Saustarkes Ding, das zweite Soloalbum von einem Typen, der einfach weiß was er tut. Tom Lyngcoln hat bisher unter anderem in den Noiserock- und Postcore-Bands Pale Heads und The Nation Blue, sowie in den eher Folk-lastigen Lee Memorial und Harmony gespielt. Dieses Album schaut klar in Richtung der lauteren Bestandteile seiner Diskografie, setzt dem ganzen aber auch noch eine Reihe bislang fremder Elemente zu. Stilistisch deckt das ein respektables Spektrum ab, das unter anderem an Wipers-beeinflusstem, melancholischen Post Punk á la Red Dons oder Nervosas aneckt, an Postcore der tendenziell sehr melodischen Machart, so etwa im Sinne von Meat Wave, Bloody Gears und einem bisschen Hot Snakes… und obendrein gibt es auch noch eine ruhelose Garagenenergie wie man sie vielleicht von Jackson Reid Briggs & The Heaters erwarten würde. Unmengen an überlebensgroßem Drama werden hier in angemessen starke Songsubstanz gemischt, verpackt in eine massiv drückende Performance, der man bereitwillig jede Note abkauft.
Das Jahr Covid stellt sich jetzt schon als ein recht produktives heraus für die Garage-/Post Punk-Formation Knowso aus Cleveland, welche kürzlich schon wieder ein neues Album und eine EP rausgehauen hat - bereits ihr zweiter und dritter Release in diesem Jahr. Soundmäßig ist das eine nahtlose Fortführung bisheriger Großartigkeiten - minimalistisch abstrakter Post Punk mit gewissen Parallelen zu Nag, Brandy oder Constant Mongrel oder den jüngeren Veröffentlichungen der Useless Eaters. Was sie aber deutlich von allen diesen Bands unterscheidet ist die unglaubliche Effizienz ihrer Songs und Arrangements - als wären ihre Riffs und Beats spezifisch dafür geschaffen worden, sich gut mit Fließbändern zu vertragen, bequem auf Palletten geschichtet und bevorzugt mit dem Gabelstapler verladen zu werden.
Public Eye aus Portland waren von Anfang an einer der interessanteren Post Punk Acts unserer Zeit und ich hatte schon geahnt, dass ihr bestes Material noch bevorsteht. Ausnahmsweise hatte ich mal recht… Auf Music For Leisure entwickelt sich ihr Sound zu einem ganz eigenen Ding. Stell dir vor, einige der herausragenden Bands des Genres wie etwa Diät, Marbled Eye, The Estranged, Institute, Rank Xerox, Creative Adult und Bruised verschmelzen zu einer Einheit. Dann denke dir noch eine gute Ladung Garage Punk der Teenanger, Sauna Youth, Flat Worms-Machart hinzu - außerdem ein klein wenig Wire und ein paar schrammelige Folk-Einflüsse á la Volcano Suns. Das alles bündeln Marbled Eye zusammen, schrauben das Tempo zu einer relaxten Spaziergeschwindigkeit herunter und verarbeiten die Geschichte aus einer ausgesprochen songorientierten Herangehensweise. Das Ergebnis ist nicht weniger als eine der ausgereiftesten Postpunk-Platten, die mir seit längerem untergekommen ist.
Das Garagepunk-Überwesen Vinny Vaguess aus Los Angeles bleibt auch auf seiner neuesten EP 'ne spannende Sache. Waren die vorherigen zwei Langspieler eine geringfügig entspanntere, Powerpop-lastige Angelegenheit, überrascht er hier erneut mit quirligen Post Punk-Versatzstücken - häufig unter Zuhilfenahme von leicht Devo-mäßigen Synths. Und wo wir schon vom Teufel reden… mit Lesser of Two ist hier sogar eine ausgewachsene Synthpop-Hymne mit im Gepäck, nicht unähnlich zu manchem was Alien Nosejob in jüngerer Zeit verbrochen haben. Weitere Orientierungspunkte wären vielleicht Nick Nirmal, Andy Human and the Reptoids, Teenanger, gelegentliche Spuren von Ausmuteants. Alles davon zündet ganz vortrefflich, was unter anderem mal wieder seinem erwartungsgemäß exzellenten Songhandwerk geschuldet ist.
Vielversprechend und macht Spaß, diese erste digitale Single einer Band aus San Francisco. Post- und Art Punk von dieser etwas schrägen und verspielten Machart, die etwa bei Freunden von Patti, Rolex, Reality Group oder Emergency Contact sicher auf Zustimmung stoßen wird.
Nag aus Atlanta zeigen schon etwas länger Präsenz im gegenwärtigen Postpunk-Umfeld, weshalb ich auch etwas verwundert bin, dass sie erst jetzt ihren ersten Langspieler vorgelegt haben. Die Überraschungen sind damit aber noch nicht alle vom Tisch. Waren sie bisher immer ein bisschen die Bad Boys des Genres - immer etwas ungekämmter und roher zugange als die meisten ihrer Mitstreiter - bekommen wir sie hier mal in einem vergleichsweise HiFi-mäßigen Klangbild zu hören. Mit so ein, zwei weniger Schichten aus Noise und Fuzz wird der Blick frei auf einen geschärften rhythmischen Fokus und eine breitere Palette an Stilmitteln, die Vergleiche zu so Hausnummern wie Negative Space, Rank/Xerox, Pretty Hurts, Diät, Knowso, Bruised oder Exit Group nahe legen.
Na das ist ja mal 'ne ordentliche Wucht, was mir diese vermutlich polnische Band entgegen schmettert. Zu gleichen Teilen Hardcore- und Garage Punk, vorzüglich angetrieben von ultra-simplen Schlagwerk, das den Texturen aus der Saitenquäler-Abteilung den nötigen Raum lässt, sich auszubreiten. So etwas ähnliches hat man in der Vergangenheit vielleicht von Bands wie Leche, Murderer, Yambag, Lux zu hören bekommen… oder vielleicht verbirgt sich dazwischen sogar noch eine Spur von Wymyns Prysyn.
Damit hatte ich nicht gerechnet… Satte sieben Jahre nach seiner letzten EP reaktiviert Jason Hendardy aka Permanent Collection aus Oakland sein altes Musikprojekt und liefert ein tadelloses neues Album ab, das - trotz des etwas fatalistisch anmutenden Titels - eine gewisse Abkehr von der klanglichen Trübsal seiner Vorgänger darstellt. Der düstere Post Punk tritt deutlich in den Hintergrund und die melodischen Tendenzen zwischen Noise Pop und Shoegaze geraten ins Spotlight - eine durchweg spaßige Fahrt mit hohem Energielevel. Wenn du dir jemals gewünscht hast, Bands wie A Place To Bury Strangers oder Ceremony (VA) würden weniger Zeit mit abspacen verbringen und stattdessen direkt zur Sache kommen, dann ist das hier die Platte für dich.
Mal wieder ein echter Knüller aus dem Hause Digital Hotdogs. Einer von der verschrobenen Sorte, der seine flauschige Wärme unter einer kratzigen Oberfläche verbirgt. Klingt andersweltlich und doch sehr vertraut. Fast so wie man es von Veröffentlichungen dieses Labels erwartet. Über die Band an sich gibt es praktisch keine Infos. Es sind zwei gleichnamige Bands auf Bandcamp zu finden, aber ich glaube nicht dass es sich um eine davon handelt. Was wir hier zu hören bekommen ist eine massive Fülle an saumäßig eingängigen Songs, verpackt in gleichermaßen verträumte und kraftvolle Klangwelten irgendwo zwischen Post Punk, Noise Pop, Shoegaze und 90er Indie Rock, der Erinnerungen an die frühen LoFi-Abenteuer von Bands wie Eric's Trip, Guided By Voices und Flying Saucer Attack wachruft… vielleicht auch noch ein bisschen Sebadoh. Oder aber man schlägt die Kurve zu jüngeren Bands á la The Molds, Treehouse, Pardoner, Rat Columns oder Teardrop Factory. Egal von welcher Seite du es betrachtest: Du hast ausgezeichneten Geschmack und bist wie gemacht für diese Platte.
Glen Schenau, manchen sicher bekannt als der Frontmann der Kultband Kitchen's Floor aus Brisbane, hat solo bisher zwei EPs von eher Richtung Avantgarde schielendem Art Rock veröffentlicht, der schon alleine aufgrund seiner allgemeinen Schrägheit überzeugte - durchzogen von dissonant-hyperaktiver Schrammelei, wie eine funky kaputte Alternativrealitäts-Variante von The Wedding Present und endgültig über die Klippe geschoben von sehr nach Töpfen, Pfannen und Plastikeimern klingender Percussion. Letzteres weicht auf seiner neuesten 7" einem herkömmlichen Drumkit und vollem Bandsound, der insgesamt in eine geringfügig weniger experimentelle, deutlich grefbare Form an den Tellerrändern von Post Punk, Noise Rock und 90er Indierock morpht, ohne dass dabei die Verspieltheit und kreative Energie der Vorgänger auf der Strecke bliebe. Melkbelly trifft auf Live Skull? Nee, das trifft diesen Nagel nicht so ganz den Kopf… aber auch keineswegs komplett daneben.