Die aktuelle EP von so 'nem Typen aus Chicago liefert uns viereinhalb kurze aber wirkungsvolle Farbenspiele aus unverschämt über die Distortion-Klippe geschubster krautig-spacerockender Psychedelic-Garage-Fuzz-Ekstase. So etwa Destruction Unit treffen auf Chrome, Draggs kollidieren mit Dr. Mix & The Remix.
Hinter dem Alias Contributors verbirgt sich die Kollaboration von einer alteingesessenen Szenegröße und einer weitaus jüngeren Underground-Hausnummer; beide haben einen unermüdlichen Output, den Hang zum Experiment und eine vollkommene Gleichgültigkeit gegenüber den Launen und Trends der gegenwärtigen Musikszene gemeinsam. Und doch könnten sie unterschiedlicher kaum sein. Dabei ist es erstaunlich, wie gut sie sich auf dieser Platte ergänzen.
Also Katze aus dem Sack: Es handelt sich um die Garageninstitution Dan Melchior, der aktuell mit seiner Band Das Menace unterwegs ist und um die Texanische Experimental-, Noise- und Postpunk-Formation Spray Paint, die an Beobachtern dieses Blogs und genrell an Freunden des etwas abseitigeren Lärms sicher nicht vorbei gegangen ist. Die sechs ausufernden Songs auf Contributors weisen einen ausgeprägten Jam-Charakter auf und in der Tat entstand diese Musik spontan im Laufe einer einwöchigen Aufnahmesession.
Auf Songebene klingt das immer erstaunlich homogen, aber man kann auch ziemlich gut ausmachen, wessen Songideen wann das musikalische Fundament bilden. Das Album ist offensichtlich zweigeteilt. In der ersten Hälfte dominiert der Klangteppich aus minimalistischen, repetitiven Grooves, Drones und Quasi-Loops, so wie die sich auch auf den vergangenen Spray Paint-Platten wiederfinden. In Verbindung mit Dan Melchiors markanter Fuzz-Gitarre und seinem unaufgeregtem Gesang bekommt das Ganze aber auch einen sehr krautigen, Neu!sigen Vibe verpasst.
In der zweiten Hälfte drehen sich die Verhältnisse dann spürbar um. Hier dominieren Melchiors Gitarrenspiel und ausgesprochen bluesige Songfundamente, die eigentlich nur aus seiner Feder stammen können. Jetzt ist es an Spray Paint, die Lücken auszufüllen. Und auch das muss man als durchweg gelungen bezeichnen. Selten erlebt man es, dass zwei derart gegensätzliche Acts sich selbst absolut treu bleiben und dennoch eine so tadellos funktionierende Symbiose eingehen.
Die Debüt-EP von Ounce aus Auckland, Neuseeland weckt das sofortige Bedürfnis, mehr von dieser Band zu hören. Denn was sie in diesen zwei Songs fabrizieren ist einfach mal ein verdammt geiler und ausgefuchster Garage/Psychedelic-Hybrid, den man so eher von der Kalifornischen Dwyer-Connection erwartet hätte. Satan II setzt sich dabei mit einem unverschämt gemeinen Groove in den Synapsen fest, der dem Songtitel durchaus gerecht wird. Dead Mirror geht dann etwas leichtfüßiger zur Sache, behält aber die chirurgische Präzision der Darbietung aufrecht und bezaubert nicht zuletzt aufgrund des hochdisziplinierten Drummings, dem man einen gewissen Jaki Liebezeit-Vibe nicht absprechen kann.
Wer dieses Blog schon etwas länger verfolgt, dem sind die Postpunker aus Leeds hier sicher schon mal mit ihren ersten zwei EPs begegnet. Ihr erstes Album Dissemble hab ich seinerzeit dann mal ausgelassen. Das war keineswegs schlecht, aber meinen Erwartungen wurde das auch nicht gerecht; für meinen Geschmack war das alles etwas zu nah am "sicheren" aber unbemerkenswerten Genre-Standardfraß gebaut.
Ihre zweite LP The Moral Crossing ist im Vergleich eine viel, viel stärkere Platte. Wenn auch eine von der Sorte, der ich mehr Respekt als Liebe entgegen zu bringen vermag. Ein zu Beginn sorgfältig konstruiertes, atmosphärisch dichtes Werk, das einen beachtlichen Sog entwickelt, in der zweiten Hälfte aber auch zunehmende Abnutzungserscheinungen zeigt. Dennoch, alleine schon der Mittelteil mit den Übersongs Future / The Moral Crossing / Torment, die sich als der emotionale Kern des Albums herausschälen, ist eine beachtliche Leistung.
Mehr als je zuvor schöpfen Autobahn ihre Inspiration aus klassischem 80er Goth. Wer mit einem gewissen Maß an Pathos und Kitsch nicht klar kommt, wird sich mit dieser Musik schwer tun. Die Songs können diesen Ballast größtenteils aber auch problemlos tragen. Ausbalanciert wird das ganze dann aber von den hypnotischen Kraut- und Psychedelic-Anleihen, die irgendwie auch schon immer Teil ihres Sounds waren, aber hier erstmals vermehrt ins Zentrum rücken. Manchmal bewegen sich die Songs gefährlich nah an der Schwelle zum Alternative Rock, ohne mich dabei allzu sehr anzupissen.
Neben der neuen Protomartyr ist The Moral Crossing wohl die zweite diesjährige Postpunk-Veröffentlichung mit stark Genre-übergreifendem Appeal. Mal abwarten was jetzt passiert. Nicht viel, vermutlich.
…und gleich noch mal sehr psychedelisches Geschwurbel. Abschaum kommen aus Lyon und das Kraut-/Psychedelic-Süppchen, dass sie auf ihrem aktuellen Album kreieren, ist einfach mal saugutes, stilsicheres Zeug, dass sich zwar einerseits nicht allzu sehr aus dem Genre-Fenster lehnt, andererseits aber auch nie langweilig wird. Da gibt's nicht viel dran zu rütteln.
Bei dem Psychgaze-Quintett aus Melbourne ticken die Uhren fraglos etwas langsamer, hat die Band soeben doch mit ach und krach noch die Deadline gekriegt, um ihr drittes Album innerhalb eines Jahrzehnts zu veröffentlichen. Das passt aber auch perfekt zu ihrer Musik, die sich gerne sehr viel Zeit lässt, um nicht zu sagen: Meine Geduld strapaziert. Aber es lohnt sich, bei der Sache zu bleiben.
In ihrer Heimat schon lange eine Hausnummer (ihre ersten beiden Alben waren jeweils für den Australian Music Prize nomimiert…), wurden die fünf Musikerinnen anlässlich ihres zweiten Albums im Sommer 2013 auch international im etwas größeren Rahmen bemerkt. Die Beteiligung von Neu!-Veteran Michael Rother, der die Platte nicht nur produzierte, sondern auch die eine oder andere Gitarrenspur beisteuerte, hat sicher auch etwas dazu beigetragen.
Jetzt melden sich Beaches also mit ihrem dritten Langspieler zurück und überzeugen auch ohne einschlägiges Namedropping mit einem monumentalen, ausufernden Brocken von einem Album. Und ohne Frage sind 75 Minuten Musik schon ganz schön viel des Guten. Zumindest in der mir vorliegenden digitalen Form hätte es der Platte durchaus gut getan, die Laufzeit mal um ein grobes Drittel herunter zu stutzen.
Denke ich aber an die Veröffentlichungsform als Doppel-LP, für welche diese Tracklist ganz offensichtlich gedacht ist, ergibt das Ganze schon etwas mehr Sinn in Form von vier lose gekoppelten Suiten. In der ersten Hälfte dominieren dabei ganz klar die stärker psychedelisch-spacigen Klänge (für mich der "schwierigere" Teil des Albums), während sich der zweite Teil etwas sonniger gibt mit einem stärkeren Shoegaze- und Dreampop-Anteil, um dann in einem kosmisch-krautigen Jam als Rausschmeißer zu münden. Wenn ihr euch also nicht sicher seid: Schallplatte ist hier das Mittel der Wahl. Das muss auch ein überzeugter Digitalmensch wie ich anerkennen. Und trotz aller Längen, die sich beim Genuss an einem Stück ergeben: Wenn Beaches in der Zone sind, dann so richtig. Und unbestreitbar an vorderster Front in ihrem Genre-Spektrum.
Der Sound dieser Band aus Nashville ließ sich schon immer etwas schwer festnageln und auch auf ihrer aktuellen EP geben zeigen sich weiterhin sehr wandlungsfähig, aber auch deutlich gereift. Der Opener Me and Johnny tobt sich auf einer Basis von psychedelischem Postpunk aus, angereichert um Elemente aus Kraut, Space- und Mathrock; die garagige Kante haben sie sich dabei bewahrt. The Big Kahuna hat dann einen gewissen Velvet Underground-meets-Modern Lovers-meets-Gun Club Vibe; zum Abschluss geht es dann noch mal ordentlich abgespaced zu.
Diese Compilation versammelt drei im Laufe der letzten vier Jahre erschienene EPs der Band aus Helsinki. Und was ich da höre tritt gewaltig Popo. Wem Cloud Nothings, Terry Malts, Wavves oder Japandroids in letzter Zeit zu lasch geworden sind, wem auch ein Ersatz mit eingebauter Sprachbarriere in den Kakao passt, wer sich außerdem mit krautigen bis psychedelischen Tendenzen und Einflüssen á la The Men in der Leave Home und Open Your Heart-Phase anfreunden mag, der wird an dieser Platte reichlich Spaß haben. Hammer!
Klaut sind ein expelimenterres Noise- und Klautlock-Korrektiv (sorry, aber das ging jetzt ja mal echt nicht anders) aus dem britischen Warrington und diese EP zieht mich sofort in ihren Bann mit drei zum großen Teil improvisierten Jams, die sich auf einem schön kantig-oldschooligen Indierock-Fundament austoben und dabei eine erstaunlich beschwingte Energie versprühen. Psychedelisches Gedöns für unbeschwerte Momente.
Die neueste Split 7" der LAMC-Serie widmet sich diesmal zwei Soloprojekten von Leuten, deren Hauptbands den meisten hier sicher schon lange bekannt sind.
Bei Damaged Bug handelt es sich um ein Projekt von John Dwyer, den man besser als Frontmann der Oh Sees kennt. Mancher hat sicher sein kürzlich veröffentlichtes Album Bunker Funk bemerkt. Hier gibt es schön vor sich her groovenden Psychedelic Rock mit Krauteinflüssen zu hören, musikalisch nicht weit von besagtem Album entfernt.
Bei Black Pus geht es dann eine ganze Nummer lauter zu. Auch kein Wunder, handelt es sich doch um ein Soloprojekt von Brian Chippendale, dem Schlagzeuger der experimentellen Noise-Formation Lightning Bolt. Wer sein letztes Album All My Relations mitbekommen hat, weiß was ihn erwartet. Nämlich teilelektronischer Noise, stoisch angetrieben von Chippendales kraftvollem, hier ultra-dreckig und verzerrt wiedergegebenem Drumming.