Grimly Forming & Rolex - Split

Ei­ne sen­sa­tio­nel­le neue Split-LP lie­fert uns end­lich neu­es Ma­te­ri­al von zwei Bands aus Los An­ge­les, die sich von An­fang an je­weils den gän­gi­gen Re­geln und Kon­ven­tio­nen des Hard­core Punk ver­wei­gert ha­ben. Von bei­den hat man, ab­ge­se­hen von je­weils ei­nem halb­ge­ba­cke­nen Pro­mo-Tape in 2022, auch schon län­ger nichts "of­fi­zi­el­les" mehr ge­hört, was die­se Plat­te na­tür­lich um­so er­freu­li­cher macht.

Ro­lex agie­ren hier mit der ge­wohn­ten Wucht in ih­ren un­vor­her­seh­ba­ren und un­glaub­lich er­fin­de­ri­schen Post­co­re-At­ta­cken, die ei­ner­seits Echos jün­ge­rer Bands be­inhal­ten wie z.B. Mys­tic In­a­ne, Big Bop­per, Bran­dy, Laun­cher und frü­he Pat­ti, an­de­rer­seits aber auch klar in der Schuld ste­hen von al­ten Grö­ßen wie et­wa Mi­nu­temen, Dicks and frü­he Sac­cha­ri­ne Trust (de­ren ers­tes Al­bum Sur­vi­ving You, Al­ways ver­dammt noch mal end­lich wie­der­ver­öf­fent­licht ge­hört… ein kri­mi­nell ver­nach­läs­sig­ter Klas­si­ker des frü­hen Post­co­re, sei­ner Zeit um Jah­re vor­aus wenn ihr mich fragt). Da­zu kom­men noch ver­ein­zel­te Spu­ren von Cow­punk und ein kon­stan­ter Lum­py and the Dum­pers-mä­ßi­ger Cha­os-Fak­tor, der hier in ei­ner to­tal ent­gleis­ten Vo­cal-Per­for­mance ge­chan­nelt wird. Das Re­sul­tat ist pu­re Glück­se­lig­keit und lässt kei­nen Zwei­fel dar­an, dass Ro­lex nach wie vor ei­ne un­ver­zicht­ba­re In­sti­tu­ti­on ih­res spe­zi­el­len Sub­gen­res sind.

Die Sei­te von Grim­ly Forming bläst dann zu ei­ner un­gleich ro­he­ren, aber kei­nes­wegs we­ni­ger schlau­en und un­kon­ven­tio­nel­len At­ta­cke auf die Sin­ne, die un­nach­gie­bi­ge Wucht mit reich­lich aus­ge­klü­gel­ten Kon­struk­tio­nen aus­ba­lan­ciert und ei­ner groß­zü­gi­gen Do­sis von ga­ra­gi­gen Un­ter­tö­nen, die je­der­zeit für or­dent­lich Spaß und An­trieb sor­gen.

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Negative Gears - Moraliser

Ne­ga­ti­ve Ge­ars aus Syd­ney ha­ben sich gu­te fünf Jah­re Zeit ge­las­sen mit dem Nach­fol­ger zu ih­rer aus­ge­zeich­ne­ten 2019er EP, auf dem sie sich jetzt in ei­ner noch mal deut­lich dunk­le­ren, eis­kal­ten Vi­si­on prä­sen­tie­ren, ein­ge­hüllt in be­mer­kens­wert ge­reif­te und aus­ge­feil­te Kom­po­si­tio­nen und Ar­ran­ge­ments. Ver­glei­che zu so US-Bands wie den frü­hen In­sti­tu­te, Rank/​Xerox, Cri­mi­nal Code and Nag sind im­mer noch halb­wegs rich­tig, aber ganz be­son­ders mei­ne ich dies­mal ei­ne star­ke See­len­ver­wandt­schaft zu dem in Ber­lin le­ben­den Duo Dead Finks und des­sen Vor­läu­fer, der neu­see­län­di­schen Band Trust Punks zu er­ken­nen. Songs wie Pills und der Ope­ner Ne­ga­ti­ve Gear be­inhal­ten wie­der­um ei­ni­ge der Kenn­zei­chen von ein­schlä­gi­gen bri­ti­schen Haus­num­mern wie Girls In Syn­the­sis und Sie­ve­head, wäh­rend in ru­hi­ge­ren Mo­men­ten wie Ants und Zo­ned durch­aus ei­ni­ges von der Me­lan­cho­lie und Ele­ganz der letz­ten Marb­led Eye- oder Tu­be Al­loys LPs mit­schwingt.

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Rider/​Horse - Matted

Was vor ein paar Jah­ren zu­erst sei­nen Lauf nahm als ein Duo an­ge­führt von Spray Paint's Corey Plump, ist jetzt zu ei­nem vol­len Band-Lin­e­up an­ge­wach­sen und mar­kiert ei­nen wei­te­ren Schritt der New Yor­ker zu ei­ner et­was luf­ti­ge­ren und or­ga­ni­schen Klang­äs­the­tik, die auch mehr noch als die zwei bis­he­ri­gen Plat­ten an Plump's al­te Band er­in­nern, be­son­ders an die elek­tro-las­ti­ge spä­te Pha­se. Da­bei bleibt es aber kei­nes­wegs bei ei­nem fau­len Auf­guss ver­gan­ge­ner Zei­ten, son­dern sein pa­ten­tiert dis­so­nan­tes Gi­tar­ren­spiel ver­mengt sich hier auf ei­ne ein­zig­ar­tig na­tür­li­che Art mit ei­ner Fül­le an so­wohl or­ga­ni­schen als auch elek­tro­ni­schen Sounds zu ei­ner Äs­the­tik, die ei­ner­seits star­ke In­dus­tri­al-Vi­bes ver­sprüht, da­bei aber pa­ra­do­xer­wei­se auch im­mer ei­ne er­staun­lich war­me und ver­spiel­te Qua­li­tät auf­weist.

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Pablo X Broadcasting Services - Running Wild /​ Hunted

Nach der durch­weg be­rau­schen­den De­büt-LP vom letz­ten Som­mer lie­fert der fran­zö­si­sche Psy­che­de­lic-Zau­be­rer Re­my Pa­blo auf die­ser neu­en Sin­gle mehr von der glei­chen über­wäl­ti­gen­den Klang­wa­re, die ganz stur ihr ei­ge­nes Ding durch­zieht aus pul­sie­ren­den Loops und ab­ge­han­ge­nen Dro­nes in den ent­rück­ten Sphä­ren, an de­nen sich Psych- und Space Rock, Post-, Art-. Pro­to- und Ga­ra­ge Punk über­schnei­den mit mehr als nur lei­chen An­klän­gen et­wa an MX-80, Chro­me und Mé­tal Ur­bain.

Gay Cum Daddies - Parrots Realm

Selbst im An­ge­sicht von so ziem­lich al­lem was je­nes lo­se Mu­si­ker-Kol­lek­tiv rund um das New Yor­ker La­bel De­co­he­rence Re­cords bis­lang so ver­bro­chen hat, sta­chen Gay Cum Dad­dies im­mer noch deut­lich her­aus als be­son­ders sprach­los ma­chen­de Bot­schaf­ter des Cha­os und Un­heils. In ge­wis­ser Art und Wei­se ist die neu­es­te LP jetzt auch fast ge­nau das, was man von die­ser Band in­zwi­schen er­war­ten kann, näm­lich ei­nen sper­ri­gen Bas­tard des No Wa­ve-ver­seuch­ten Lärms, der je­doch al­ler chao­ti­schen Ka­ko­pho­nie zum Trotz kei­nes­wegs nach rei­nem Zu­falls­prin­zip klingt. Nein, mehr als je zu­vor er­scheint mir die Band auf die­ser Plat­te je­der­zeit hun­dert­pro­zen­tig in Kon­trol­le ih­rer un­kon­ven­tio­nel­len Klang­kon­struk­te und po­si­tiv nerv­tö­ten­den Jams, die nie­mals auch nur den ge­rings­ten Zwei­fel dar­an auf­kom­men las­sen, dass die­se Ty­pen ei­nen Mas­ter­plan ha­ben. Si­cher, ei­nen sehr selt­sa­men, ver­schlun­ge­nen und ver­schlüs­sel­ten Plan, aber nichts­des­to­trotz ei­nen Plan. Hat man sich erst­mal dar­an ge­wöhnt, kommt es ei­nem vor wie das un­er­hör­tes­te, scho­ckie­rends­te Ding wenn in Rib­bo­ning Bould­er Hands Over Da­ta doch tat­säch­lich mal ein er­kenn­ba­rer 4/4-Takt vor­herrscht, für 30 Se­kun­den oder so…

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Rearranged Face - Far Green Arcade

Nach ei­ner Hand­voll schon au­ßer­ge­wöhn­lich Lau­ne ma­chen­der EPs bleibt die Band aus Los An­ge­les auch auf ih­rem ers­ten Lang­spie­ler ein an­ge­nehm schrä­ges Rät­sel, des­sen häu­fig mi­ni­ma­lis­ti­sche aber im­mer fi­li­gran kon­stru­ier­te Cha­os­at­ta­cken end­los neue Mit­tel und We­ge fin­den, die eta­blier­ten Gen­re-Tro­pes und Kon­ven­tio­nen zu um­ge­hen. Dar­in er­in­nern die mich an ei­nen gan­zen Arsch voll doch sehr un­ter­schied­li­cher Bands in ver­schie­de­nen Mo­men­ten. Was ich aber klar sa­gen kann ist, dass das hier ei­nen ähn­li­chen krea­ti­ven Geist ver­sprüht zu so Ver­tre­tern der hy­per­ak­ti­ven Ab­len­kung wie et­wa Rea­li­ty Group, Pat­ti, Skull Cult, R.M.F.C., Big Bop­per, frü­he Ura­ni­um Club, Print Head, Subt­le Turn­hips, Shark Toys, Pres­su­re Pin und Me­al.

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Shop Regulars - Shop Regulars

Ich fand es ein biss­chen schwie­rig, mich für die letz­ten paar von den zu­neh­mend bruch­stück­haf­ten, un­ge­zü­gelt jam­mi­gen EPs die­ser Band aus Port­land rund um Ho­ney Bu­cket-Front­mann Matt Ra­do­se­vich zu er­wär­men. Mit ih­rer ers­ten rich­ti­gen LP-Ver­öf­fent­li­chung mei­nen sie es aber ganz of­fen­sicht­lich ernst und kom­men mit ih­rem fo­kus­sier­tes­ten Bro­cken Mu­sik seit ei­ner gan­zen Wei­le da­her. We­ni­ger ist mehr scheint hier die De­vi­se zu lau­ten und bricht sich Bahn in fünf aus­ufern­den, glei­cher­ma­ßen mo­no­to­nen und ver­spiel­ten (na­he­zu-) Ein-Ak­kord-Wun­dern, in de­nen an Stel­le von Me­lo­dien die Tex­tu­ren und Rhyth­men als tra­gen­de Ele­men­te her­hal­ten müs­sen. In der Tat ist das ge­nau die Art von Mi­ni­ma­lis­mus, die frü­he The Fall im di­rek­ten Ver­gleich wie Pro­gres­si­ve Rock wir­ken las­sen. Pa­ra­do­xer­wei­se für ei­ne Plat­te, die sich so we­nig um her­kömm­li­che Vor­stel­lun­gen dar­über schert was ei­nen "Song" aus­macht, hat das gan­ze ei­nen durch­weg un­er­war­tet po­si­ti­ven Vi­be in den ver­mut­lich be­schwing­tes­ten drei­ßig Mi­nu­ten abs­trakt-ex­pe­ri­men­tel­ler Art Punk-Klang­kunst, die wir die­sen Som­mer zu hö­ren be­kom­men.

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Luxury Apartments - Luxury Apartments

Das ist ja mal 'ne be­ein­dru­cken­de De­büt-LP von die­ser Lon­do­ner Band, die of­fen­bar schon ei­ni­ge Jah­re ak­tiv ist aber sich reich­lich Zeit da­mit ge­las­sen hat, ihr Schaf­fen auf ei­nem Lang­spie­ler zu prä­sen­tie­ren. Vom ers­ten Mo­ment an hat das so ei­nen Vi­be von Sac­cha­ri­ne Trust mit ei­ner Pri­se Flip­per da­zu. Out­su­de Loo­king In ent­fal­tet sich et­wa so als wür­de ein ver­lo­re­ner Wire-Song mit Vol­ca­no Suns und Mis­si­on Of Bur­ma kol­li­die­ren, so­wie mit jün­ge­ren Krea­tio­nen von In­sti­tu­te, Peace de Ré­sis­tance. Ani­mals Eat For Free emu­liert zu Be­ginn vor­wie­gend The Fall der '80er Jah­re, nimmt dann aber ei­ne un­er­war­tet me­lo­di­sche Wen­dung im Cho­rus. Und so ähn­lich geht es wei­ter in die­ser so ek­lek­ti­zis­ti­schen wie auch ge­schmack­vol­len Schatz­kam­mer aus Ideen und Ein­flüs­sen, zu de­nen ich des­wei­te­ren so Bands X (AUS), Mem­bra­nes, Crava­ts, Fun­gus Brains, die frü­hen, noch nicht so stark Dub-ge­tränk­ten Swell Maps und noch vie­le wei­te­re Grö­ßen des DIY Post Punks zäh­len wür­de. Eben­so lie­ßen sich hier ak­tu­el­le­re Bands nen­nen wie Shark Toys, The Cow­boy, So­cie­ty, frü­he­re Slee­pies, die Weir­do-Fran­zo­sen Subt­le Turn­hips oder an­de­re Lon­do­ner Bands wie das Ga­ra­ge-Boll­werk der 2010er Jah­re, Sau­na Youth oder viel­leicht auch Ten­se Men, de­ren nach­träg­lich in 2018 ver­öf­fent­lich­ter Schwa­nen­ge­sang kla­re Ähn­lich­kei­ten auf­weist. Da ist ein­fach kein Platz für Lan­ge­wei­le zwi­schen den end­lo­sen Blitz­schlä­gen aus frei­dre­hen­der In­spi­ra­ti­on und Krea­ti­vi­tät.

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Plexi Stad - Siren Dance

Nach­dem ih­re durch­aus schon star­ke De­büt-EP die Band aus Ant­wer­pen noch stär­ker aus ei­nem ga­ra­gi­gen Win­kel prä­sen­tier­te, springt der Nach­fol­ger kopf­über in ei­ne Post Punk-Äs­the­tik, die sich klar ei­ni­ges bei Ja­mes Chan­ce und dem fun­ky En­de des al­ten No Wa­ve-Spek­trums ab­ge­schnit­ten hat. Glei­cher­ma­ßen lässt sich aber auch ei­ne kla­re Ver­wandt­schaft zur ak­tu­el­len Ber­li­ner Sze­ne fest­stel­len, ins­be­son­de­re zu so Bands wie Pi­ge­on und Li­iek. Ich den­ke es ist dann auch über­haupt kein Zu­fall, dass der Krem­pel als 7" beim Ber­li­ner Spe­zia­lis­ten Man­gel Re­cords er­schie­nen ist.

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DBR - DBR

Das Ber­li­ner Post Punk-So­lo­pro­jekt DBR ist jetzt schon ei­ne gan­ze Wei­le un­ter­wegs und hat bis­lang ei­ne Lang­spiel­kas­set­te und ein gan­zes Bün­del an EPs ver­öf­fent­licht, zu­erst un­ter dem Na­men Dee Bee Rich, auf spä­te­ren Re­leases dann zu DBR ab­ge­kürzt. Die neu­es­te, auf Tur­bo Dis­cos er­schie­ne­ne Kas­set­te ist da­bei mal ganz lo­cker Dee Bees an­spre­chends­tes und viel­fäl­tigs­tes Werk seit ei­ner gan­zen Wei­le, auf dem er die mi­ni­ma­lis­tisch-klein­lau­te Äs­the­tik, in die sich sein Sound gra­du­ell hin­ein­ent­wi­ckelt hat, mit ei­nem aus­ge­präg­ten Sinn für Me­lo­die und Ele­ganz aus­stat­tet, da­bei aber wei­ter­hin durch­weg ver­spielt bis ver­spult rü­ber­kommt.

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