Wow, das ist ja mal ein unerwartet kompromisslos vorwärtsgeprügelter Brocken aus melodisch-noisigem Post-/Punk-/Indiegedöns. Was Piles (nicht mit den gestern hier gefeatureten Pile verwechseln) aus Milwaukee hier abfeuern ist genau meine Kragenweite. Wer dringend auf Nachschub an schnellem melodischem Krach mit gewissen Ähnlichkeiten zu Male Bonding, Japandroids, No Age, frühen Wavves oder Cloud Nothings sucht, wird hier garantiert seinen Spaß dran haben. Dazu kommen noch leichte Garagen- Postpunk- und Shoegaze-Elemente, Deckel drauf und fertig ist die Sauerei.
Und mein Ratschlag: Nicht danach googlen, es sei denn ihr wollt unbedingt mit ganz und gar unästhetischem Bildmaterial konfrontiert werden. Ich trage keine Verantwortung für eventuelle psychische Schäden.
Schöner Kurzspieler eines Londoner Trios, dessen Sound irgendwo im melodischen Punkrock der Mittneunziger zu verorten ist und geringfügig an der damaligen Indierock/Emo/Postcore-Schnittstelle kratzt. Auch leichte Grunge-und Shoegaze-Einflüsse sind zu verorten. Eine Platte also, die sich gemütlich zwischen den Stühlen platziert, aber trotzdem angenehm vertraut wirkt. Wie ein verschrobener alter Bekannter, der sich seitdem kein bisschen verändert hat.
Auch wenn es vielleicht etwas verniedlichend bis abwertend klingt, Bootleg, das Debütalbum der Band aus Brooklyn NY ist einfach eine schöne, spaßige Platte. So alle paar Wochen kommt mir mal wieder so eine unwiderstehliche Powerpop-Scheibe unter, mit einem Sound der so alt ist, dass meine Eltern sich nicht mehr dran erinnern, mit Ohrwurmfaktor hundert und Pophooks die zwangsläufig die sofortige Ausschüttung von Glückshormonen triggern. Marvin Berry & The New Sound stechen aber aus dem ganzen nochmal etwas raus, ohne oberflächlich etwas anders zu machen als ähnliche Bands. Es ist einfach die stimmigste Zusammenstellung von elf melodischen Rockern, die ich seit längerem gehört habe. Geerdet im bereits erwähnten Powerpop der 60er und 70er, mit dem Vorwärtsdrang von 77er Punkbands gespielt, gucken mehr als einmal frühe The Jam um die Ecke. Im aktuellen Umfeld fühle ich mich auch stark an die Washingtoner Title Tracks erinnert.
Normal mach ich um so waviges Zeug 'nen großen Bogen, aber dieses total aus der Zeit gefallene Ding aus New-/Coldwave, Punk-, PowerPop und Goth-Versatzstücken ist dann doch einfach zu geil um mich kalt zu lassen. Saugt einen sofort rein in eine seltsame Parallelwelt aus Frühachtziger Science Fiction-Filmen und Teenagerkomödien, Cyberpunk, Discokugeln und Laserkanonen. Vollkommen unsubtiler Pop mit einer ansteckenden Dreistigkeit und haufenweise Hits, die in einer gerechteren Welt auch wirklich welche wären. Zurück in die Zukunft von gestern. Sisters of Mercy auf Gummibärchen. Ramones auf Mikrochips. Aktuell vielleicht noch Digital Leather in einem gelackteren, drockvolleren Klangkostüm. Und bessere Songs.
Beast Fiend aus San Francisco rulen voll. Hab ich zumindest gelesen. Haben sie freundlicherweise auf's Plattencover draufgeschrieben, damit ich's nicht selbst nachprüfen muss. Und was rult da denn so? Beast Fiend spielen flotten Postpunk der ganz offensichtlich auf den prägnanten Harmonien der Wipers basiert, reichern das Ganze aber mit gewissen Postcore- und Noise-Einflüssen an. Ob das jetzt wirklich so alles andere wegrult weiß ich nicht, mal auf einen Langspieler warten. Aber saumäßig hörenswert ist die Platte schon, jeden der schmutzigen null Euro wert, für die sie die Platte auf Bandcamp verschleudern, oder was auch immer du bereit bist dafür zu zahlen.
Mit einem Jahr Verspätung stoße ich auf dieses Trio aus Atlanta, Georgia. Schön erbarmungsloser Noise-/Postpunk, simpel und effektiv, kurz und schmerzhaft. Zwischendurch scheint aber auch mal die eine oder andere sonnige Pixies-Melodie durch.
Wenn die ehemalige Indie-Autorität ihre namensgebende Mistgabel mal wieder zum aufspießen einer lauten Gitarrenband in Form eines beinahe-Verrisses zur Anwendung bringt, kann man fast darauf wetten dass ich drauf abfahre. So auch im Fall der Solids aus Montréal, deren treibenden Noisepunk sie als zu simpel und langweilig abtun. Nun ist das besagte Magazin in letzter Zeit ja auch eher dafür bekannt, jeden mittelmäßigen Elektropop-Act oder aufstebenden Kommerzrapper zum nächsten großen Ding zu ernennen, der Bezug zu treibendem Gitarrenkrach ist den Schreibern dort schon vor vielen Jahren abhanden gekommen. Das erklärt wohl auch das Problem des Rezensenten, die eigentliche Stärke des Albums zu erkennen, das Fleisch des ganzen liegt nämlich in dem (genau!) simplen aber effektiven und immer stimmigen Gitarrengeschrammel, hinter dem die eher unauffälligen Gesangsmelodien zurecht in den Hintergrund treten müssen um die melodischen Krachattacken umso mehr erstrahlen zu lassen. Wie zurecht angemerkt, wagen Solids keine Experimente, üben sich vielmehr in Indierockiger Formvollendung. Hier wird nicht eine überflüssige Note gespielt, dafür immer genau die richtige. Irgendwann verwischen bein Hörer etwas die Grenzen zwischen den Songs, die Platte spült in ihrer homogenen Wucht wie eine riesige Welle über den entzückten Hörer. Trotzdem leisten sie sich in den einzelnen Songs keine Schwächen, jeder davon kann auch für sich selbst stehen.
Als Einordnungshilfen muss man zwangsläufig mal wieder Japandroids und No Age anführen oder die (noch) recht unbekannten Weed aus Vancouver. Auch Dinosaur Jr. oder Sonic Youth blitzen mal durch und eine gewisse Nähe zum Emocore der frühen Neunziger hört man ganz klar raus. Wer mit derartigem melodischem Krach etwas anzufangen weiß, wird mit dieser Platte noch lange seinen Spaß haben.
Jetzt erstmal tief Luft holen, denn dieser Post wird zwangsläufig in einer einzigen Namedropping-Orgie enden. Kicking Spit kommen aus dem kleinen Kuhdorf New Brunswick im Bundesstaat New Jersey und in so einer Umgebung bleibt ja gerne mal die Zeit etwas stehen. Passend dazu klingt ihre Musik nach so ziemlich allem was so zwischen '85 und '95 ordentlich Krach und Laune gemacht hat. Am stärksten vertreten wären da erst mal die melodischen Gitarrenwände von Hüsker Dü und Dinosaur Jr. Dann gibt's noch ein paar kleine Hardcore-Attacken, Melvins-Riffs, gewisse Grungeanleihen, frühneunziger Noiserock á la Fudge Tunnel oder Green Magnet School, Superchunk-Melodien und auch die frühe Emo-Phase klingt etwas an. Alles mit drin.
Damit positionieren sie sich in der Nähe von aktuellen Bands wie California X und Milk Music, verstecken brauchen sie sich vor denen aber überhaupt nicht. Negative Feedback ist eine wahnsinnig spaßige Platte, randvoll mit melodischem Krach, die besagten Bands in nichts nachsteht. Die rohe Produktion, die so klingt als wäre sie vom dreckigen Boden eines halbleeren Clubs aufgemopt worden, veredelt die ganze Angelegenheit dann noch vollends. Die Platte kam schon letzten Sommer raus, aber niemand hat's da wirklich mitgekriegt. Ich auch nicht. Käme die Band aus Los Angeles oder sonst irgendeiner angesagten Metropole, hätten sich bestimmt schon alle drauf gestürzt. Bleibt zu hoffen, dass sie in nächster Zeit doch noch ihr Publikum finden.
Und schon wieder geiles Zeug aus Portland. Diesmal gibt's melodisch-düsteren Punkrock der tempomäßig etwas gedrosselten, nichts desto trotz sehr treibenden Sorte. Aufgrund von Sound und Herkunft drängen sich natürlich mal wieder Vergleiche zu den Wipers auf, aber das ist auch nur die halbe Wahrheit. Mindestens genau so oft erweckt die Platte Assoziationen zu der melancholischeren Seite australischer Punkklassiker á la Radio Birdman oder The Saints und diversem Zeug was danach noch kam. So was trifft bei mir ja schon mal per default den richtigen Nerv. Experimente gibt es hier keine, die Songs bilden eine angenehm homogene Einheit und weil die Band auch in Sachen Songwriting nichts anbrennen lässt, überzeugt die Platte von Anfang bis Ende.
Das 2012 erschienene, selbstbetitelte Debütalbum von Woolen Men war ein roher Diamant, versteckt in der unüberschaubaren Masse an mäßigen bis überflüssigen Garagenrockveröffentlichungen. Ich lege es jedem auch nur ansatzweise am Genre interessierten dringlich ans Herz da mal ein Ohr zu riskieren, lohnt sich ungemein.
Auf ihrer neuen EP schlägt das Trio aus Portland aber eine deutlich andere Richtung ein, weg von den psychedelisch angahauchten Jams hin zu kompakteren, eingängigen zwei-Minuten Powerpop-/Punkkloppern. Und diese Transformation gelingt ihnen ganz hervorragend dank ausgezeichneter Songs. Wieder mal ein Volltreffer.