Nach einer Handvoll selbstveröffentlichter Tapes und EPs überrascht die neue Mini-LP auf Feel It Records der Garagepunks aus Toronto mit einem ausgeprägten Art-/Protopunk-Vibe. Modern Lovers fallen mir da am prominentesten auf und in der Gegenwart schlagen unter anderem David Nance und Apache Dropout in eine ähnliche Kerbe. Keine weltbewegende Neuheit also, aber nichts desto Trotz sehr, sehr gut.
Auch wenn ich damit wohl etwas spat dran bin (jau, mein Blogrückstand ist schrecklich gerade) muss dies Platte noch unbedingt hier rein. War der Vorgänger noch ein einziges, wenn auch endlos charmantes und spannendes Chaos, fließt der ambitionierte Art- und Post Punk der Kölner auf ihrem zweiten Album zu einer kompakteren, aber nach wie vor unvorhersehbaren Form zusammen; der titelgebende Funk spielt natürlich auch wieder eine zentrale Rolle. Aktuell klingen die wie niemand anders.
Wie gewohnt kommt auch mit dieser Scheibe wieder saubere Qualität aus dem Hause Anti Fade - bei der Bude kann man eigentlich nichts falsch machen. The Snakes sind eine noch ganz frische Band aus Melbourne und ihr Debütalbum gefällt ganz ausgezeichnet mit einem einfalls- und abwechslungsreichen Sound aus Garage- und Artpunk, der gekonnt eine Brücke schlägt von Bands der gegenwärtigen Schule á la UV Race, Shark Toys oder Ausmuteants hin zu diversen Hausnummern von gestern; primär wären da vor allem frühe The Fall und Devo zu nennen.
Ich dachte eigentlich, dass ich das letzte Album Quack Quack des ultrasympathischen Duos hier irgendwann schon gepostet hätte. Aber nein, das muss ich seinerzeit mal wieder verpeilt haben. Dann hol ich's halt anlässlich ihrer neuen LP nach. Darf ich vorstellen: Freak Genes, ein britisches Duo bestehend aus Andrew Anderson, der auch bei den Hipshakes und den famosen Proto Idiot mitmischt und Charlie Murphy, den man vielleicht von den ebenfalls sehr geschätzten Red Chords kennt. Was die zusammen fabrizieren klingt aber nach keiner dieser Bands. Dafür setzt es eine hochgradig verschrobene Mischung aus verschrammeltem Fuzz-/Garagepop und verspultem Elektro-/Synthpunk. Seit der letzten Platte hat sich der Fokus klar zugunsten der elektrischen Sounds verschoben. Da haben einerseits sicher uralte bekannte wie Desperate Bicycles, Television Personalities oder die derzeit scheinbar mal wieder als sehr schick geltenden Devo als Inspiration gedient. Manchmal drängt sich mir der Begriff Bubblegum Suicide geradezu auf. Und aktuell könnte man da Parallelen zu Wonder Bread, ISS, Buck Gooter oder Whatever Brains drin erkennen.
Auch das dritte Album von Uranium Club ist erwartungsgemäß all Knüller no Füller. Ich glaub es wäre übertrieben, angesichts der groben Masse an sauguten, jungen wie auch älteren aktiven Garagenbands eine davon als die beste zu küren, aber es läst sich kaum bestreiten dass Uranium Club die letzten vier Jahre lang sowas von in der Zone sind, mit einem bereits voll ausgereiften Sound erstmals an die Öffentlichkeit traten und seitdem scheinbar einfach nichts falsch machen können. In ihrer speziellen Nische aus borderline-virtuos dargebotenem, schlau arrangiertem und fies abgroovendem Garagepunk mit einem Hauch von Artpunk macht ihnen derzeit niemand was vor.
Ansonsten herrscht hier überwegend business as usual - die Rezeptur wurde wieder inkrementell verfeinert und ein paar kleinere Experimente wie etwa die schrägen Samples im Opener sind neu. Die auffälligste Veränderung betrifft aber die Lyrics. Die sind zwar immer noch weitgehend von absurdem bis schwarzem Humor durchzogen, können aber neuerdings auch einfach mal vollkommen ironiefrei tiefschwarz und resigniert rüberkommen. So klingt es, wenn Humor als Bewältigungsstrategie nicht mehr greift und das Lachen zeitweilig im Halse stecken bleibt. Willkommen im Club.
Wow! Was ein gesundes Minimum an Produktionsaufwand für einen Unterschied machen kann, beweist der erste Langspieler von Paint Thinner aus Detroit. Die gefielen mir bereits auf ihrem Demo vor ca. drei Jahren ausgesprochen gut. Aber kamen mir damals als Vergleich noch eher Wire so anno Chairs Missing in den Sinn, klingt das hier etwas weniger nach Ur-Postpunk und Artpunk, dafür stärker nach Ur-Psychedelic- und Spacerock, nach Pink Floyd der (mal ehrlich, einzig wahren) Syd Barret-Ära und frühen Hawkwind. Und das mitunter auch bei den Songs, die bereits auf dem Demo enthalten waren. Vereinzelt kann auch ein wenig Surf-Twang etwa an Crystal Stilts erinnern. Aber zu keinem Zeitpunkt lässt The Sea Of Pulp zweifel daran aufkommen, dass in ihm ein Herz aus Punk schlägt. Die Platte ist ein Killer und mit Fell Flat ist (erneut) einer der stärksten Songs an Bord, die mir in letzter Zeit so unterkamen.
Tape Nummer zwei des Projekts um Honey Bucket Mastermind Matt Radosevich und wechselnde Mitstreiter aus der DIY-Szene von Portland, wie gewohnt im schnörkellosen Sound von Raf Spielman auf Band festgehalten. Sofort stellt sich der wurderbar rustikale Charme ein, der irgendwie jeglichem Output aus diesem speziellen Umfeld innewohnt. Im Vergleich zum Vorgänger gibt sich die EP aber ein gutes Stück eingängiger und in der aktuellen, zum Quartett angewachsenen Besetzung bekommt das ganze einen leichtfüßig-entspannten Jam-Vibe verpasst.
Von einer Band aus Bologna kommt diese EP und weiß mir verdammt gut zu gefallen mit ihrer exzentrisch-quirligen Mischung aus Post-/Artpunk mit garagigem Unterton und einer leisen Idee von altem Indie Rock/Power Pop der neuseeländischen Flying Nun-Schule.
Zwei neue Veröffentlichungen aus Portland und dem Mikrokosmos um die Woolen Men und Honey Bucket. Deren Raf Spielman respektive Matt Radosevich sind auf einigen Tracks des neuen Albums der Mope Grooves zu hören, bei denen es sich aber vor allem um ein Projekt von Stevie Pohlman handelt, der wiederum mit den beiden erstgenannten die Shop Regulars bildet. Verwirrend, ich weiß.
So weit weg klingt das von keiner der genannten Bands. Exzentrischer, häufig abstrakter Postpunk also, der zwischendrin aber auch ein geschicktes Händchen für tolle Melodien zeigt und einen ausgesprochen rustikalen Vibe versprüht. Etwas anders als besagte Gruppen liegt hier soundmäßig aber ein ungewohnt starker Fokus auf Analogsynths, Orgeln und anderen antiquierten Tasteninstrumenten.
Alle drei spielen wiederum bei L.O.X. mit. Deren neue LP kommt daher wie eine leicht angekrautete, aber dabei erstaunlich zugängliche Verschmelzung von allem zuvor genannten. Die geballte Kreativität dieser kleinen, verschrobenen Nische in einer sonst ja eher als hypergentrifiziert verschrienen Stadt erstaunt mich jedes mal aufs neue.
Die französischen Weirdo-Punks haben jetzt auch schon gute anderthalb Jahrzehnte auf dem Buckel und sie werden auch auf ihrem neuesten Album dem Ruf als eine der eigenwilligeren, aber auch eine der liebenswertesten Bands gerecht, die unser Kontinent über die Jahre so ausgespuckt hat. Wie gewohnt lungern sie irgendwo zwischen den Stühlen von Noise, Post-, Garage- und Artpunk rum und es interessiert sie nicht im geringsten was du davon hälst.