Proto-Protomartyr? Könnte so hinkommen, denn über weite Strecken klingt diese EP der New Yorker Giggly Boys etwas nach einer garagig-primitiven, weniger ausformulierten Version der erwähnten Postpunker aus Detroit. Ebenfalls mit an Bord: eine ausgeprägte Vorliebe für psychedelische Drones á la Disappears oder Destruction Unit, bezüglich letzterer jedoch eher wie eine entspannt-bekiffte Abart davon.
"Klingt genau wie früher" würden einfach gestrickte oder zynisch veranlagte Zeitgenossen zu dem sagen, was Dead Soft aus Vancouver hier veranstalten. Und ja, von den ersten Sekunden an drängen sich einem frühe Weezer und die surflastigeren Momente der Pixies als allzu offensichtliche Referenzen auf. Auch an frühe Foo Fighters kann man sich mal erinnert fühlen und die bisweilen seltsam langgezogenen Vocals rufen mir Mineral ins Gedächtnis. Klassich Indierockiger geht's wohl kaum.
Durch diese Aura des Vertrauten sollte man sich aber nicht davon ablenken lassen, mit was für einer Hammerplatte wir es hier zu tun haben. Nicht nur halten die neun Songs ein irrsinnig hohes Niveau und könnten selbst neben den Albumklassikern der genannten Bands problemlos bestehen. In der zweiten Halbzeit werden dann die zu Beginn noch recht subtilen Abgründe tiefer, die Atmosphäre düsterer und das Albumartwork macht plötzlich 'ne Menge Sinn. Konstant bleibt dabei aber das ungeheure Gespür für Melodien und eindringliche Hooks. Das ist in etwa die Platte, die man sich zuletzt von Surfer Blood gewünscht hätte. Und da die zu Beginn erwähnten Indie-Ikonen ja schon länger mit der Sabotage ihrer eigenen Legende beschäftigt sind, ist das hier ein mehr als willkommenes Lebenszeichen für den melodischen Indierock.
The Man kommen wohl aus Chicago, ansonsten herrscht hier eine etwas maue Informationslage. Die Musik hat's aber faustdick hinter den Ohren, dieses wild vorwärts pumpende Gedöns aus Garagenpunk und Noiserock.
Garagenpunk aus Orlando, dessen Herkunft ich jetzt mal eher irgendwo in Australien vermutet hätte. Erinnert doch stark an die Obits, als wenn jene ihrem Fabile für besagten Aussie-Protopunk á la Saints und diverses anderes 77er-Zeugs etwas freieren lauf gelassen hätten. Das lutscht nicht, das tritt ganz gewaltig Ärsche. Checkt auf der Bandcamp-Seite auch unbedingt die noch etwas dreckiger produzierteren 7"s aus!
Wunderbar abartiger Noisepunk aus St. Louis. Wie der Titel schon andeutet, handelt es sich hier um eine Compilation ihrer bisherigen Singles & Demos, die seit 2012 erschienen sind. Der Mann (daran besteht kein Zweifel) auf dem Cover gibt die Marschrichtung schon ganz gut vor. Das ist so unglaublich primitiv, ranzig und geil, das kann problemlos mit den assigen Krachattacken von Soupcans, Vulture Shit oder Strange Attractor mithalten. Und das ist wohl erst der Anfang…
…und sogleich kommt mir das nächste kleine Garagenrockwunder über den Weg gelaufen. Shit Box Jimmy kommen aus Cleveland, Ohio und spielen eine mal abgehangen bluesige, mal ausgeprägt powerpoppige Variante. Dabei vermögen sie es zwischendurch durch schon mal frühe Wire zu Channeln, oder auch Dead Moon, deren alten Gassenhauer "Walking On My Grave" sie noch einmal zum besten geben.
Die Platte ist mir im letzten Winter irgendwie durch die Lappen gegangen. Law$uits sind eine New Yorker Noiserock/Postcore-Band, die aber eher nach Washington klingt. Sie greifen nämlich ziemlich tief in die Dischord-Trickkiste und erinnern damit an alte Haudegen wie Bluetip oder Jawbox, verbunden mit dem gewissen Chaos von Rites of Spring oder Nation of Ulysses. Aber auch zu verwandtem Zeug wie Drive Like Jehu oder den Noiserockern Tar darf man Bezüge herstellen.
Wenig spezielles zu sagen über diese Platte. Ist halt Garagenrock. Aber solcher, der bei bei mir genau die richtigen Nerven trifft um kurzzeitig den störenden Verstand zu unterdrücken. Traditionelle Blueslicks. Fuzz in Sechserpack. Stupide vorwärts stampfende Rythmen. Fiese Pophooks. Und der entscheidende Funke Wahnsinn, der so häufig die okayen von den herausragenden Genrebeiträgen unterscheidet.
Auf der aktuellen Platte dieser Band aus Tucson, Arizona treffen sich einige sehr verschiendene musikalische Stränge auf unwahrscheinliche Art und Weise. Da wäre auf einer Seite der unkontrollierte Garagenrock von Bands wie Yuppies, Ex-Cult oder Parquet Courts, ebenso wie etwas antiquiert wirkende VU-/Strokes-ismen. Auf der anderen Seite des Spektrums wäre dann die populäre Gratwanderung zwischen Indierock und Postpunk/-core wie sie etwa von Die! Die! Die!, Les Savy Fav oder Popstrangers repräsentiert wird. Der Melodische Psych-Powerpop ihrer Stadtnachbarn Resonars hinterlässt auch Spuren, ebenso wie der melancholische Surf-Twang von Crystal Stilts oder Fresh and Onlys. Zu guter letzt kommt dann noch eine kleine Dosis Psychgedröne á la Disappears dazu.
An Abwechslung mangelt es also wahrlich nicht. Es spricht sehr für die Qualitäten der Band, dass die Jungs sich inmitten dieser Fülle von Einflüssen nicht total verzetteln und auch nicht abgedroschen klingen, angesichts der teilweise bereits zu Tode erprobten Zutaten.
Eine kompakte Wucht schlägt einem auf der 45er dieser Schweden entgegen. Kann man in der Nähe ihrer Landsleute Holograms einordnen, und damit soundmäßig natürlich auch nicht weit weg von den kopenhagener Überfliegern Lower und Iceage, gekoppelt mit dem Punch und der Eingängigkeit der Eagulls. Aber weit entfernt davon, eine blutarme Kopie der genannten zu sein. Das Niveau der zwei Songs zieht mir glatt die Socken aus. Unbedingt im Auge behalten!