Wow, damit hatte ich eigentlich nicht mehr gerechnet. Gute Sieben Jahre nach dem inzwischen als Klassiker zu betrachtenden The Battle Of Brisbane gibt es doch tatsächlich ein neues Album von Kitchen's Floor, auch wenn es sich dabei aktuell vor allem um ein Solo-Unterfangen von Vokalist Matt Kennedy zu handeln scheint. Die eigenwillige Vision und der Sound aus Post Punk, Noise Rock und einem leicht folkigen Unterbau sind dabei aber so gestochen scharf und kompromisslos wie eh und je - inzwischen könnnte man auch sagen: positiv aus der Zeit gefallen.
Zweite LP des Duos bestehend aus niemand geringerem als Spray Paint's Cory Plump sowie einem mysteriösen Chris, der irgendwann mal in irgendeiner Form mit Les Savy Fav, Trans Am und Scene Creamers unter einer Decke gesteckt hat. Geliefert wird Nachschub von der süchtig machenden Melange aus Post Punk und Noise Rock mit dem starken Industrial-Beigeschmack, gleichermaßen experimentell wie auch hypnotisch und mitreißend. Vielleicht liegt's hier vor allem am Mix und Mastering, aber das Klangspektrum erscheint hier deutlich entschlackt im Vergleich zum Vorgänger, die allgemeine Stimmung weniger klaustrophobisch mit reichlich Luft zum Atmen. Immer noch sind reichlich Swell Maps-, oder alternativ, Exek-Vibes am Start hier aber auch einen Anflug von Protomartyr hat das in Rotting Profits, ein paar Echos von Wire in Florida Gasoline
In einer Noise Rock-Welt, die vor allem von pseudeoschlauem Rumgewichse nach der überstrapazierten "Wir spielen abgenutzte Doom-Riffs in einer ungeraden Taktart und nennen das dann Math Rock"-Grundformel dominiert ist, ragen die Kanadier Nearly Dead schon länger aus dem traurigen Status Quo heraus - nicht durch schlaue Konzepte, sondern mit einer primitiven Wucht und einer sehr oldschooligen Herangehensweise an sludge-infizierten Noise Rock, die an alte Artefakte aus dem Umfeld von Cows, Killdozer, Cherubs, Fungus Brains, Scratch Acid erinnert… plus unzählige Deep Cuts aus dem AmRep-Katalog. Wenn die Platte zu ende ist hab ich das Gefühl, erstmal duschen zu müssen. Eine seltene Qualität in unserer Zeit.
Wie der Zufall es will kommt hier sofort schon die nächste Band, deren genaue Herkunft etwas schwammig bleibt, wenngleich auch die vorhandene Evidenz grob in Richtung des Bundesstaates Pennsylvania deutet. Auf ihrem jüngsten Langspieler leitet ein ausgefranstes Lo-Fi akustik-Intro eine Naturgewalt ein, die in etwa so rüberkommt als träfe der halluzinogen vernebelte Post Punk von Piles oder Die! Die! Die! auf die pechschwarzen Welten von Nag. An anderen Stellen gibt es etwas konventionellere - aber kein bisschen weniger gut scheppernde - Sounds irgendwo zwischen dem Doom- und Sludge-lastigen Noise Rock der alten AmRep-Schule und dem abgespaceten Acid Punk-Exzess vom Schlage Destruction Unit, Hamer oder Super-X.
Hier ist gleich noch eine Platte, die ich bisher verschlafen hab. Die jüngste LP der Wilful Boys aus New York liefert zehn tighte Noise Rock-Geschosse, die offensichtlich so einige Inspiration aus der klassischen, sludge-lastigen AmRep-Ära ziehen - besonders wären da Cows zu nennen - sowie vielleicht ein bisschen U-Men, Feedtime oder 80er Scientists… Gleichzeitig klingt das Zeug aber auch in der Gegenwart keineswegs fehl am Platz mit Momenten, die an Bands wie Help!, Tunic, John (Timestwo), USA Nails oder Death Panels erinnern.
Ein exquisit raketengetriebener Krawall, der zweite Langspieler von McQQeen aus Athens, Georgia, welcher jetzt auch noch stolz das Qualitätssiegel von Big Neck Records tragen darf. Was ein bisschen so anfängt wie eine Mischung aus Bands á la Flat Worms, The Cowboy oder Fashion Pimps & The Glamazons mit einem verdächtigen Psychedelic-/Space Rock-Unterton, ballt dann seine Faust zu einem weiten Rundumschlag durch so einiges im Umfeld von Garage Punk, Noise Rock, Post Punk und Postcore - mit dabei sind etwa Anklänge an jüngere Erscheinungen wie Metz, John (Timestwo) oder Spray Paint, sowie den Space Punk-Exzess von Destruction Unit und die Fuzz Punk-Eskapaden der frühen The Men. Auch ein paar Spuren von McLusky und vereinzelte U-Men Versatzstücke kann man sich da noch rausziehen.
Ein ordentlich sensationelles Ding hat diese Band aus dem belgischen Tournai meines Erachtens mit ihrem zweiten Langspieler gedreht. Vom ersten Moment an fühle ich mich an so viel guten, sowohl alten als auch neuen Scheiß an den Schnittstellen von Art-, Post- und Garage Punk erinnert, komplettiert von einer würzig-dissonanten No Wave und Noise Rock-Kante. Manchmal klingt das etwas nach Angst, die mit dem simplistischen Beat von Man Sized Action und etwas früher The Fall-Schrammelseligkeit verschmelzen. An anderen Stellen bilde ich mir ein, Echos von Membranes, Gordons oder Swell Maps wahrzunehmen aber genau so gut kann man auch Verbindungen zu gegenwärtigen Acts à la Honey Radar, Toe Ring, Lithics, Germ House, Shark Toys und Subtle Turnhips irgndwo da drin wiederfinden.
Die Debüt-EP von Refedex aus Brisbane ist eine wuchtige Walze aus düsterem Noise Rock, Sludge und Post Punk der häufig recht getragenen und atmosphärischen, jedoch niemals öden oder schwerfälligen Machart. Obwohl der allgemeine Vibe für mich absolut klassisch klingt, fällt es mir schwer zu lokalisieren, wo ich so etwas in der älteren Genre-Vergangenheit schon mal gehört hab - das Zeug lässt sich schwer in die üblichen Genre-Eckpunkte einordnen. Unter anderem hat das alles diesen gewissen tiefschwarzen Americana-Vibe wie man ihn z.B. auf alten 80er Scientists Platten vorfinden mag oder in der Gegenwart etwa bei den US Postpunkern Bambara, während man im etwas klassischeren Noise Rock-Spektrum Vergleiche zu so unterschiedlichen Bands wie Alpha Strategy, Luggage, Tropical Trash oder Heads ziehen mag. Außerdem steckt da vielleicht auch noch ein bisschen Cows, U-Men oder Scratch Acid drin, allerdings jeweils halber Geschwindigkeit abgespielt. Egal wie man's nennen möchte, es ist erstklassiger Scheiß!
Eine neue Tunic Platte, ein weiterer Tritt in die Weichteile. Nachdem zuletzt die Compilation Exhaling noch mal ihre bisherigen Singles und EPs aufgewärmt hat, nimmt die Band auf ihrem zweiten "richtigen" Album die Fäden einfach genau da wieder auf wo sie zuletzt liegen geblieben sind und erweitern ihre Klangpalette nur sehr zaghaft. Auf Albumlänge kann das schon mal etwas repetitiv wirken, so dass man sich ab und an mal wundert: "Hab ich diesen Song nicht gerade schon mal gehört?" Ist aber reine Korinthenscheißerei. So lange die Typen ihr Lärmwerkzeug weiterhin mit so einer Überzeugung und überwältigenden (un-)Wucht zur Anwendung bringen, bin ich schon mehr als glücklich.
The Cowboy aus Cleveland haben bisher noch mit jeder Platte absoluit meinen Nerv getroffen und ihre dritte LP setzt diesen Trend nahtlos fort. Ihr Sound läuft inzwischen so rund wie ein Uhrwerk und inzwischen würde ich mal sagen, dass sie an der Schnittstelle von drückendem Garage Punk und kantigem Noise Rock ihre ganz eigene kleine Mikro-Nische mit sofortigem Wiedererkennungswert etabliert haben, jedoch weiterhin genug frische Ideen einbringen um die Scheiße spannend zu halten.