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Ey Groschi, warum denn jetzt 'ne Kassette? Fängst du jetzt auch noch mit dieser Hipsterscheiße an?
Ja, genau. Das passt auch viel besser zu meinem Bart.
Aber jetzt mal ganz im Ernst: Warum???
Weil gerade einfach Bock drauf hab, seit langem mal wieder Mixtapes auf echtem Tape aufzunehmen. Und weil es heute noch geht. Und irgendwann vielleicht nicht mehr
Aber wird gerade nicht eh schon reichlich Wirbel um Tapes gemacht? Schallplatten sind ja auch nicht verschwunden, sondern sind seit Jahren ein wachsender Markt.
Jau, aber zwischen Vinyl und Kassette sind die Grundvoraussetzungen etwas unterschiedlich. Lass mich mal etwas ausholen…
In der Tat läuft parallel zum Vinyl- gerade auch ein bemerkenswerter Kassettenboom. Gerade in der Punk- und Indie-Szene. Der Grund liegt eigentlich auf der Hand: Bands wollen gerne etwas auf dem Merch-Tisch liegen haben. Vinyl ist für viele wegen der hohen Kosten für Mastering und Galvanik finanziell außer Reichweite oder ein zu großes Risiko. Du musst entweder eine ordentliche Auflage loswerden oder bei einer kleineren Auflage mächtige Preise verlangen, damit sich das rechnet. Kassetten hingegen lassen sich auch in einer winzigen Auflage für wenig Geld entweder selbst duplizieren, oder von Dienstleistern duplizieren lassen - das finanzielle Gewicht fällt entsprechend minimal aus. Und CD-Rs wären als Alternative ja auch nicht besonders sexy.
Auch in einer anderen Hinsicht sähe es eigentlich ganz gut aus für die alte Kassette. Denn nachdem der letzte Massen-Hersteller - ACME in China - die Produktion eingestellt hat (deren ganz ordentliches Bandmaterial war in der jüngsten Inkarnation der Maxell UR drin, von welcher derzeit offenbar noch massive Lagerbestände existieren und für wenig Geld abverkauft werden) gibt es inzwischen wieder drei Hersteller, die Ferro-Band für Kassetten produzieren. Das wären ATR Magnetics in Frankreich, RTM Fox und National Audio Company in den Vereinigten Staaten. Das scheint sich wieder zu lohnen, weil besonders von Seiten der Dupliziererwerke Nachfrage besteht.
Okay, okay. Und wo ist denn jetzt der Haken?
Ganz einfach: es gibt derzeit nur noch einen einzigen Hersteller von Kassettenlaufwerken. Und die sind einfach das billigste vom billigsten und taugen nicht viel. Jupp, vom 20€-Kratzwürfel bis hin zum aktuellen 500€ Tascam-Modell steckt in jedem neu erhältlichen Gerät eine Variante des berüchtigt-billigen Tanashin-Laufwerks. Es baut einfach niemand mehr brauchbare Hardware.
In Sachen Vinyl kann ich mich hingegen an keine Zeit erinnern, in der nicht ordentliche Plattenspieler sowohl für moderates als auch für richtig viel Geld erhältlich gewesen wären. Es ist ja auch kein großes Wunder. Ein Plattenspieler ist ein recht unkomplizierter Mechanismus, den man zur Not in jeder Hobbywerkstatt zusammenkloppen kann und solange irgendwer noch Nadeln und Tonabnehmer fertigt, ist da wenig zu befürchten.
Ein Kassettenlaufwerk ist da schon etwas filigranere Mechanik. Nicht dass es für eine Handvoll Ingenieure ein Problem wäre, da was neues zu bauen. Das machen die mit links. Aber voraussichtlich wird das niemand tun. Ich bezweifle stark, dass dafür eine ausreichende Nachfrage besteht, dass sich der Entwicklungsaufwand lohnt und die Hardware sich erschwinglich bauen ließe. Die einzige plausible Hoffnung wäre da, dass halt Tanashin seinen eigenen Mechanismus mal ordentlich im Detail aufmotzt und in einer höherwertigen Version verfügbar macht. Ich würde darauf aber kein Geld verwetten…
Wer heute was vernünftiges haben will, der ist eigentlich am besten beraten, sich ein solides Gerät aus den 90ern günstig bei Ebay oder auf'm Flohmarkt zu schießen, Laufwerk, Köpfe und Potis zu reinigen, die Riemen und je nach Wasserstand auch ein paar Kondensatoren auszutauschen. Die meisten Geräte ohne mechanischen Defekt laufen danach wie neu.
Es ist einfach die einzige vernünftige Option im Moment, alte Hardware so lange am laufen zu halten, wie es die Langlebigkeit der Komponenten und die Lage mit den Ersatzteilen erlaubt.
Aber damit die aktuelle Kassettenwelle langfristig Bestand hat, müsste auf Dauer halt auch wieder passable, neuwertige Abspielhardware verfügbar sein. Solange das nicht passiert, sehe ich langfristig eher dünne Luft für die Kassette.
Da machst du dir aber ganz schön viele Gedanken um ein veraltetes Format…
Ja, irgendwie schon. Und ganz ehrlich gesagt kann ich auch ganz gut auf die vorbespielten Tapes verzichten, die heute auf gefühlt jedem zweiten Bandcamp-Profil und so ziemlich jedem Konzert wieder feilgeboten werden.
Was ich aber wirklich vermisse ist die alte Mixtape-Kultur. In Zeiten, in denen die meisten Menschen scheinbar kein Problem damit haben, sich die Musik weitgehend von Algorithmen füttern zu lassen, verspüre ich doch etwas Wehmut nach dem alten Brauch, sich ein paar Stunden Zeit zu nehmen und den Kopf drüber zu zerbrechen, wie ich diese 60 oder 90 Minuten auf möglichst ansprechende und schlüssige Art und Weise mit Musik auffülle.
Jetzt gerade ist glaube ich eine gute Zeit, das mal wieder aufzugreifen. Und hier ist der erste Anlauf, die alten Instinkte neu zu schärfen. Diesmal mit besonders hohem Energielevel. C-60, Type I, no Dubbley. Und furchtlose Pegel für das gewisse Sahnehäubchen an LoFi-Knarz. Das besser klingende Lo-Fi in verschiedenen Geschmacksrichtungen gibt's übrigens bei archive.org.