Nach all dem Knarz und Rotz und Krach, der die letzten Posts hier domnierte, hier mal ein kleiner melodischer Ruhepol. Die 45er der Band aus Philadelphia beherbergt vier eingängige Indierocker, die so auch vor 10-20 Jahren entstanden sein könnten. Das begibt sich schon etwas in Emo-Gewässer und erinnert auch sehr an den Melodischen Punkrock der Mittneunziger, aber zum Glück wählen sie ihre Einflüsse mit Sorgfalt aus. Das wären z.b. Samiam, Leatherface oder Superchunk. Auch zu den Replacements oder späten Hüsker Dü könnte man Vergleiche ziehen. Und gegenwärtig könnte das auch Freunde melodischen Krachs á la Japandroids glücklich machen.
Dieses Quartett aus San Diego spielt eine erfrischend unverkrampfte und verspielte Variante zeitlosen Indierocks, die sich ganz locker in die derzeitige Welle 90er-beeinflusster Bands wie Grass is Green, Slippertails oder Dead Wives einfügt. Dabei zeigen sie ein fabile für gekonnt eingesetzte dissonanzen und locker aus dem Ärmel geschüttelte Schrägheiten. Sie haben unter anderem auch schon Konzerte für Sebadoh eröffnet, das passt auch ganz gut ins Konzept. Erinnert manchmal auch an frühe Wavves, hätten sich jene damals Rollen unter ihre Surfbretter geschraubt.
Action Beat sind eine Noisetruppe aus dem britischen Bletchley, bestehend aus drei oder mehr Drummern und noch mal rund doppelt so vielen Dick- und Dünnsaitenquälern. Als ob das noch nicht genug des Krach- und Chaospotenzials wäre, haben sie sich für ihre aktuelle Veröffentlichung mit G.W. Sok, dem Frontmann der niederländischen Jazzcore-Legende The Ex zusammengetan. Und was dabei am Ende herauskommt braucht sich keineswegs hinter deren Output zu verstecken. Das ist zeitloser, experimenteller Noiserock irgendwo zwischen gaaanz frühen Sonic Youth, frühneunziger Touch and Go (insbesondere z.b. Flour) und AmRep-Zeugs, etwas Post-/Mathcore und auch deutlichen Spuren der japanischen Kollegen á la Boredoms oder Merzbow. Großer Sport ist das.
Immer wenn ich denke, in Sachen primitivem Garagenpunk schon alles gehört zu haben, schafft es doch noch irgendwer positiv aus dem ganzen Sumpf herauszustechen. Das letztjährige Album von Strange Attractor war diesbezüglich auch noch mal ein kleiner Schock, der mich vor allem eins lehrte: Es geht immer noch mal eine Nummer reduzierter, einfacher und blöder. Und 'nen gewaltigen Spaß macht's trotzdem. Auf ihrer neuen EP geben sich die Kanadier ein (ganz kleines) bisschen polierter in Songwriting und Produktion, ansonsten ist aber alles beim alten geblieben: Garagenpunk, der auch etwas von der Wut der frühen Hardcore-Ära kanalisiert (und sich auch musikalisch nicht ganz unbeeinflusst zeigt), sich zum Glück aber dabei kein bisschen ernst nimmt.
Ziemlich unbemerkt haben Psychic Fair aus dem kanadischen Halifax bereits im Januar dieses tolle Debüt veröffentlicht. Das beginnt mit eher hymnischem Indierock, bei dem ich mich ein wenig an die Australier Blank Realm oder Bed Wettin' Bad Boys erinnert fühle. Wenn sie dann im Mittelteil das Tempo etwas drosseln, kommt ihre psychedelische Seite ans Tageslicht. Überhaupt verpacken sie in den kompakten dreißig Minuten eine erstaunliche Bandbreite an Einflüssen, klingen dabei aber durchweg eigenständig. Nicht zuletzt durch eine schwer auf den Punkt zu bringende, irgendwie beklemmend wirkende Seltsamkeit, die sich wie ein roter Faden durch die Songs und Arrangements zieht.
Maue Informationslage mal wieder zu dieser Band aus Alberta, Kanada. Aber was man mit Sicherheit über die vier blonden Krawallschlägerinnen sagen kann ist, dass sie Garageninfizierten Noisepunk der schlimmsten und primitivsten Sorte spielen. Wunderbar ist das. So richtig zum weglaufen, wenn's nicht so geil wär.
Eine sehr hörenswerte Einreichung (immer her damit, und Promoagenturen halten bitte die Schnauze!) kommt von einer Band aus dem kanadischen Hamilton. Das ist sehr gefälliger Indie-/Alternative-Krempel der eher gegenwärtigen Machart, der immer dann am besten kommt, wenn sie ihren poppig melodischen Qualitäten freien Lauf lassen. Aber auch wenn sie zu einem altbewährten Riff den Autopiloten anschmeißen, geht davon noch lange nix kaputt.
Ex-Cult aus Memphis knüpfen mit ihrem zweiten Album genau da an, wo ihr letztes vor zwei Jahren aufgehört hat. Mit einer etwas klareren, tighteren Produktion und generell etwas ausgereifter und vielseitiger, überzeugen sie auch dieses mal mit ihrer explosiven Mischung aus Proto-, Post-, Noise- und Garagenpunk.
The Two Koreas aus Toronto hauen eine sehr stimmige EP raus, die im besten Sinnne an Indierock-, Noise und Postpunk/-core Klassiker der späten 80er/frühen 90er erinnert, in den ersten drei Songs vor allem an Sonic Youth und The Fall, aber auch an Les Savy Fav oder die britischen Artpunker Ikara Colt. Der Rausschmeißer klingt dann eher so als hätte man die relaxte Melodieseligkeit von Pavement mit den ungestümen Krachattacken früher Dinosaur Jr. in einen Topf geworfen.
Sonic Masala Records, die Zweite, ist erneut ein Volltreffer. Diesmal kommen die Gazar Strips aus Brisbane in den Genuss einer Vinylveröffentlichung mit dazugehöriger Publicity. Die spielen düsteren Postpunk mit deutlichem Goth-Einschlag; genau genommen orientiert sich das ganze wieder mal an den ganz typischen Vorbildern, also Cure, Bauhaus, Joy Division, aber das interessiert mich in diesem Fall nicht die Bohne. Gazar Strips liefern hier nämlich Qualität, geben sich treibend, eingängig und kompromisslos zugleich. Ganz ohne Wohlfühloption.