Girls In Synthesis - Sublimation

Ich ging ja schon fast da­von aus, dass ich mir die­sen Ve­te­ra­nen der ge­gen­wär­ti­gen UK Post Punk-Sze­ne ab­ge­schlos­sen hät­te nach ei­nem et­was syn­the­tisch (ha!) und über­pro­du­ziert klin­gen­den let­zen Al­bum und den di­ver­sen seit­dem er­schie­ne­nen Krü­meln, die in mei­nen Au­gen al­le ty­pi­schen An­zei­chen ei­ner Band trans­por­tier­ten, die bei der nächs­ten Ge­le­gen­heit von der ei­ge­nen Am­bi­ti­on ver­schluckt wird wie so vie­le an­de­re bri­ti­sche Bands ih­res Gen­res, die sich ir­gend­wann ein grö­ße­res Stück ab­ge­bis­sen ha­ben als sie ver­dau­en konn­ten. Es stellt sich aber her­aus: Girls In Syn­the­sis ha­ben ei­nen star­ken Ma­gen und ih­re neu­es­te LP ist ein her­aus­ra­gen­des Stück des düs­ter-at­mo­sphä­ri­schen, klu­gen und epi­schen Post Punk-Gleich­ge­wichts. Von der ers­ten No­te des stark nach Wire duf­ten­den Ope­ners Lights Out bis zum mo­no­to­nen Raus­schmei­ßer A Dam­ning Les­son schaf­fen es die­se Songs, die spe­zi­el­len Qua­li­tä­ten der Band zur ro­hen Es­senz zu ver­dich­ten wie noch nie zu­vor, gleich­zei­tig man­gelt es aber auch nie an sti­lis­ti­scher Ab­wechs­lung und reich­lich Ideen, um die Rei­se durch­weg span­nend zu hal­ten.

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Solvent - Mockery Of Life

Ei­ne af­fen­gei­le De­büt-EP hat die­se New Yor­ker Band da ab­ge­lie­fert. Der Ope­ner No Re­cour­se be­schwört ei­nen star­ken Mitt­acht­zi­ger bis früh-'90er Di­sch­ord vi­be her­auf á la Ri­tes Of Spring, Na­ti­on Of Ulys­ses, Gray Mat­ter… plus ei­ne Spur von Dri­ve Li­ke Je­hu oder von jün­ge­ren Bands wie Wy­myns Pry­syn, Be­ast Fi­end und Laun­cher. Mit Fix­a­te än­dert sich die all­ge­mei­ne Marsch­rich­tung dann doch stark und er­in­nert vor al­lem an al­te aus­tra­li­sche Punk- und Ga­ra­ge-Le­gen­den wie X, Saints oder God. Scra­ping Away wen­det sich dann wie­der der klas­si­schen Post­co­re-Äs­the­tik zu und klingt da­bei et­was wie ei­ne Fu­si­on aus dem Pro­to-Post­co­re der frü­hen Sac­cha­ri­ne Trust mit dem Pro­to-Noi­se Rock von Flip­per.

Paulo Vicious - Duas M​ú​sicas Para Dan​ç​ar

Selbst in ei­ner vol­len Wo­che wie die­ser (ihr wisst schon, Band­camp Fri­day und so…) kom­me ich nicht dar­an vor­bei, die­se di­gi­ta­le Sin­gle der Syn­th-/Egg­punk-Band aus Tel Aviv zu er­wäh­nen, denn wenn die­se zwei Songs nicht un­ver­schämt Är­sche tre­ten, wüss­te ich nicht mehr was sonst. Hier meis­tern die den schwie­ri­gen Trick, das Tem­po emp­find­lich zu dros­seln oh­ne da­bei zu lang­wei­len, denn jeg­li­che po­ten­zi­el­le Stil­le zwi­schen den Bumps und Beeps weiß man hier mit ei­ner ganz neu­en Fül­le an durch­weg span­nen­dem Ge­quiet­sche, Ge­kei­fe und Ka­wumm­blahs zu fül­len, was selbst so ei­ne to­te Kar­tof­fel wie mich aus der Lei­chen­star­re auf­weckt und zu rhyth­mi­schen Zu­ckun­gen ani­miert.

Hevrat Ha'Hashmal - Banu La'avod

Nach ei­ner ziem­lich um­wer­fen­den EP im letz­ten Jahr hält die­se is­rae­li­sche Band das ho­he Ni­veau und den En­er­gie­le­vel in ih­rer ganz ei­ge­nen, ex­qui­si­ten Spiel­art des struk­tu­rier­ten Cha­os'. Das ist er­neut ein lär­mi­ger Tritt in die Weich­tei­le, der sei­nen Ur­sprung ir­gend­wo zwi­schen den gro­ben Spe­zi­fi­ka­tio­nen von Noi­se Rock, Post Punk, Hard- und Post­co­re hat und zu­min­dest ober­fläch­li­che Ähn­lich­kei­ten et­wa zu Cu­tie, Big Bop­per, Bran­dy, und frü­hen Pat­ti auf­weist… und als be­son­de­re Krö­nung ei­ne groß­zü­gi­ge Do­sis Big Black oben­drein!

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Puss - Anger Protocol

Die neue LP die­ser New Yor­ker Band im Grun­de zwar nur ei­ne ex­pan­dier­te Ver­si­on ih­rer 2021er EP Tri­an­gu­la­ti­on by way of Stran­gu­la­ti­on, aber die vier hin­zu­ge­füg­ten neu­en Tracks he­ben das gan­ze auf ein hö­he­res Le­vel wenn ihr mich fragt und wer­fen ei­ne drin­gend nö­ti­ge Do­sis Cha­os in den Raum, ein will­kom­me­nes Ge­gen­ge­wicht zu den ver­gleichs­wei­se ri­gi­den, Rich­tung spät-'80er Noi­se Rock ten­die­ren­den Songs von be­sag­ter EP. Sehr of­fen­sicht­lich be­dient man sich hier stark an der lo­ka­len No Wa­ve-His­to­rie - so­wohl des un­struk­tu­rier­ten Lärms als auch den fun­ky Ja­mes Chan­ce-is­men - so­wie ei­nem Strauß an wei­te­ren Pro­to-Noi­se Rock-Acts der frü­hen 80er wie Flip­per, Pri­mi­ti­ve Cal­cu­la­tors und ganz be­son­ders No Trend.

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Dog Date - Zinger

Die­se New Yor­ker Band ist ir­gend­wie ein selt­sa­mes, dem Zeit­geist trot­zen­des Biest, das sei­ner Nei­gung zum Punk, Grunge und In­die Rock der spä­ten '80er bis frü­hen '90er un­ge­zü­gel­ten Lauf lässt. Auch wenn der ers­te Song hier ganz un­sub­til Nir­va­na be­ti­telt ist, wür­de ich sie eher mit frü­hen Mudho­ney und der lär­mi­gen, frü­hen In­kar­na­ti­on der Pi­xies ver­glei­chen, mit wei­te­ren An­lei­hen von, sa­gen wir mal, U-Men, Scratch Acid und Dri­ve Li­ke Je­hu. Im Grun­de al­so ge­nau die Art von Band, die vor so ca. 15 Jah­ren, auf dem vor­über­ge­hen­den Gip­fel der ers­ten 90er-Nost­al­gie­wel­le, di­ver­se Pitch­fork-Schrei­ber­lin­ge feucht im Schritt wer­den ließ. Heu­te hin­ge­gen ist die­se Plat­te ei­ne ob­sku­re, schrul­li­ge Ku­rio­si­tät und das macht sie für mich um­so lie­bens­wer­ter.

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OSBO - OSBO

Die­se Band aus Syd­ney schleppt reich­lich lo­ka­les In­ven­tar mit, ha­ben Mit­glie­der doch un­ter an­de­rem in so Bands wie Bed Wet­tin' Bad Boys, Roy­al Hea­da­che, Tim and the Boys und Mun­do Pri­mi­tivo mit­ge­spielt. Aber ehr­lich ge­sagt klin­gen Os­bo nach über­haupt kei­ner die­ser Bands. Viel mehr er­in­nert mich ihr fuchs­teu­fels­wil­der Mix aus Post- und Hard­core stark an die Ab­riss­bir­nen Pre­da­tor und Nag aus At­lan­ta, so­wie wei­te­re ame­ri­ka­ni­sche Ver­tre­ter der Sor­te In­sti­tu­te, Acrylics, Tu­be Al­loys, Pyrex, Cor­ker und Cri­mi­nal Code… oder al­ter­na­tiv auch Sydney's ei­ge­ne Kra­wall­kol­le­gen Ar­se und Xilch. Denkt euch jetzt noch ei­ne pro­to-Noi­se Rock-Kan­te á la Flip­per oder No Trend da­zu und das kommt dann un­ge­fähr hin. Das voll­kom­men ent­gleis­te Ge­bell des Sän­gers hin­ge­gen er­in­nert mich sehr an die Eng­län­der Ak­ne.

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Mo egg on ya face (Paulo Vicious /​ Dårskap /​ Gurk)

In jün­ge­rer Zeit hat es noch nie so et­was ge­ge­ben wie ei­ne schlech­te Wo­che für Egg­punk, aber die­se Wo­che war mal wie­der ganz be­mer­kens­wert hoch­wer­tig mit drei über­durch­schnitt­li­chen Ver­öf­fent­li­chun­gen. Pau­lo Vicious aus Tel Aviv dürf­te euch ja be­reits von der Är­sche tre­ten­den De­büt-EP im letz­ten Win­ter ein Be­griff sein. Der Nach­fol­ger da­von nimmt naht­los des­sen Strän­ge wie­der auf und er­zeugt wei­ter kran­ken Spaß am lau­fen­den Band mit star­ken Echos von Pri­son Af­fair, Set-Top Box, Nubot555 und oben­drein ei­ner glit­zern­den Pa­ti­na aus 8.Bit Chip­tu­nes. Dårs­kap aus Os­lo wie­der­um nä­hern sich den Egg-ver­wand­ten Sounds mit ei­nem ge­wis­sen Dun­ge­on Punk-Un­ter­ton und der sub­ti­le De­ath­rock-Vi­be wirft die Fra­ge auf, ob hier viel­leicht per­so­nel­le Über­schnei­dun­gen zur eben­falls aus Os­lo stam­men­den Band Mol­bo be­stehen, die es erst letz­te Wo­che an die­ser Stel­le zu be­stau­nen gab. Zu gu­ter Letzt lie­fern die Schwe­den Gurk vier neue At­ta­cken des ul­tra-cat­chy Egg-in­du­zier­ten Wahn­froh­sinns auf ei­ner neu­en EP, die ich mal durch­aus als ih­re bis­lang stärks­te be­zeich­nen möch­te.

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Klint - Somebody Cut Out My Brain

Wie­der mal be­rau­schend wie Kleb­stoff, die neue 2-Track-Sin­gle von Schles­wigs füh­ren­dem Vi­king Syn­th Punk-Zau­be­rer Klint. Klar gibt es da wie­der reich­lich Schät­ze aus grif­fi­gem Lied­gut zu ber­gen so­fern man es le­bend bis auf den Grund die­ser von Rat­ten be­sie­del­ten Sta­chel­gru­be schafft. Letz­te­res ist kei­ne Über­trei­bung, denn ins­be­son­de­re im Ti­tel­track lässt sich hier Klint's ein­zig­ar­ti­ge Äs­the­tik zu ganz neu­en Ab­grün­den aus kan­ti­gem Elek­tro­punk-Lärm her­ab und lässt sich aber kei­ner­zeit da­von ab­hal­ten, dem Pro­zess die vol­le La­dung von un­ter­schwel­lig per­vers an­mu­ten­dem Spaß ab­zu­ge­win­nen.

Molbo - Rettferdighetens Ridder /​/​ Kerozine - Living In A Nightmare

Zwei be­acht­li­che Ver­öf­fent­li­chun­gen mit mehr oder we­ni­ger star­kem Dun­ge­on Punk-Be­zug sind hier die­se Wo­che ge­lan­det. Erst­mal wä­re da die De­büt­kas­set­te von den Nor­we­gern Mol­bo, die ober­fläch­lich be­trach­tet vor al­lem die in letz­ter Zeit ja wie­der sehr schick­li­chen Ein­flüs­se aus '80er Goth, De­ath Rock und Post Punk vor sich her tra­gen. Gleich­zei­tig set­zen sie dem aber auch ei­ne un­wahr­schein­lich wir­ken­de, lau­ni­ge Egg­punk-Äs­the­tik ent­ge­gen und be­zie­hen reich­lich schrä­gen Spaß aus ei­nem Gen­re, das sich sonst ger­ne mal et­was zu ernst nimmt - was zu­ge­ge­be­ner­ma­ßen auch manch­mal sei­ne ganz ei­ge­ne un­frei­wil­li­ge Ko­mik mit sich bringt.

Das Duo Ke­ro­zi­ne aus Ips­wich, Eng­land hin­ge­gen nä­hert sich ei­ner ge­wis­sen Dun­ge­on-Äs­the­tik mehr aus dem Win­kel von glei­cher­ma­ßen ge­rad­li­ni­gem und be­zau­bernd noi­se-las­ti­gem Syn­th- und Elek­tro­punk, so ein­gän­gig wie auch trei­bend und schlag­kräf­tig. Die bes­ten halb­wegs ak­tu­el­len Ver­glei­che, die mir auf die Schnel­le so ein­fal­len wä­ren wie­der­um Bands wie et­wa Spy­ro­ids, O-D-EX, Drý­sild­jöfull, Chan­nel 83, C57BL/​6, Ex­po­se und Beef.

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