Auf der gerade bei den Australiern Urge Records erschienenen dritten LP rückt das Berliner Duo bestehend aus Erin Violet und dem ehemaligen Trust Punks-Frontmann Joseph Thomas ein Stück weit ab von den folkigen Einflüssen zugunsten eines etwas dunkleren, schwermütigeren Sounds, behält dabei aber die alles überspannende Melancholie und die Song-orientierten Qualitäten bei, die schon die zwei Vorgänger weit über die meisten Genrevertreter herausragen ließen und nach wie vor ausschießlich schmeichelhafte Vergleiche mit so Bands wie Public Interest, Marbled Eye, Waste Man, Tube Alloys, Corker, Glittering insects, Public Eye, Kitchen's Floor, VR Sex and Mothers Milk provozieren.
Die neueste LP des Garage-/Synth-/Eggpunk-Bollwerks aus Sydney ist eigentlich mehr eine Sammlung diverser Krümel, Demos und Überreste, die über die Jahre auf dem Proberaumboden liegen geblieben sind. Aber meine Fresse… wenn das hier das B-Material dieser Band repräsentiert, dann lecke ich auch noch bereitwillig den C-Bodensatz vom leeren Fass auf. Das hier ist nämlich mal wieder eine brilliante Platte von Anfang bis Ende und Pflichtprogramm für Freunde der melodischen Fluffigkeit zwischen den Welten von Garage Punk, Fuzz- und Power Pop, all killer no filler!
Atlanta's Post Punk-Sensation Nag bleibt eine kompromisslos kantige Urgewalt, auch auf ihrem neuesten Tape, wenngleich jenes im direkten Vergleich zur ultra-rohen letzten LP Human Coward Coyote fast schon ein bisschen freundlich und zutraulich rüberkommt. Im Kern von jedem Song hier steckt ein eingängiges Hook und ihre Songkonstrukte halten eine perfekte Balance zwischen ihrem berüchtigt stacheligen, rigiden oldschool-Minimalismus und so gerade eben der minimal notigen Menge an leidlich konsensfähiger Ohrenmassage.
Die Band aus Cincinnati, Ohio ist und bleibt ein rares, dem Zeitgeist trotzendes Juwel. Erneut liefern die hier einen makellosen Haufen neuer Banger die gleichermaßen catchy und kraftvoll nach vorne gehen, zu verorten zwischen den groben Hausnummern von Power Pop, Garage Punk, Noise Pop und oldschoolig-melodischem Indie Rock, übersprudelnd mit euphorischen Vibes die mit allen Mitteln unserer dunklen Timeline ins Gesicht spucken. Das geht jedes mal voll ins Schwarze, nicht zuletzt dank bemerkenswerter Kunstfertigkeit in der Kreation einfach-effektiv-eleganter, prefekt ausbalancierter und mit Schmackes performter kleiner Songperlen, die sie im finalen Schliff zu überlebensgroßem Cinemascope expandieren.
Fen Fen aus Detroit haben schon mit einer ausgezeichneten EP in 2022 einige Wellen geschlagen und schieben jetzt eine nochmal deutlich stärkere LP hinterher, die erneut ein bischen lokalen (Proto-) Punk-Flair mit Geschmacksnoten aus Garage Punk, Hard- und Postcore verbindet. Das erinnert doch tatsächlich mal ein bisschen an Nervosas in American Lies und an Dollhouse in Kill Your Parents und desweiteren spult sich das ab wie eine gute Schnittmenge aus diversen Garage/Hardcore-Hybriden wie etwa Launcher, Freakees, Liquid Assets und Mystic Inane auf der stärker Garage- und KBD-infizierten Seite, sowie Bands á la Imploders, Headcheese, Hood Rats, Alf and Cement Shoes von der stärker Hardcore-lastigen Fraktion.
Schau mal einer an, der Londoner Garage-/Synthpunk-Spezi Tommy Cossack hat seine Machenschaften zur vollen Band expandiert und das Resultat klingt einfach nur brilliant und weitaus größer als jemals zuvor. Dabei entledigt sich der Krempel ein bisschen der Egg-mäßigen LoFi-Schrabbeligkeit zugunsten einer ausgesprochen potenten, dichten und fokussierten Attacke, ohne jemals die böse ansteckenden Hooks zu vernachlässigen in einer kompakten und durchweg spannenden halben Stunde aus atemloser Energie und Aufregung, die durchaus berechtigte Vergleiche zu Hausnummern wie Set-Top Box, Powerplant, Ausmuteants und Satanic Togas hervorruft.
Ich ging ja schon fast davon aus, dass ich mir diesen Veteranen der gegenwärtigen UK Post Punk-Szene abgeschlossen hätte nach einem etwas synthetisch (ha!) und überproduziert klingenden letzen Album und den diversen seitdem erschienenen Krümeln, die in meinen Augen alle typischen Anzeichen einer Band transportierten, die bei der nächsten Gelegenheit von der eigenen Ambition verschluckt wird wie so viele andere britische Bands ihres Genres, die sich irgendwann ein größeres Stück abgebissen haben als sie verdauen konnten. Es stellt sich aber heraus: Girls In Synthesis haben einen starken Magen und ihre neueste LP ist ein herausragendes Stück des düster-atmosphärischen, klugen und epischen Post Punk-Gleichgewichts. Von der ersten Note des stark nach Wire duftenden Openers Lights Out bis zum monotonen Rausschmeißer A Damning Lesson schaffen es diese Songs, die speziellen Qualitäten der Band zur rohen Essenz zu verdichten wie noch nie zuvor, gleichzeitig mangelt es aber auch nie an stilistischer Abwechslung und reichlich Ideen, um die Reise durchweg spannend zu halten.
Des Eierpunks eierigste Idioten haben jetzt ihr Langspieldebüt am Start, welches größtenteils aus Neuaufnahmen bereits von bisherigen EPs bekannter Songs besteht, mit dem Vorzug gerinfgügig verbesserter Produktionswerte und entsprechend ordentlich mehr Wumms unter'm Arsch, was das hier soweit zur definitiven Daseinsform dieser Tracks macht und mit Sicherheit auch zur infektiösesten Attacke des hirnamputierten Spaßes für die nächsten dreißig Minuten oder so… Wie gehabt, geiler Scheiß!
Noch eine überzeugende Ladung des stark Eggpunk-verwandten Garage- und Synthpunk-Lärms erreicht uns in der Form dieser knusprigen Split-Kassette zweier Bands aus Providence, Rhode Island. Jimsobbins sind ein Duo bestehend aus Adam und Lucy. Ist das der gleiche Adam, der auch bei Balloon Thief mitmischt? Plausibel aber unbestätigt. Stößt hingegen noch die Vokalistin Ella dazu, dann mutieren sie zum Trio Cindy7. Jimsobbins sind dabei die stärker nach typischer Eggpunk-Kost klingende Band und erinnert an so Zeug wie Daughter Bat and the Lip Stings, Gee Gee, Billiam and Toe Ring… plus ein scheppernder Hauch von Neo Neos in Leopard. Letztere Tendenz zieht sich auch durch die Seite von Cindy7 und bringt sogar noch mehr von diesem rumpeligen DIY-Charme mit, wobei im Opener Gonna Break durchaus auch ein bisschen oldschool No Wave-Energie ihr Werk tut, wohingegen die zwei abschließenden Songs mit einem zunehmenden Maß an chaotischem Hardcorepunk gewürzt sind.
Eine affengeile Debüt-EP hat diese New Yorker Band da abgeliefert. Der Opener No Recourse beschwört einen starken Mittachtziger bis früh-'90er Dischord vibe herauf á la Rites Of Spring, Nation Of Ulysses, Gray Matter… plus eine Spur von Drive Like Jehu oder von jüngeren Bands wie Wymyns Prysyn, Beast Fiend und Launcher. Mit Fixate ändert sich die allgemeine Marschrichtung dann doch stark und erinnert vor allem an alte australische Punk- und Garage-Legenden wie X, Saints oder God. Scraping Away wendet sich dann wieder der klassischen Postcore-Ästhetik zu und klingt dabei etwas wie eine Fusion aus dem Proto-Postcore der frühen Saccharine Trust mit dem Proto-Noise Rock von Flipper.