Autobahn - The Moral Crossing

Wer die­ses Blog schon et­was län­ger ver­folgt, dem sind die Post­pun­ker aus Leeds hier si­cher schon mal mit ih­ren ers­ten zwei EPs be­geg­net. Ihr ers­tes Al­bum Dis­sem­ble hab ich sei­ner­zeit dann mal aus­ge­las­sen. Das war kei­nes­wegs schlecht, aber mei­nen Er­war­tun­gen wur­de das auch nicht ge­recht; für mei­nen Ge­schmack war das al­les et­was zu nah am "si­che­ren" aber un­be­mer­kens­wer­ten Gen­re-Stan­dard­fraß ge­baut.

Ih­re zwei­te LP The Mo­ral Crossing ist im Ver­gleich ei­ne viel, viel stär­ke­re Plat­te. Wenn auch ei­ne von der Sor­te, der ich mehr Re­spekt als Lie­be ent­ge­gen zu brin­gen ver­mag. Ein zu Be­ginn sorg­fäl­tig kon­stru­ier­tes, at­mo­sphä­risch dich­tes Werk, das ei­nen be­acht­li­chen Sog ent­wi­ckelt, in der zwei­ten Hälf­te aber auch zu­neh­men­de Ab­nut­zungs­er­schei­nun­gen zeigt. Den­noch, al­lei­ne schon der Mit­tel­teil mit den Über­songs Fu­ture /​ The Mo­ral Crossing /​ Tor­ment, die sich als der emo­tio­na­le Kern des Al­bums her­aus­schä­len, ist ei­ne be­acht­li­che Leis­tung.

Mehr als je zu­vor schöp­fen Au­to­bahn ih­re In­spi­ra­ti­on aus klas­si­schem 80er Goth. Wer mit ei­nem ge­wis­sen Maß an Pa­thos und Kitsch nicht klar kommt, wird sich mit die­ser Mu­sik schwer tun. Die Songs kön­nen die­sen Bal­last größ­ten­teils aber auch pro­blem­los tra­gen. Aus­ba­lan­ciert wird das gan­ze dann aber von den hyp­no­ti­schen Kraut- und Psy­che­de­lic-An­lei­hen, die ir­gend­wie auch schon im­mer Teil ih­res Sounds wa­ren, aber hier erst­mals ver­mehrt ins Zen­trum rü­cken. Manch­mal be­we­gen sich die Songs ge­fähr­lich nah an der Schwel­le zum Al­ter­na­ti­ve Rock, oh­ne mich da­bei all­zu sehr an­zu­pis­sen.

Ne­ben der neu­en Pro­tom­ar­tyr ist The Mo­ral Crossing wohl die zwei­te dies­jäh­ri­ge Post­punk-Ver­öf­fent­li­chung mit stark Gen­re-über­grei­fen­dem Ap­peal. Mal ab­war­ten was jetzt pas­siert. Nicht viel, ver­mut­lich.



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Kudzu - Defeated

Das zwei­te Al­bum des Du­os aus Spring­field, Mis­sou­ri ge­fällt mir auf An­hieb sehr gut, rollt ei­nen Sound aus Syn­th­pop/-punk aus, der in je­der Men­ge Goth und was-auch-im­mer-für-ein-Wa­ve (Sor­ry, hier en­den mei­ne Gen­re-Kom­pe­ten­zen. RR­R­Hund, über­neh­men sie!) ge­tränkt ist. Das Song­ma­te­ri­al ist über­wie­gend recht ein­fach ge­strickt, der Klang­tep­pich da­für reich an noi­si­gen Tex­tu­ren. Mehr braucht es auch gar nicht, das Ding fluppt sehr or­dent­lich. Das de­fi­ni­ti­ve Pop­song-High­light When You We­re Mi­ne lehnt sich mit sei­nen star­ken Shoe­ga­ze-Vi­bes dann aber doch noch vor­sich­tig aus dem Fens­ter.



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Flesh World - Into The Shroud

Fle­sh World aus San Fran­cis­co ha­ben vor gut zwei Jah­ren so ei­ni­ge Leu­te über­rascht und be­zau­bert mit ih­rem De­büt­al­bum und ei­ner reich­lich ex­zen­tri­schen Spiel­art von Post­punk, den sie mit Stil­ele­men­ten aus der al­ten C86-Schu­le, Dream- und Jang­le Pop so­wie ei­nem leich­ten Goth-Vi­be zu ei­nem at­mo­sphä­risch dich­ten Er­leb­nis ver­meng­ten. Auf Al­bum Num­mer zwei prä­sen­tie­ren sie jetzt ei­nen ge­reif­ten, druck­vol­le­ren Sound und ein ge­schick­tes Händ­chen für aus­ge­spro­chen grif­fi­ge Songs, oh­ne da­bei ih­re ei­ge­ne Iden­ti­tät und den ei­gen­wil­li­gen Charme des De­büts ein­zu­bü­ßen. In an­de­ren Wor­ten: Mit der neu­en Plat­te ist ih­nen er­neut ein lu­pen­rei­ner Voll­tref­fer ge­lun­gen!



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Sculpture Club - A Place To Stand

Wow, ich hät­te es fast über­se­hen, das De­büt­al­bum von Sculp­tu­re Club aus Salt La­ke Ci­ty. Dar­auf gibt's zehn hym­ni­sche Ohr­wür­mer ir­gend­wo im Um­feld von Wa­ve-las­ti­gem Post­punk, et­was C86-Pop und über al­les legt sich hier ein grau­er Goth-Ne­bel. Die Pro­duk­ti­on fin­de ich auch äu­ßerst an­spre­chend mit ei­ner schö­nen Ba­lan­ce aus Dreck und Druck, ver­edelt wird das gan­ze dann noch durch ei­nen über­aus kom­pe­ten­ten Ro­bert Smith-Er­satz hin­term Mi­kro.
Das geht der­zeit wohl ziem­lich am mu­si­ka­li­schen Zeit­geist vor­bei; vor so 10-15 Jah­ren hät­te sich die Mu­sik­pres­se si­cher um so ei­ne Band ge­ris­sen. Aber wie dem auch sei, die Plat­te ist ei­ne ech­te Gen­re-Per­le und er­laubt sich kei­ne nen­nens­wer­ten Fehl­trit­te.



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V.A. - Killed By Deathrock Vol. 2

killed-by-death-rock

Ist ja eher sel­ten, dass ich hier Com­pi­la­ti­ons pos­te. Aber die zwei­te Aus­ga­be von Kil­led By De­ath­rock aus dem Hau­se Sacred Bo­nes hat - eben­so wie der Vor­gän­ger - in­ner­halb der Mas­se von in der rei­chen Punk­his­to­rie rum­fled­dern­den Com­pi­la­ti­ons mal wie­der ei­ne wärms­te Emp­feh­lung ver­dient mit zehn ver­ges­se­nen Per­len der 80er Jah­re im Grenz­be­reich von Post­punk, Goth, New Wa­ve- und Syn­th­Pop, von Bands zwi­schen va­ge ver­traut und nie von ge­hört. Ne­ben den Punk 45 Com­pi­la­ti­ons von Soul­jazz Re­cords ge­hört das hier zur ab­so­lut es­sen­ti­el­len Ver­gan­gen­heits­be­wäl­ti­gung.



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Future - Horizons

future

Fu­ture sind ein Trio aus Pa­ris und auf die­sem nicht mehr ganz neu­en Al­bum fa­bri­zie­ren sie wun­der­bar hyp­no­ti­schen, psy­che­de­li­schen Elek­tro-Noi­se­ga­ze-Pop.



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Exek & Halt Ever - Split Tape

exek halt ever

Ein tol­les Tape ist auf Resistance/​Restraint er­schie­nen. Zu­erst gibt's fünf­zehn Mi­nu­ten hyp­no­ti­schen, Dub-in­fi­zier­ten Am­bi­ent­noi­se von Exek aus Mel­bourne, die dem ei­nen oder an­de­ren schon durch ih­re Split mit Spray Paint be­kannt sein dürf­ten. Da­nach ser­vie­ren die eben­falls aus Mel­bourne stam­men­den Halt Ever zwei ih­rer bis­her düs­ters­ten Songs, Goth-las­ti­ger und son­g­ori­en­tier­ter Post­punk in Per­fek­ti­on. Fro­hes Fest.



Lower - I'm A Lazy Son… But I'm The Only Son

lower

Neue EP der Ko­pen­ha­ge­ner Band. Die Ent­wick­lung die mit dem ers­ten Al­bum Seek War­mer Cli­mes be­gann, wird hier lü­cken­los fort­ge­führt. Vom Punk­ge­schred­der der ers­ten EP ist hier nichts mehr üb­rig, da­für kommt die at­mo­sphö­risch dich­te Sei­te der Band in die­sen form­voll­ende­ten, in tief­schwar­ze Goth-Brü­he ge­tränk­ten mi­ni-Epen voll zur Gel­tung. Zu­sam­men­ge­hal­ten von Adri­an Tou­bros ein­dring­li­cher Stim­me, pa­cken­der als je zu­vor.

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Blagodat' - Лев

blagodat

Zwei mal Post­punk aus Odes­sa, Ukrai­ne mit sto­isch-ro­bo­ti­schen groo­ves und Stil­ele­men­ten aus Psy­che­de­lic, Shoe­ga­ze und Goth.

Gustave Tiger - At The Idyll's End

gustave tiger
Die letz­tes Jahr er­schie­ne­ne EP Mit­an­ni Ma­res die­ser Ka­pel­le aus Bu­da­pest ließ ja schon ge­spannt auf­hor­chen, aber je­nes klei­ne Be­ben konn­te mich in keins­ter Wei­se vor­be­rei­ten auf die­sen Erd­rutsch von ei­nem at­mo­sphä­risch dich­ten Al­bum. Oh­ne Scheiß, beim ers­ten Hör­durch­gang fiel mir von den ers­ten Tak­ten an die Kinn­la­de mal so­was von auf den Bo­den. Und ich bin wirk­lich nicht mehr so leicht zu be­ein­dru­cken.

Es ist ein Al­bum der schein­ba­ren Wi­der­sprü­che. Se­mi-sin­fo­ni­sche Chor­ge­sän­ge und new-agi­ges Ge­schwur­bel tref­fen auf Blast­beats, Noi­se­at­ta­cken und selbst für ei­nen über­ra­schen­den Blä­ser­ein­satz ist hier Platz. Über wei­te Stre­cken zieht sich ein ge­wis­ser Go­thic-Vi­be durch die Songs, aber auch ein Psy­che­de­li­sches Blues­riff kann da mal als Songfun­da­ment her­hal­ten. An je­der Ecke pas­siert hier ir­gend et­was span­nen­des, aber nicht nur das. Am En­de hat das auf Al­bum­län­ge al­les Hand und Fuß. Selbst in den kon­ven­tio­nel­le­ren Mo­men­ten kön­nen sie mit drü­cken­dem Post­co­re über­zeu­gen, der stel­len­wei­se et­was an White Lung er­in­nert. Au­ßer­dem durch­zieht das gan­ze Al­bum ei­ne un­glaub­lich trau­ri­ge wie auch epi­sche At­mo­sphä­re, ei­ne sur­rea­le An­ders­welt­lich­keit wie ich sie schon lan­ge nicht mehr ge­hört ha­be, erst recht nicht auf ei­ner Art Pun­k­al­bum.

Gust­ave Ti­ger ha­ben hier ein ziem­lich un­ver­gleich­li­ches Stück Mu­sik er­schaf­fen und man kann nur hof­fen, dass sie da­mit auch au­ßer­halb der un­ga­ri­schen Lan­des­gren­zen die Be­ach­tung be­kom­men, die sie sich red­lich ver­dient ha­ben. Ich bin da mal ver­hal­ten op­ti­mis­tisch.

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