Ein dichtes, Noise-geladenes Post Punk-Spektakel entfaltet sich auf der Debüt-EP dieser Band aus Richmond, Virginia zu vier aufwändig konstruierten Songs, die jetzt schon einen voll ausgereiften und selbstsicheren Eindruck hinterlassen. Zeitweise hat das mal diesen gewissen Vibe von Straw Man Army, erweitert um subtile Spuren von Poison Ruïn. Andere Momente erinnern mich an einige der melancholischeren, Song-orientierten Post Punk-Acts des vergangenen Jahrzehnts wie frühe Estranged, Public Eye, Criminal Code, Bruised, VHS, Waste Man und sogar die Bollwerke Wymyns Prysyn und Institute/Mothers's Milk aus Atlanta taugen als Vergleiche.
Die Kalifornier Lamictal kommen nach zwei ziemlich irren EPs im letzen Jahr mit einer erneut sehr starken Kassette daher, auf der ihre Vision insgesamt etwas fokussierter wirkt, was vielleicht auch nur das Ergebnis von einer geringfügig polierteren Produktion sein mag… wobei poliert hier dann auch wieder das falsche Wort ist, denn ihre Mixtur aus Garage Punk, Hard-, Post- und Weirdcore ist weiterhin ganz schön versifft, unvorhersehbar und hyperaktiv, überwältigt mal eben die Sinne in weniger als vier Minuten und hat sich dann auch schon wieder verpisst. Essenzieller Scheiß für Frende von Bands wie Big Bopper, Rolex und frühen Patti.
Der vierte Langspieler dieser Band aus Portland verfeinert weiter ihre explosive Formel für stark Noise- und leicht Garage-infizierten Postcore zu ihrem bislang ausgefeiltesten Werk, in dem ihre hyperaktive Vision des strukturierten Chaos' konstant neue Formen annimmt und neue Hindernisse in den Weg wirft, die ihrerseits wieder zu spannenden Manövern führen. Auch wenn sich hier keine zwei Songs allzu sehr gleichen, kommen mir doch so Bands wie die diversen Inkarnationen der New Yorker Kaleidoscope, frühe Bad Breeding und Acrylics besonders häufig in den Kopf, aber auch so Zeug á la Crisis Man, frühe Video und Ascot Stabber taugt an manchen Stellen als nicht zu weit her geholter Vergleich.
Pedigree aus Tournai, Belgien lassen nach ihrer exzellenten 2020er Mini-LP einen weiteren Batzen ausgesprochen kräftiger Songs vom Stapel, die den Trend der letzten Platte fortsetzen, weg vom ursprünglich sehr garagigen Sound hin zu einer stärker im Post Punk verankerten Ästhetik, wobei hier neuerdings aber auch Spuren von '90er Postcore mit dabei sind in Songs wie Trapped,S.A.D. and Bread, die mir unter anderem Klassiker von Jawbox, Drive Like Jehu, Polvo oder Hot Snakes ins Gedächtnis rufen. Disgraced hat hingegen ein Gespür für Melodie unter der Haube, das auch im Reportoire etwa von Vaguess, Bad Sports oder Motorbike nicht weiter auffallen würde. Mein früherer Vergleich zu französischen Bands wie Telecult oder Nightwatchers trifft auch weiterhin halbwegs zu, sowie auch ein Bündel internationaler Acts wie Sauna Youth, Teenanger, Video, oder Clamm.
Das letztjährige Demo der Londoner war ja schon eine durchweg angenehme Überraschung und die neueste EP legt gleich nochmal deutlich mehr von einer ähnlichen Wucht in die Waagschale. Ihr Mix aus Noise-lastigem Postcore und Garage-infiziertem Fuzz Punk kommt ein bisschen rüber wie eine Variante der Hot Snakes oder Obits mit einem stärker melancholischen Unterton, welcher mich auch sehr stark an Wymyns Prysyn erinnert. Als weitere halbwegs belastbare Referenzen kommen mir dann noch Bands wie Ascot Stabber, Crisis Man, Zero Bars, Beast Fiend und Mystic Inane in den Sinn.
Das Trio Luggage aus Chicago hat sich über die vergangenen acht Jahre als ein echtes Bollwerk bewiesen des unverfroren exzentrischen, dissonanten und sperrigen Noise Rock, Postcore und Math Rock, den sie typischerweise zu einem Kriechtempo herunter drosseln. Mit der Zeit sind sie nur noch kompromissloser geworden, eine Entwicklung die jetzt in ihrem neuesten unförmigen Klumpen von einer LP gipfelt - erneut ein Ausbruch von schwerverdaulichem Lärm, der stark in der Schuld von so Bands wie Slint, Tar und Shellac steht. Wenn ich einen aktuelleren Vergleich wählen müsste, wären wohl auch Behavior (insbesondere ihr spektakuläres zweites Album Bitter Bitter) eine taugliche Referenz.
Ein starkes Demo von dieser Band aus Toronto hat vier schnörkellos nach vorne gehende Klopper für uns auf Lager, grob im Grenzbereich von Garage Punk und Postcore lokalisiert. Das hat ein bisschen Hot Snakes-Energie aber auch einen Vibe nicht unähnlich zu dem frühen Material von Video und Teenanger, nicht zuletzt auch Acts wie Ascot Stabber, Flowers Of Evil, Piss Test und zwischen Garage und Hardcore agierenden Bands á la Launcher oder Mystic Inane. Musik in meinen Ohren!
Aufregender Scheiß im Spannungsfeld zwischen Noise Rock, Postcore und Garage Punk auf der neuesten EP dieser Band aus Tokyo, die sich obendrein als ausgesprochen vielseitig und wandlungsfähig präsentiert. Proto-Being stürmt direkt los wie eine Mischung aus Multicult, Tar und Drive Like Jehu. Slug hat dann mehr einen melodischen Vibe, der an Bands wie Bitch Magnet, Polvo und Chavez erinnert. Evidence verströmt einen Acid-getränkten Proto Punk-Vibe als träfen z.B. MX-80 auf frühe The Men und einen Hauch von Wipers. Zu guter Letzt ist dann in Disconnect noch so eine gewisse Hot Snakes-meet-Nation Of Ulysses-Energie am Start.
Nach einem unerhört spannenden 2021er Demo legt die Band aus Kopenhagen ein nicht weniger aufregendes Debütalbum nach. Einerseits ist das ein seltsam vertrauter Sound, in dem die lokalen Legenden Lower und (frühe) Iceage sicher ihren Fingerabdruck hinterlassen haben - einen ähnlichen Vibe aus überlebensgroßem Drama hat das, welches sich in chaotisch-emotional-kompromisslosen Performances entlädt - zusätzlich zu weniger bekannten Kopenhagener Bands wie Melting Walkmen, Echo People und Spines. Andererseits steht das aber auch fest auf eigenen Füßen nicht zuletzt dank felsenfester Songfundamente und einer Fülle netter Überraschungen wie den Black Metal-Anleihen im Instrumental The World Says Its Name, einem deutlichen Morricone-Vibe und Murderer-artigem psychedelischem Cowpunk-Nebel in Drive of Distress, während Light and Fire und This Is How I Die einen gewissen Poison Ruïn-Vibe in sich tragen. Zu guter letzt kollidiert dann im Rausschmeißer-Track The Dream ordentlich viel Rites of Spring- und Dag Nasty-Energie mit etwas 90er Samiam, Leatherface sowie geringfügig jüngeren Noisepop-Acts á la Star Party, Times Beach, No Age, Male Bonding oder Joanna Gruesome.
Diese Band aus Oshkosh, Wisconsin braut hier eine Reihe erfinderischer und wandlungsfähiger Anachronismen zusammen, grob in den Parametern von Post Punk und Postcore, Garage Punk und klassischem 90er Indie Rock agierend, was in der heutigen Landschaft wunderbar fehl am Platz und aus der Zeit gefallen rüberkommt. Das hat z.B. diesen gewissen 90er Dischord und Toch and Go-Feel in Songs wie Phthalate Mates und dem psychedelisch groovenden, epischen Rausschmeißer Clumsy Ascetic. Eine Spur von Protomartyr gibt es in Locks Fasten, psychedelische Blüten treibt The Delivery und Songs wie Radio Static haben ein bisschen was von Swervedriver. Darüber hinaus mag man sich an Sachen erinnert fühlen wie die Post Punk und Postcore-Acts Batpiss, Stuck und Bench Press, Bands auf der Schewlle zwischen Garage- und Post Punk á la Tyvek, Parquet Courts oder Flat Worms und nicht zuletzt auch Bands an den melodisch-schrammeligen Tellerrändern von Post- und Art Punk wie Gotobeds, Sleepies, Tape/Off und Shark Toys.