt vor so viel lokalem Szenesupport… oder spielt der Scherzkeks gute Mann da etwa auch selbst mit? ;-)
Das ist wohlbemerkt nicht das erste mal, dass jemand mir diese Band nahe legt. Warum mein Desinteresse bisher? Nun ja, wo gehobelt wird fallen halt Späne, und wenn man sich allwöchentlich durch hunderte von größtenteils überflüssigen Releases schnell durchwühlt, übersieht man halt auch das eine oder andere Juwel.
Im Falle von Die Wirklichkeit lag das wohl an meiner vorschnellen Assoziation mit der momentan so gehypten Welle deutscher Postpunkbands á la Messer oder Die Nerven, welche ich keineswegs schlecht finde, aber auch nicht den Medienwirbel wert; abgesehen vom Alleinstellungsmerkmal (naja…) nicht ganz dummer deutscher Texte halte ich jene lediglich für ganz ordentlichen Genredurchschnitt.
Aber jetzt kann ich mich natürlich nicht mehr da rausreden, mir endlich mal Zeit für die Platte zu nehmen. Und Überraschung: Ich kann ihr so einiges abgewinnen. Die Vergleiche zu besagten Bands hinken doch gewaltig, Alles nur Psyche ist weit entfernt von 08/15-Genrekost. Der Pool aus dem sie zu schöpfen scheinen geht nämlich bei weiten über die üblichen Verdächtigen des Postpunkkanons hinaus und erstreckt sich unter anderem auch in Richtung alter Indieschrammler von Pavement über Sonic Youth bis hin zu The Fall. Und die abwechselnd mal eher kryptisch verschwurbelten, mal geradezu schmerzhaft überdeutlichen Texte machen sie zu sowas wie den Blumfeld des deutschen Postpunks, deren Frühphase sie auch Musikalisch nicht ganz fern stehen. Die sind dann aber auch der einzige Kritikpunkt, der hier und da meine Begeisterung etwas bremst. An einigen Stellen bräuchten Lyrics und Gesang einfach noch etwas Feinschliff.
Nichts desto trotz, ein ausgezeichnetes Debüt, meilenweit über "Nicht schlecht für eine deutsche Band", das unglaublich Lust auf zukünftige Schandtaten macht.
Stockdüsteren, kompromisslosen Postpunk-Krawall geben Cadaver Em Transe aus São Paulo von sich. Das ganze kommt sehr oldschoolig rüber, mit starkem Verdacht auf Hardcore-Wurzeln und Goth-Affinität. Gelegentlich versuchen sie sich auch mal an charmant kaputtem Englisch. Das erinnert ab und an mal an Criminal Code oder die Briten Autobahn, ist aber eigenständig genug um nicht im aktuellen Überangebot an genreverwandten Bands unterzugehen. Und nix mit Kopenhagen-Namedropping diesmal.
Die Garagenpostpunker Teenanger aus Toronto legen ein recht zügiges Arbeitstempo vor. Ziemlich ganau ein Jahr nach dem ausgezeichneten Singles Don't $ell haben sie jetzt ihre aktuelle LP, EP oder EPL oder watt auch immer für'n Dings am Start. Und genau wie schon auf dem Vorgänger kann man hier wieder eine graduelle Verfeinerung der Rezepturen beobachten. Der Noise ist weiter in den Hintergrund getreten und ein besser kanalisierter Energiehaushalt erlaubt es ihnen die Füße öfter mal vom Gas- und Fuzzpedal zu lassen, ohne dabei an Druck einzubüßen.
Lass uns mal über Muschis reden. Mumu-Core ist schwer angesagt letzter Zeit. Da gab es zum Beispiel einen Muschiaufstand, dessen Protagonistinnen für ein keines Ständchen an einem ungewohnten Ort in den Knast gingen. Eine andere ihrer Art behauptete später von sich, ein gar perfektes Miezekätzchen zu sein. Selbstredend sind nicht alle Muschis gleich. Bei erstgenannter hinkte doch die musikalische Relevanz empfindlich hinter der politischen her. Die andere stellte sich nach dem ersten Schock doch eher als eine muffige Brise hyperventilierter heißer Luft heraus. Nichts desto trotz, mit Muschi muss man derzeit rechnen.
Diesmal also eine Schaufenstermuschi. Gefällt mir um längen besser. Das Trio kommt aus New York, ein Mitglied (mit-Glied, haha!) hat gar keine Muschi und Tiny Engines (siehe auch letzter Post) hat gerade ihr ursprünglich als Tape erschienenes Debütalbum wiederveröffentlicht. Das ist ausgezeichneter und recht vielseitiger Krach, der irgendwo zwischen Noisepop, Post- und Garagenpunk oszilliert. Ich schreib jetzt besser nicht weiter, bevor sich das hier zu einem Muschitourette auswächst. Muschi, Muschi, Muschi.
Auch auf Austin's 12XU Records erschien dieses siebenzöllige Dings der ebenfalls dort beheimateten Xetas. Der erste Track klingt so etwas nach Saints mit einem deutlichen Schlenker in Richtung Postcore/-punk. Die Flip klingt dann mehr als hätten letztere sich ein bisschen X an Bord geholt. Sowohl die Kalifornier als auch die Australischen X, passt beides irgendwie. Dass das in der musikalischen Timeline nicht wirklich zusammengeht ist mir schon klar…
Und als kleiner Bonus sei noch dieser hübsch derbe Remix erwähnt:
Digital gibt's das ganze nach meinem Wissen (leider) nur bei iTunes.
Das Texanische Label mit dem besten Namen hat kürzlich gleich zwei herausragende Tonkonserven abgesondert. Die erste davon kommt von den Gotobeds aus Pittsburgh. Die musikalischen Referenzen lesen sich wie ein who is who der letzten vierzig Jahre Punk- und Indierockgeschichte. Am offensichtlichsten erinnert das an die zugänglichsten Werke von Sonic Youth, manchmal vermischt mit einer kleinen Note von Pavement-Geschrammel. Auch zum schlauen Rock-Dekonstruktivismus von Wire oder Mission of Burma lässt sich hier der Bogen schlagen. Und erinnert sich hier noch wer an die britischen Artpunker Ikara Colt aus der frühen Nullerjahren?
In Kurzform: Genau meine Tasse Tee. Die Songs brauchen sich auch nicht hinter den großen Namen verstecken; das ist ein ausgefuchstes Stück treibender Rock'n'Roll und ein Highlight jagt das nächste auf dieser Platte.
Diese Band aus Boston spielt eine recht eigenwillige und wandlungsfähige Form entspannten Indierocks. Ob straighter Punkrock, verträumt-psychedelische Ausreißer, garagiger Surfpop oder leichte Anflüge von Postpunk; all das schüttelt das Trio souverän aus dem Ärmel und macht sich dabei noch des einen oder anderen Ohrwurms mitschuldig.
Toller melodischer Krach aus Melbourne. Freunde von The Estranged dürften sich hier gut aufgehoben fühlen. Desweiteren klingt das hier in etwa so als hätten jene ihren melancholischen Postpunk mit dem ausgeprägten Goth-Vibe von Criminal Code verschmolzen und sich auch ein paar Scheiben von Hüsker Dü's eindringlichen Hooks und - vor allem zum Ende der Platte hin - von J. Mascis' prägnanten Gitarrenleads abgeschnitten.
Proto-Protomartyr? Könnte so hinkommen, denn über weite Strecken klingt diese EP der New Yorker Giggly Boys etwas nach einer garagig-primitiven, weniger ausformulierten Version der erwähnten Postpunker aus Detroit. Ebenfalls mit an Bord: eine ausgeprägte Vorliebe für psychedelische Drones á la Disappears oder Destruction Unit, bezüglich letzterer jedoch eher wie eine entspannt-bekiffte Abart davon.