Zwei beachtliche Veröffentlichungen mit mehr oder weniger starkem Dungeon Punk-Bezug sind hier diese Woche gelandet. Erstmal wäre da die Debütkassette von den Norwegern Molbo, die oberflächlich betrachtet vor allem die in letzter Zeit ja wieder sehr schicklichen Einflüsse aus '80er Goth, Death Rock und Post Punk vor sich her tragen. Gleichzeitig setzen sie dem aber auch eine unwahrscheinlich wirkende, launige Eggpunk-Ästhetik entgegen und beziehen reichlich schrägen Spaß aus einem Genre, das sich sonst gerne mal etwas zu ernst nimmt - was zugegebenermaßen auch manchmal seine ganz eigene unfreiwillige Komik mit sich bringt.
Das Duo Kerozine aus Ipswich, England hingegen nähert sich einer gewissen Dungeon-Ästhetik mehr aus dem Winkel von gleichermaßen geradlinigem und bezaubernd noise-lastigem Synth- und Elektropunk, so eingängig wie auch treibend und schlagkräftig. Die besten halbwegs aktuellen Vergleiche, die mir auf die Schnelle so einfallen wären wiederum Bands wie etwa Spyroids, O-D-EX, Drýsildjöfull, Channel 83, C57BL/6, Expose und Beef.
Eine weitere Bombe aus dem Hause Tetryon Tapes ist hier eingeschlagen. Die vorherige EP Better Homes & Gardens der Band aus Rochester, New York war ja schon ein durchaus positives Ereignis, wenngleich sie sich darauf noch etwas schwer damit taten, die oldschooligen '70er/'80er Metal-Versatzstücke in ihre Gesamtästhetik zu integrieren. Die neue Kassette behebt jene Mängel, teils mithilfe eines super-räudigen LoFi-Sounds, der ihnen mal wirklich viel besser steht, wobei gleichzeitig aber auch ihre Skills in Sachen Songkonstruktion ganz zweifellos substantielle Fortschritte gemacht haben. Das Ergebnis ist eine unnachgiebige Wucht, die einige der ungehobelteren Einflüsse aus altertümlichem Hardcore-Dreck mit einer deutlichen Dungeon Punk-Note durchsetzt.
Ausgezeichneter neuer Scheiß von einer Band aus Karlsruhe, zu der wenn ich das richtig interpretiere auch beide Mitglieder von Thee Khai Aehm gehören. Zu jener Band lassen sich hier auch Parallelen ziehen, insbesondere ist hier einiges von diesem Dungeon-mäßigen Vibe mit am Start, aber genau so viel unterscheidet sich ihr Garage- und Fuzz Punk-Sound auch davon, nicht zuletzt durch ein höheres Tempo und mehr stilistische Vielfalt. Der Opener hat so eine primitive Proto Punk-Energie im Gepäck während die Melodiösität von As Loud As Me mich stark an frühe No Age oder Wavves erinnert. Give Me Beat steht mit beiden Füßen im Hardcore und der Rausschmeißer Fomo Boy ist ganz klassischer Dungeon Punk-Exzess… sofern das Wort "klassisch" in so einem jungen Genre überhaupt eine Bedeutung hat. Wie dem auch sei, dieser grimmigen Wucht weiß ich nichts entgegen zu setzen.
Die jüngste LP dieser Band aus Tokyo - letztes Jahr in Japan erschienen und jetzt vom Label SPHC Records aus Maryland, Baltimore wiederveröffentlicht - beginnt mit nicht nur einem, sondern gleich zwei maximal kitschigen, pseudo-orchestralen Intros, welche dann in einen pseudo-Metal Flickentepich übergehen der so klingt als wollten die Jungs alle Dungeon Punk-Entwicklungen jüngerer Zeit noch mal überbieten. Dann geht aber der eigentliche Spaß los in der Form von gleichermaßen simplen wie auch einfallsreichen und unvorhersehbaren Hardcorepunk-Ausbrüchen, deren Dungeon-/Metal-Versatzstücke (immer mit reichlich Schalk im Nacken) sie mit einem kreativen Geist ausstatten,, der unter anderem auch was von frühen Crass hat. Sinnlos, solchem Irrsinn Widerstand zu leisten - ich geb's auf und genieße einfach die wilde Fahrt!
Das ist der Typ von The Uglies, der hier rumbellt, oder? Die neue EP dieser Australier ist auch sonst nicht ganz unähnlich zum Output besagter Band, treibt das ganze aber in eine etwas verspieltere, abenteuerlichere, geringfügig postpunkige Richtung, die sich häufig etwas nach Useless Eaters oder Knowso anfühlt, subtil erweitert um moderige Dungeon-Vibes, die sich durch die ganze Platte ziehen.
Nur einige Wochen nach ihrem zweiten Tape auf Iron Lung Records gibt es auch schon wieder Nachschub von dieser vermutlich Isländischen Band, dieses mal wieder auf dem Spezialisten-Label für Blackened- und Dungeon(-punk)-Experimente, Grime Stone Records. Wenn ihr mich fragt, ist es ihre ausgereifteste Veröffentlichung bisher. Man nehme die groben Eigenschaften und Spezifikationen von Black Metal, Noise-lastigem Synth-, Hardcore- und Electro Punk, erweitere dessen unnachgiebige Energie um eine leicht Eggpunk-mäßige Ästhetik die irgendwie etwas zu niedlich und quirlig wirkt im Angesicht der grimmigeren Tendenzen - das Ergebnis könnte durchaus ähnlich zu dem ausfallen, was Drýsildjöfull hier veranstalten.
Auf der Debüt-EP dieser Band aus Oslo wird einer Attitüde und Ästhetik irgendwo zwischen Egg- und Dungeon Punk ein thematisch fernöstlicher Anstrich gegeben. Im Kontext eines Genre-Komplexes der von sich selbst aus schon sehr bemüht ist keinen Sinn zu ergeben, ergibt das reichlich Sinn. Macht das Sinn? Egal, der Scheiß macht Bock!
Ein unglaublich selbstbewusstes Debüt-Tape von einer Band aus Victoria, Kanada, die sich hier ganz erstaunlich ausgereift gibt und elaborierte Konstrukte stockdüsteren Lärms zum Leben erweckt, komprimiert in kurze und ultra-dichte Hardcoretracks, in denen sie die trüben Tendenzen von noise-lastigen Hard-/Postcore Bands á la Acrylics, Vidro, frühen Bad Breeding mit einer allgemeinen Ästhetik kombinieren , die mit ihren Verästelungen tief in das verdrängte Unterbewusste von Death Rock- und Dungeon-Verwandten Klangwelten sowie auch diversem anderen "blackened", Metal-versifftem Krach ausstrecken.
Mehr abgefuckter Scheiß, gleichermaßen pervers und liebenswert, von diesem Garage Dungeon Blues Duo aus Karlsruhe, das bisher schon ein paar Dellen hinterlassen hat mit einer Reihe von EPs, auf denen sie die allgemeine Kerkerästhetik mit einem deutlichen Acid Rock-Einschlag ansteuern. Ein bisschen als träfen oldschool Oh Sees Garagenjams mit der besonderen Verderbtheit früher Strange Attractor zu einem letztendlich doch ganz eigenen surrealen Fiebertraum zusammen.
In einem etwas unerwarteten aber im nachhinein absolut Sinn ergebenden Move bringt die Speerspitze des noch jungen, vage definierten und im Wandel befindlichen Dungeon Punk-Genres ihren ersten Langspieler auf dem etablierten, eher Metal-lastigen Label Relapse Records heraus. Dankenswerter Weise zeigt das herzlich wenig Einfluss auf ihre Klangästhetik und Produktionswerte - mit den neuen Songs kommt die Band aus Philadelphia sogar nochmal ein paar tacken Dreckiger und Lo-Fi-maßiger rüber als je zuvor, ihre schlauen Konstrukte aus Post- und Garage Punk, Noise Rock, Postcore, einem kleinen Schuss von Oi! and nur den urzeitlichsten Zutaten des Proto- und Old-Oldschool Metal nach wie vor absolut einmalig in der aktuellen Szene, klanglich durchweg von einem dicken Schleier aus Bandrauschen bedeckt. Yup, das Ding klingt einfach göttlich muss ich sagen!