Gustave Tiger - At The Idyll's End

gustave tiger
Die letz­tes Jahr er­schie­ne­ne EP Mit­an­ni Ma­res die­ser Ka­pel­le aus Bu­da­pest ließ ja schon ge­spannt auf­hor­chen, aber je­nes klei­ne Be­ben konn­te mich in keins­ter Wei­se vor­be­rei­ten auf die­sen Erd­rutsch von ei­nem at­mo­sphä­risch dich­ten Al­bum. Oh­ne Scheiß, beim ers­ten Hör­durch­gang fiel mir von den ers­ten Tak­ten an die Kinn­la­de mal so­was von auf den Bo­den. Und ich bin wirk­lich nicht mehr so leicht zu be­ein­dru­cken.

Es ist ein Al­bum der schein­ba­ren Wi­der­sprü­che. Se­mi-sin­fo­ni­sche Chor­ge­sän­ge und new-agi­ges Ge­schwur­bel tref­fen auf Blast­beats, Noi­se­at­ta­cken und selbst für ei­nen über­ra­schen­den Blä­ser­ein­satz ist hier Platz. Über wei­te Stre­cken zieht sich ein ge­wis­ser Go­thic-Vi­be durch die Songs, aber auch ein Psy­che­de­li­sches Blues­riff kann da mal als Songfun­da­ment her­hal­ten. An je­der Ecke pas­siert hier ir­gend et­was span­nen­des, aber nicht nur das. Am En­de hat das auf Al­bum­län­ge al­les Hand und Fuß. Selbst in den kon­ven­tio­nel­le­ren Mo­men­ten kön­nen sie mit drü­cken­dem Post­co­re über­zeu­gen, der stel­len­wei­se et­was an White Lung er­in­nert. Au­ßer­dem durch­zieht das gan­ze Al­bum ei­ne un­glaub­lich trau­ri­ge wie auch epi­sche At­mo­sphä­re, ei­ne sur­rea­le An­ders­welt­lich­keit wie ich sie schon lan­ge nicht mehr ge­hört ha­be, erst recht nicht auf ei­ner Art Pun­k­al­bum.

Gust­ave Ti­ger ha­ben hier ein ziem­lich un­ver­gleich­li­ches Stück Mu­sik er­schaf­fen und man kann nur hof­fen, dass sie da­mit auch au­ßer­halb der un­ga­ri­schen Lan­des­gren­zen die Be­ach­tung be­kom­men, die sie sich red­lich ver­dient ha­ben. Ich bin da mal ver­hal­ten op­ti­mis­tisch.

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The Two Koreas - LP Winner EP

The Two Koreas
The Two Ko­re­as aus To­ron­to hau­en ei­ne sehr stim­mi­ge EP raus, die im bes­ten Sinn­ne an In­die­rock-, Noi­se und Post­pun­k/-co­re Klas­si­ker der spä­ten 80er/​frühen 90er er­in­nert, in den ers­ten drei Songs vor al­lem an So­nic Youth und The Fall, aber auch an Les Sa­vy Fav oder die bri­ti­schen Art­pun­ker Ika­ra Colt. Der Raus­schmei­ßer klingt dann eher so als hät­te man die re­lax­te Me­lo­die­selig­keit von Pa­ve­ment mit den un­ge­stü­men Krach­at­ta­cken frü­her Di­no­saur Jr. in ei­nen Topf ge­wor­fen.

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Wrong Body - BIG

wrong body
Her­vor­ra­gen­des De­büt­al­bum der Bos­to­ner. Das ist m.E. ei­ne der aus­ge­reif­tes­ten Ver­öf­fent­li­chun­gen aus die­sem Gen­re-Um­feld seit län­ge­rem. Zen­trum des gan­zen ist ganz klar der Sound der Di­sch­ord­ma­fia Mit­te bis En­de der 90er, ins­be­son­de­re Blue­tip schei­nen hier sehr stark durch. Aber auch der grad­li­ni­ge In­die­rock et­wa von Su­perch­unk oder die ver­spielt­heit von The Dis­mem­ber­ment Plan kann man aus­ma­chen. Manch­mal gibt es ein Riff oder ei­ne Me­lo­die zu ver­or­ten, die den spä­ten Sound­gar­den (igno­rie­ren wir da­bei mal die Re­uni­on) nicht so fern lä­ge. Und auch für ein paar akus­ti­sche Ru­he­po­le ist Platz, die dank ih­rer Song­wri­ting-Qua­li­tä­ten ge­nau so zu über­zeu­gen wis­sen wie die trei­ben­de­ren Num­mern.

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Constant Lovers - Experience Feelings

constant lovers
Ok, das ist es al­so. Das zwei­te Al­bum der Noi­ser­o­cker aus Se­at­tle, de­ren Erst­ling ich hier zu­letzt ja schon mal im Pro­gramm hat­te. Und was hat sich groß ver­än­dert? Nun, ich wür­de sa­gen, dass der auf dem De­büt noch eher la­ten­te Di­sch­ord-Ein­schlag hier viel stär­ker zur Gel­tung kommt; der Post­co­re tritt dies­mal deut­lich in den Vor­der­grund ge­gen­über den nach wie vor vor­han­de­nen Noi­se- und Math-Ein­flüs­sen. Und sie ge­hen um ei­ni­ges fo­kus­sier­ter vor, bün­deln die En­er­gie ef­fek­ti­ver und tref­fen dann ge­nau im rich­ti­gen Mo­ment mit vol­ler Wucht. Die schlich­te aber druck­vol­le Pro­duk­ti­on fängt die­se neu ge­won­ne­ne Dy­na­mik her­vor­ra­gend ein. Er­in­nert mich häu­fig an ei­ne et­was bra­chia­le­re Ver­si­on von Q and not U. Ins­ge­samt klingt die Plat­te deut­lich selbst­be­wus­ter, auf den ers­ten Blick viel­leicht auch et­was Kon­ven­tio­nel­ler, gleich­zei­tig je­doch nicht we­ni­ger ver­spielt als ihr Vor­gän­ger. Nur halt et­was auf­ge­räum­ter.

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Rollercoaster Kills - Evil Debt

rollercoaster kills
Rol­ler­co­as­ter Kills sind ein Trio aus Ma­drid. Ihr fri­sches­ter Out­put schlägt ganz mü­he­los die Brü­cke zwi­schen dem me­lo­di­schen Punk- und In­die­rock der mitt­neun­zi­ger, Post­co­re, Ga­ra­gen­punk und al­tem Emo­co­re-Ge­döns. Klingt hier und da mal et­was nach Wi­pers, ein paar Schrit­te wei­ter schie­len dann klas­si­sche So­nic Youth-Gi­tar­ren um die Ecke und wenn sie so rich­tig Gas ge­ben fühlt man sich an­ge­nehm an Hot Sna­kes oder Dri­ve Li­ke Je­hu er­in­nert.

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New Alaska - The Memoir Sings

new alaska
Die­se EP der Jungs aus dem eng­li­schen Stour­bridge fühlt sich an wie ein Kurz­trip durch al­les was Post­co­re in sei­ner krea­ti­ven Blü­te­zeit, die m.E. in den frü­hen Nuller­jah­ren vor­bei war, so groß­ar­tig ge­macht hat. Die Plat­te er­in­nert mich in ver­schie­de­nen Mo­men­ten im­mer wie­der an ganz un­ter­schied­li­che Lieb­lings­bands, die mich in mei­nen Teen­ager- und jun­gen Er­wach­se­nen­jah­ren ge­prägt ha­ben. Da ist der be­sag­te Post­co­re von Di­sch­ord-Bands á la Ri­tes of Spring , Blue­tip oder Jaw­box. Oder der trei­ben­de Ga­ra­gen­co­re der Hot Sna­kes, Dri­ve Li­ke Je­hu na­tür­lich auch. Au­ßer­dem noch mit an Bord sind sub­ti­le An­klän­ge an da­ma­li­ge Noi­se­r­ock- und Math­co­re Bands wie The Je­sus Li­zard, Shel­lac oder Cha­vez. Al­les in al­lem ei­ne will­kom­me­ne Bri­se fri­scher Luft in ei­nem Gen­re, das der­zeit zum über­wie­gen­den Teil ein­fach nur mü­de klingt und so ein­ge­fah­ren und ein­nfalls­los vor sich hin düm­pelt wie schon lan­ge nicht mehr.

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Pile - Special Snowflakes /​ Mama's Lipstick 7"

pile
Die­se 45er Fris­bee­schei­be ist bei wei­tem mei­ne am sehn­lichs­ten er­war­te­te Ver­öf­fent­li­chung des noch jun­gen Jah­res. Ihr 2012er Al­bum Drip­ping, auf dem die Bos­to­ner ih­ren leicht grung­i­gen In­die-/Noi­se­r­ock um aus­ge­präg­te Post­co­re-Ele­men­te á la spä­te Fu­ga­zi oder die sträf­lich un­be­ach­te­ten Fa­raquet er­wei­ter­te, zeig­te ei­ne Band die sich selbst ge­fun­den hat und da­bei noch am­bi­tio­nier­te und schlaue Song­kon­struk­te aus dem Är­mel schüt­tel­te als wür­den sie sich so­was mor­gens auf's Brot schmie­ren.
Auf ih­rem neu­es­ten Out­put stre­cken sie sich noch deut­lich wei­ter aus und stram­peln sich end­gül­tig frei von jeg­li­chen Ver­glei­chen, sie klin­gen mehr als je zu­vor nach sich selbst. Das gan­ze be­wegt sich wie­der­rum zu­neh­mend weg vom Post­co­re hin zu aus­ufern­den, ge­ra­de­zu pro­gres­si­ven Song­struk­tu­ren, aber kei­ne Angst, hier gibt es kein selbst­ver­lieb­tes Hip­pie­geg­nie­del zu hö­ren. Son­dern zwei per­fekt aus­for­mu­lier­te Kom­po­si­tio­nen, die zu­sam­men die epischs­ten und doch ab­so­lut bo­den­stän­di­gen zehn Mi­nu­ten In­die­rock er­ge­ben, die man in der ak­tu­el­len Mu­sik­land­schaft hö­ren wird.
Wenn sie die­ses Ni­veau bald noch auf ei­nem Lang­spie­ler hal­ten kön­nen, er­war­te ich nicht we­ni­ger als ei­nen hand­fes­ten Klas­si­ker. Bis da­hin schrei­ben an­de­re Bands schon mal Kon­zept-EPs über sie.
Klei­ner Hin­weis für al­le, die vor den ab­surd ho­hen Por­to­ge­büh­ren für die Schei­be zu­rück­schre­cken: Man kann die bei­den Songs auf der Band­camp-Sei­te ein­zeln als Down­load er­wer­ben, auch wenn's den Kom­plett­down­load nur im Bund­le mit der 7" gibt.

Constant Lovers - True Romance

constant lovers
Wie­der mal so ei­ne Ent­de­ckung, die schon et­was Zeit auf'm Bu­ckel hat und auf die ich erst jetzt ge­sto­ßen bin. Kein Wun­der, denn so rich­tig Wind drum ge­macht hat seit­dem auch nie­mand, die selbst­ver­öf­fent­lich­te Plat­te scheint sich fast voll­kom­men un­ter dem Ra­dar der Me­di­en be­wegt zu ha­ben. Noch die­sen Mo­nat soll das neue Al­bum der Band aus Se­at­tle er­schei­nen, bis da­hin be­gnü­gen wir uns mal mit die­ser tol­len hal­ben Stun­de Noi­se Rock mit leich­ten old­schoo­li­gen Post- und Math­co­re-Ein­flüsen, die man viel­leicht als ei­ne et­was zu­gäng­li­che­re Mi­schung aus The Je­sus Li­zard und frü­hen Shel­lec mit ei­ner leich­ten Di­sch­ord-No­te be­schrei­ben könn­te. Bin ge­spannt auf mehr.

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Dasher - Go Rambo 7"

dasher3
Die Noi­se­pun­ker aus At­lan­ta und ih­re De­büt-EP Ye­ah, I Know hat­te ich ja schon letz­tes Wo­chen­en­de im Pro­gramm. Jetzt gibt uns das Trio ein klei­nes Up­date in Form ei­ner neu­en Sie­ben­zoll­dreh­schei­be. Ent­hält ei­nen neu­en Song und ei­ne noch­mal deut­lich trei­ben­de­re Neu­auf­nah­me des schon auf der EP ent­hal­te­nen Time Flies.

*edit*
Die Plat­te ist wie­der von Band­camp ver­schwun­den. Mys­te­ri­ös, mys­te­ri­ös. Mal ab­war­ten ob sie ir­gend­wann wie­der auf­taucht…

Creative Adult - Psychic Mess

creative adult
Die schon seit ge­rau­mer Zeit um sich grei­fen­de Wel­le düs­te­ren und - mal mehr, mal we­ni­ger - kom­pro­miss­lo­sen Post­punks scheint sich ein­fach nicht tot zu lau­fen. Klar gibt's auch 'ne Men­ge un­in­spi­rier­ter Drecks­ver­öf­fent­li­chun­gen zu er­tra­gen, aber es ist doch er­staun­lich mit welch ho­her Fre­quenz der­zeit im­mer wie­der neue Bands auf­tau­chen, die das Gen­re wie­der um ei­ne oft sub­ti­le, aber sehr ei­ge­ne Ge­schmacks­no­te be­rei­chern.
Die Mit­glie­der von Crea­ti­ve Adult aus San Fran­cis­co kom­men ur­sprüng­lich eher aus der Hard­core-Ecke, auf ih­rem De­büt­al­bum ha­ben sie sich sound­mä­ßig aber größ­ten­teils da­von frei­ge­stram­pelt. Es ist oh­ne Fra­ge ei­ne der ei­gen­stän­digs­ten Plat­ten aus dem Gen­re-Um­feld, von ei­ner Band, die - sehr sym­pa­thisch - of­fen­sicht­lich zu kei­ner­lei Kom­pro­mis­sen be­reit ist. Die Plat­te ist schon ein ganz schö­ner Bro­cken mit ei­ner für sol­chen Lärm end­los er­schei­nen­den Spiel­zeit von über 40 Mi­nu­ten, aber un­ter der rau­hen Ober­flä­che ver­ber­gen sich ton­nen­wei­se klei­ne Hooks, Me­lo­dien und bö­se klei­ne Wi­der­ha­ken, die sich ir­gend­wo zwi­schen den Syn­ap­sen fest­set­zen und ei­nen da­zu ver­an­las­sen, dann doch auf re­peat zu drü­cken, um ei­ne wei­te­re Run­de mu­si­ka­li­schen Sa­dis­mus über sich er­ge­hen zu las­sen. Au­ßer­dem be­her­schen die Jungs das Spiel von Zu­cker­brot und Peit­sche (na ja, Peit­sche über­wiegt hier), streu­en auf Song- wie auf Al­bum­ebe­ne im­mer im rich­ti­gen Mo­ment die klei­nen me­lo­di­schen Licht­bli­cke ein, än­dern die Marsch­rich­tung ein we­nig oder dros­seln das Tem­po. Es tritt nie die Über­sät­ti­gung ein, die we­ni­ger aus­ge­reif­te Gen­re­bei­trä­ge oft aus­zeich­net.
Fans von Bands wie den Ko­pen­ha­ge­ner Lower und Iceage, den eta­blier­ten Noi­ser­o­ckern Pissed Jeans, The Men in ih­rer frü­hen Pha­se oder al­tem Am­Rep-Krem­pel wer­den sich hier schnell zu­hau­se füh­len. Manch­mal kingt's auch wie et­was we­ni­ger ab­ge­space­te De­s­truc­tion Unit.


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