Eine vergessene Shoegaze-Perle, aufgenommen im Jahr 1992 und jetzt zum ersten mal auf Moon Sounds Records veröffentlicht. Weil die Master Tapes verloren gegangen sind, wurden die Songs für die Veröffentlichung von einer Kassette runtergekratzt. Zahlreiche Dropouts unterstreichen diesen Fakt, maximieren aber auch den speziellen Charme eines archäologischen Fundstücks. Der hörbare Zahn der Zeit trägt nur noch weiter zur Authentizität der drei Songs bei.
Shoegaze der selten gewordenen Sorte gibt es auf der Debüt-7" von Seedling aus Seattle zu hören. Solchen, den man man auch im Wachzustand genießen kann gibt auf des A-Seite bestaunen, mit ordentlichem Druck und einer Schippe voller Noise . Die B-Seite hingegen kriecht langsam und verträumt vorwärts, ohne dabei in schläfriger Beliebigkeit zu versinken. Auch im Schleichmodus hat ihr Sound nicht nur Textur, sondern auch Profil.
Eigentlich mag ich ja Shoegaze, sehr gerne sogar. Aber irgendwie vermag mich aus der aktuellen Generation von Bands dieses Genres wenig zu begeistern. Ich kann nicht zu hundert Prozent benennen, warum das so ist.
Teil meines Problems mit aktuellem Shoegaze liegt wohl darin begründet, dass der Zeitgeist eher zugunsten von poppigen und leisen bis kaum wahrnehmbaren Dreampop-Klängen ausschlägt. Lärm ist gerade nicht angesagt. Entsprechend drehen sich die musikalischen Einflüsse und der Diskurs in den einschlägig bekannten Musikmagazinen derzeit vor allem um die mir persönlich vollkommen am Arsch vorbeigehenden Slowdive, die dieses musikalische Nichts perfektioniert hatten.
Eine andere Erklärung drängt sich mir auf, wenn ich mal wieder ein paar meiner persönlichen Genre-Favoriten von alten Bands wie Chapterhouse, Ride, Lilys, Swervedriver oder Pale Saints aus der Mottenkiste hole. Dann fällt mir auf, das jede dieser Bands ein ausgezeichnetes Gespür für zeitlose (Power-)Popsongs hatte. Mal sehr ausformuliert, mal eher vage und minimalistisch, aber immer ein funktionstüchtiges und sehr effektives Grundgerüst um die Arrangements der Bands zu tragen. Das geht meines Erachtens dem überwiegenden Teil aktueller Shoegazer vollkommen ab und viele davon täten gut daran, sich etwas auf diese alten Tugenden zu besinnen, anstatt endlos irgendwas an ihren Effektboards zu optimieren.
Das aktuelle Album von Secret Shine (Ja, ich weiß. Ganz so neu ist das nicht mehr.) illustriert das mal wieder bestens und zeigt, wie so was richtig geht. Die Band aus Bristol wurde 1991 gegründet, kam damit etwas verspätet in der Szene an und hat im Laufe der frühen Neunziger ein Album und 'ne Handvoll 7"s auf dem damals wichtigen Label Sarah Records veröffentlicht. Damals eine von vielen Bands, die nichts bahnbrechend neues fabrizierten, aber für einen konstanten Strom an grundsolidem Shoegaze sorgten.
In der heutigen Landschaft strahlt ihre neue Platte dafür umso mehr. Das Songmaterial würde ich mal als "ökonomisch" bezeichnen; auf das Wesentliche reduziert und keine Note zu viel, aber immer genug um den Songs ein klares Profil zu verpassen, sie nicht in der Beliebigkeit versinken zu lassen. Auch die Produktion der Platte trifft den Nagel auf den Kopf. Klar, druckvoll und vielschichtig, so wie viele der liebgewonnenen Klassiker. So muss das.
Hinter dem Projekt Traumatológia verbirgt sich der Solokünstler Zoltán Sindhu. So wie der sich zwischen den Welten von New York und Budapest bewegt, bewegt sich ebenso auch die Musik auf seiner Debüt-EP zwischen den Welten von Noise, Ambient, Psychedelic, Industrial, Drone und Dreampop plus einem Hauch von Shoegaze und Postrock. Diese vielfältigen Einflüsse vermengen sich darauf zu einer durch und unwirklichen, albtraumhaften Atmosphäre.
Sehr schöne digitale Debüt-Single einer Band aus Baltimore. Track Nummer eins ist absolut tadellos ausgeführter, fuzzlastiger Indierock und Noisepop. Nicht weniger überzeugend ist die B-Seite (nennt man das noch so, bei digitalen Files?) mit ihrem wunderbar vernebelten Dream-/Shoegaze Pop.
Crayola Summer ist der Name eines kürzlich reaktivierten Musikprojekts des Londoners Simon Williams, welches in der einen oder anderen Form schon seit ca. 1990 existiert hat und in den Neunzigern 'ne Handvoll Tapes und EPs veröffentlicht hat. Davor hatte der Typ mal eine Band namens The Colgates und in der jüngeren Vergangenheit hat er bei Sarandon mitgemischt, deren letzte zwei Alben auf Slumberland sich im Nachhinein als ziemlich geiles Zeug herausstellen. Außerdem war er unter anderem noch in den für meinen Geschmack etwas weniger interessanten The Safe Distance beteiligt.
Jetzt kommt also die erste Crayola Summer Veröffentlichung seit anderthalb Jahrzehnten. Die neuen Songs gefallen ganz ausgezeichnet mit einer Mischung mit geringfügig noisigem Indierock/Powerpop, einer Vorratspackung Psychedelia und Flashbacks zur C86-Generation. Außerdem einem Hauch von Spacemen 3 und frühem Shoegaze, der hier stark auf die psychedelische Komponente herunterkondensiert wird. Letzteres kommt besonders auf den Songs der als Bonustracks enthaltenen Winter Addendum EP zur Geltung.
Auf ihrem ersten Album fabrizieren Sunshine And The Rain aus Oakland Fuzzgetriebenen Powerpop, der es sich stilistisch ziemlich genau auf der Schwelle zwischen dem Proto-Shoegaze früher Jesus And Mary Chain und den Bands der ersten Shoegaze-Generation in den späten Achtzigern bequem macht. Dabei halten sie sich ziemlich strikt an die klassischen Genre-Konventionen, überzeugen innerhalb der selbst gesteckten Grenzen aber mit purer Qualität. Wenn ich freiwillig ein gewisses Maß an Whoo-ohs ertrage und bereitwillig ein ganz offensiches Teenage Kicks-Ripoff verzeihe, dann hat das was zu heißen. Mit dabei ist ein Fugazi-Coversong, der ursprünglich mal auf einer der vielen TBTCI Tribute-Compilations erschienen ist. Auch mit dem fremden, Genre-mäßig eher entgegengesetzten Songmateriel liefern sie absolute Perfektion ab.
Sunset Images aus Mexiko präsentieren auf ihrer aktuellen EP eine sehr leckere Mischung mit Bestandteilen aus Noise, Postpunk, Shoegaze, Psychedelic und etwas Postrock. Erinnert unter anderem ein wenig an alte A Place To Bury Strangers und frühe Weekend in einer seltsamen Postrock-Parallelwelt.
Monster Movie sind ein Shoegaze-Duo bestehend aus Christian Savill and Sean Hewson. Ersterer ist wohl eher bekannt als der Gitarrist von Slowdive. Savill und Hewson spielten 1989 für eine kurze Zeit zusammen in einer Band namens Eternal und gründeten bald darauf Monster Movie, die dann wiederum sehr bald zugunsten von Slowdive auf Eis gelegt wurden.
Hier fühle ich mich mal spontan dazu genötigt, etwas Ketzerei am etablierten Genre-Kanon zu betreiben. Ich lass einfach mal die Bombe los: Ich kann die unantastbaren Shoegaze-Götter Slowdive ums verrecken nicht ab.
Beim besten Willen, ich hab es immer wieder versucht mir die alten Platten schön zu hören. Und alles was bei mir ankommt ist uninspirierte wie auch überproduzierte Schlafmusik mit durchwachsenem bis komplett substanzlosem Songmaterial, das seine Belanglosigkeit mit einer Überdosis an purem Kitsch auszugleichen zu versucht. Ich hab mich über die Jahre mit so einigem Pop versöhnt. Ich weiß Pet Sounds zu schätzen und kann Smile zumindest ertragen. Aber Souvlaki vermag es immer noch nicht, die kleinste Gefühlsregung in mir auszulösen. Das ist ja noch langweiliger als der ach so furchtbar tiefgründige Easy Listening-Schund namens Dark Side Of The Moon (Oooh, werden jetzt einige sagen,noch mehr Ketzerei! Äh… Duuuude, *blubberblubber* der Shit ist so fucking… *hust* deeeep…).
Von den bekannten Shoegaze-Bands der ersten und zweiten Generation, halte ich Slowdive schlicht und ergreifend für brutal überbewertet und ich sehe es als schlimmen Unfall, dass ihre beliebig dahin plätschernde Fahrstuhlmusik so einen großen Einfluss auf die aktuelle Generation des Genres hat. So, das musste mal raus. Der Lynchmob kann sich jetzt formieren.
Wie auch immer, Monster Movie wurden zum Ende der Nullerjahre reaktiviert und haben seitdem sechs Alben veröffentlicht. Das neueste davon ist jetzt nach einer gut sieben Jahre langen Funkstille auf Graveface Records erschienen. Und das gefällt mir ausgesprochen gut mit seinem mal getragenen bis verträumt, mal psychedelisch-powerpoppigen oder geradeaus rockenden Shoegaze Sound, der dankenswerter Weise auf deutlich griffigerem Songmaterial aufsetzt als diese andere Band (Grrrr…).
Auf dem Debütalbum von UV-TV aus Gainesville trifft straighter Garagepunk auf melodischen Fuzzpop, Shoegaze und ein paar psychedelische Abstecher. Alle Songs vom 2014 erschienenen Demo sind neu aufgenommen und mit an Bord, die alten wie auch die neuen Songs werden mit ordentlich Feuer unter'm Arsch dargeboten. Sorry, irgendwie is Soundcloud grade im Popo. Aber der Direktlink funktioniert.