Mit Blick auf die bisherige Diskografie waren meine Erwartungen an den dritten Langspieler der Gruppe aus Melbourne nicht gering… und Überraschung: Es ist in der Tat eine weitere ausgesprochen starke Platte dabei heraus gekommen, die es sich in dieser speziellen Nische an der Schnittstelle von schlauem Garage-, Post- und Art Punk gemütlich macht. Angemessenes Qualitätsfutter für Freunde von Uranium Club, Pinch Points, Reality Group… auch ein bisschen Sauna Youth oder Patti sind hier mit an Bord.
Vielversprechend und macht Spaß, diese erste digitale Single einer Band aus San Francisco. Post- und Art Punk von dieser etwas schrägen und verspielten Machart, die etwa bei Freunden von Patti, Rolex, Reality Group oder Emergency Contact sicher auf Zustimmung stoßen wird.
Glen Schenau, manchen sicher bekannt als der Frontmann der Kultband Kitchen's Floor aus Brisbane, hat solo bisher zwei EPs von eher Richtung Avantgarde schielendem Art Rock veröffentlicht, der schon alleine aufgrund seiner allgemeinen Schrägheit überzeugte - durchzogen von dissonant-hyperaktiver Schrammelei, wie eine funky kaputte Alternativrealitäts-Variante von The Wedding Present und endgültig über die Klippe geschoben von sehr nach Töpfen, Pfannen und Plastikeimern klingender Percussion. Letzteres weicht auf seiner neuesten 7" einem herkömmlichen Drumkit und vollem Bandsound, der insgesamt in eine geringfügig weniger experimentelle, deutlich grefbare Form an den Tellerrändern von Post Punk, Noise Rock und 90er Indierock morpht, ohne dass dabei die Verspieltheit und kreative Energie der Vorgänger auf der Strecke bliebe. Melkbelly trifft auf Live Skull? Nee, das trifft diesen Nagel nicht so ganz den Kopf… aber auch keineswegs komplett daneben.
Reality Group aus Melbourne haben in den Jahren '16/'17 bereits ein verdammt starkes Demo und eine ebenso hochwertige EP rausgehauen, danach hat es dann ein paar Jahre gedauert bis wir nun ihren ersten ersten Langspieler vorliegen haben. Dem hört man dafür die vergangene Zeit auch klar an in Form eines gereiften, aber dankenswerter Weise keineswegs gezähmten Sounds. Diese elf Songs lösen alle Versprechen der frühen EPs ein; ein lecker gepanschtes Gebräu ist das, bestehend aus Elementen von Garage-, Art- und Post Punk, das Leute mit Affinitäten zu Bands wie Pinch Points, Uranium Club, Andy Human & The Reptoids, Erik Nervous, Lithics oder gar frühen Teenanger sich auf keinen Fall entgehen lassen dürfen.
Nach zwei starken Demotapes und dem unglaublichen Knaller von einem Debütalbum, das letztes Jahr via Emotional Response auf uns logelassen wurde, ist nun auch schon wieder eine neue EP am Start, die nahtlos an dessen Qualitäten anknüpft. Derzeit trifft keine andere Band so überzeugend den Nagel auf den Kopf in diesem speziellen Subgenre aus endlos charmantem und verschrobenem, dabei aber grundehrlichem DIY Post-/Art Punk, bei dem unter anderem sicher die Television Personalities, frühe Mekons oder Desperate Bicycles Pate gestanden haben - während ihre Musik gleichzeitig nach allem anderen als einer Retro-Show klingt, sondern klar unserer Zeit entstammt und mit beiden Füßen auf dem gegenwärtigen Boden der Tatsachen steht.
Zwei Vorabtracks haben schon ordentliche Erwartungen geschürt für die Debüt-EP dieser vermutlich britischen Band und auch der Rest der EP zeigt, dass hier nicht zuviel versprochen wurde. Es breitet sich ein ruheloser Klangteppich aus Garage Punk mit für Genreverhältnisse ungewöhnlichem Breitwandfeeling aus, ein bisschen als träfen jüngste Uranium Club auf Radio Birdman und Modern Lovers - ergänzt um einige MX-80-mäßige Verschrobenheiten. Der epische Rauswerfer Seasons 13-31 hat sich außerdem sicher noch ein paar Scheiben bei den Wipers, insbesondere bei Youth Of America, abgeschnitten.
Auch wenn in den letzten Jahren deutlich mehr Rummel um andere britische Bands aus ihrem musikalischem Spektrum gemacht wurde, verkörpert kaum eine Band so sehr die Seele und DIY-Attitüde der Szene und einen nachdrücklichen Appell an das verdrängte, schlechte Gewissen einer Gesellschaft wie die Londoner Art-/Postpunk-Formation Italia 90. Es ist langsam echt mal an der Zeit, dass mehr Leute auf sie aufmerksam werden. Wie gehabt höre ich hier vor allem Echos alter britischer Post Punk Hausnummern wie Crisis, Membranes, Swell Maps und frühe Mekons raus. Gleichzeitig baut die Band ihr Klangspektrum aber weiter aus. Wenn Punkbands einen auf langsam machen, endet das meistens in einem schrecklichen Unfall. Aber erstaunlicher Weise sind die zwei langsamsten und leisesten Momente die eindeutigen Highlights dieser EP. In Open Vains kollidiert dabei die milde Darbietung mit einer markerschütternden Anklage, was in dieser Kombination ein wenig an aktuelle Protomartyr erinnern mag. Der Rausschmeißer Against The Wall hat hingegen einen gewissen psychedelischen Unterton mit Wire so anno Chairs Missing gemein.
Mit zwei EPs voller glorreichem Chaos haben Patti aus Oakland schon länger für Aufhorchen gesorgt. Jetzt ist ihr Langspieldebüt via ETT zu bekommen und immer noch droht ihre Musik keinesfalls normal zu werden. Im Gegenteil, stilistisch sind ihre Zutaten noch wilder über die Strecke von 16 Songs verteilt als das bisher eh schon der Fall war. Gleichzeitig kommen ihre Arrangements aber noch mal auch ein ganzes Stück ausgereifter rüber, angefeuert von einer entschlossenen Groovekompanie, tighter als es jene Hosen heute sind, dir mir vor geraumer Zeit mal um den Arsch gepasst haben. Vergleiche kann man unter anderem ziehen zu den rotierenden Mikrogrooves aus dem Hause Uranium Club. Dem verwinkelt-verspielten Artpunk der Lithics. Tanzbarem Postpunk der Slumb Party- oder N0V3L-Varietät. Immer wieder scheint ein funkiger Minutemen-Vibe durch, vereinzelt auch mal ein 90er Dischord-Versatzstück zwischen sehr späten Fugazi und dem kantigen Math Rock von Faraquet. Oh, und eingeklemmt zwischen all diesem Gerümpel strecken auch Devo mal vorsichtig die Nase heraus. Also wie gehabt, eine Schweinerei von höchstem Genussfaktor.
Die Band aus Oakland hat mal schlappe fünf Jahre gebraucht nach ihrer Debüt-EP auf Slovenly Recordings, um einen Nachfolger an den Start zu bringen. Der ist dafür aber absolut brilliant geraten und desorientiert erneut mit einem wundervoll schrägen Klangbild in dem z.B. exzentrischer Garagenkrempel á la Wireheads und UV Race mit dieser leicht spröden Sorte von Art Rock zusammenfließt, wie man ihn derzeit vornehmlich aus der DIY-Szene von Portland und deren Bands wie Honey Bucket und Shop Regulars vernimmt. Dazu kommen dann noch psychedelische Vibes - etwa so Pink Flag in einem Müllcontainer aufgenommen - und noch weitere britische Altlasten auf der Schwelle von Art- und Post Punk drücken hier regelmäßig auf die Klingel. Swell Maps fallen mir da ein, außerdem The Fall und Membranes - jeweils in ihren frühen Jahren. Und lange hab ich keine Platte mehr gehört, die derart effektiven und bewussten Gebrauch von ihrer charmanten LoFi-Ästhetik macht.
Nicht mehr wirklich neu, aber jetzt endlich unkompliziert in digital und voller Länge zu bekommen ist die aktuelle EP der Londoner Postpunk-Formation. Darauf klingen sie etwas zugänglicher und kontemporärer als je zuvor, ohne dabei aber die kantige Attitüde über Bord zu werfen. Was da eingerahmt von den schon länger bekannten Übersongs Tourist Estate und New Factory passiert ist jedes kleine Stück so eigenwillig und ausgezeichnet wie man es von dieser Band inzwischen erwarten darf.