Tim Presley aka White Fence dürfte einigen noch als Frontmann der Psychrocker Darker My Love ein Begriff sein. Andere sind sicher durch seine Albumkollaberation mit Ty Segall auf ihn aufmerksam geworden. Seine Soloalben hingegen haben bisher - vielleicht gewollt - eher kleine Wellen geschlagen. Kein Wunder, denn mit derartig kompromisslosen LoFi-Produktionen ist schon prinzipiell keine größere Zielgruppe zu erreichen. Aber diesmal scheint er es ernst zu meinen. Mit dem Wechsel von einem mittelmäßig bekannten Spezialitäten-Label zu einer rennomierten Indiegröße geht hier auch eine neue Klangästhetik einher, weg von den kratzigen Vierspuraufnahmen vergangener Alben. Statt nach LoFi von heute klingt die Platte nach HiFi von gestern, dank Ty Segalls Produzenten-Skills erstrahlen die Songs in einem durchweg angenehmen Vintage-Sound. Auch songtechnisch hat sich das Niveau deutlich gehoben. Die früheren Platten waren ja ein eher durchwachsener Gemischtwarenladen, hier wurde wohl die Qualitätskontrolle deutlich verschärft und die Trefferquote liegt nah bei 100%. Eine wunderschöne Platte, die sich kein Freund von garagenaffinem Psychpop entgehen lassen sollte.
Brisbane schon wieder. Diese Stadt ist eine unerschöpfliche Quelle für Fans von schrulligem Indie- und Garagenrock. Diese leckere EP schlägt in eine ähnliche Kerbe wie die ebenfalls von dort stammenden Blank Realm, die ja gerade verdientermaßen einige internationale Aufmerksamkeit bekommen. Flauschiger Janglepop, an dem auch Freunde von the Clean gefallen finden könnten.
Bozmo ist ein einsamer Solomusikant aus Berkeley. Leather Umbrella hat er mit einfachen Mitteln in Proberäumen und Schlafzimmern aufgenommen. Das klingt aber keineswegs billig, sondern ein ungeheuer warmer Retrosond ist das Ergebnis. Sehr authentischer, fuzzlastiger Psychpop, den die letzten 50 Jahre nicht besonders jucken. Wer die entspannteren Momente von Ty Segall oder Oh Sees zu schätzen weiß, wird sich auch in dieser regenbogenfarbenen halben Stunde gut aufgehoben wissen.
In der Pelzmodeabteilung des Internets findet man dieses spaßige Powerpop-/ Poppunk-Trio aus Chicago. Nicht gleich wegrennen wenn ich Poppunk sage, das ist nämlich keine Kindermucke mit aufgeklebtem Iro, sondern viel eher in den Urvätern des Genres verankert; insbesondere die Buzzcocks finden sich hier immer wieder. Dazu hat's noch 'ne leicht garagige Kante und einen hohen Fuzz-Faktor. Außerdem heben sie sich mit durchweg ausgezeichneten Songs vom Genre-Einheitsbrei ab und lehnen sich gelegentlich ein kleines bisschen aus dem Fenster; ich glaube hier und dort auch mal subtile Anklänge von The Gun Club oder sehr frühen Wire zu vernehmen. Eine Ärsche tretende Glückspille ist das.
Wieder mal so eine Platte, die beim Release irgendwie an mir vorbei ging, und das obwohl sie schon länger in meiner Mailbox rumlag und auch in einigen mir vertrauten Blogs die Runde machte. Naja, dann wohl mal im falschen Moment verpeilt ein Bookmark zu setzen und schon für immer vergessen.
Wie auch immer, die Mitglieder dieses Trios aus Los Angeles/New York/Memphis haben in der Vergangenheit schon bei solchen alten Bekannten wie etwa Jay Reatard oder Wavves gespielt. Erschienen ist das Ganze bei der Garagenrock-Institution HoZac Records.
Das ist eine dieser Platten, deren Einzelteile eigentlich nicht zusammen passen dürften, aber doch hervorragend ineinander greifen. Da treffen LoFi-Elektrobeats auf verträumten Psychpop, flotter Garagenpunk auf Shoegaze-artigen Effektnebel. Der ganzen Schrägheit setzt dann der meistens künstlich hochgepitchte Gesang die Krone auf, aber zusammengehalten wird die Platte durch ein ausgezeichnetes Gespür für wahnsinnig eingängige Powerpopsongs. In ihrer Zerfahrenheit erinnert mich das an die psychedelischen Sample-Orgien von Spectral Park oder eine noch Hymnischere Variante des elektronischen Garagenpop von Gap Dream. Kombiniert man das mit der bisherigen Vita der Musiker, ergibt das fast schon wieder ein wenig Sinn.
Der warme Powerpop dieser New Yorker Band bewegt sich auf sehr vertrautem Gelände. Kleine Seifenblasen von Guided by Voices, Pavement oder Replacements steigen vom ersten Ton an im Geiste des Hörers auf. Das gewinnt zwar keinen Nobelpreis, macht aber großen Spaß. Denn mal ehrlich, in vielen Momenten ist ein ausgezeichneter Popsong plus etwas Lärm doch alles, was einem zum glücklich sein fehlt, oder?
Das geschmackssichere Label Faux Discx festigt mal wieder seinen Status als eine der erfrischendsten Inseln im überwiegend doch sehr eingefahrenen britischen Indie-Sumpf und beschert uns kurzerhand das Debütalbum der Londoner Omi Palone.
Und ehrlich gesagt, mit so was geilem hatte ich nicht gerechnet. Das ist aufs wesentliche reduzierter, schrammeliger Indie Rock, der durchaus an die Neuseeländische Flying Nun-Connection der 80er/90er erinnert, oder auch mal an ganz frühe REM oder eine straightere Version von Wires hymnischeren Momenten. Aber auch Sonic Youth- oder Wipers-lastige Gitarrenharmonien oder Krachattacken wie von den frühen Dinosaur Jr und leichte Geschmacksspuren von Postpunk sind auszumachen.
Ausgeschrieben klingt das jetzt zugegebenermaßen nicht besonders spannend, eher wie die gefühlte Hälfte anderer hier vorgestellter Bands. Aber das sind auch alles nur notdürftige Versuche den Sound irgendwie einzuordnen, denn Omi Palone verschmelzen eigentlich gekonnt ein sehr breites Spektrum aus den Tiefen der Indie-/Alternative-Historie zu einem unangestrengten und gekonnten Ganzen, das weitaus mehr ist als die Summe seiner mehr oder weniger offensichtlichen Einflüsse. Und auch selten geworden heutzutage: Jeder Song ist ein Volltreffer. Acht Songs, die man den ganzen Tag auf repeat hören könnte, ohne dass man irgendwann zuviel davon kriegt.
Selbstbewusten und super abgehangenen Garagenrock spielen The Thons aus Chicago. Das klingt mal nach oldschooligem Geriffe im Stil von Radio Birdman oder Obits, ein anderes mal als hätte man Urge Overkill das Koks durch Ritalin und Gras ersetzt, surfige und angefolkte Zwischentöne sind auch mit an Bord und bei all dem lassen sie die eingängigen Hooks nie zu kurz kommen. Die schnörkellose aber kraftvolle Produktion - alles wurde an einem Tag eingespielt - passt dazu wie Arsch auf Eimer. Für dieses Jahr hat die Band noch gleich zwei weitere Alben angekündigt. Man darf gespannt sein.
Die Platte gibt's im Bandeigenen Shop zum Download, im Tausch gegen einen Facebook-Share oder einen frei wählbaren Betrag von mindestens null Euro (aber seid keine Arschlöcher, ok?).
Schönen melodischen Punkrock mit einem gewissen Buzzcocks-Einschlag bescheren vier Typen aus Montreal, erschienen beim immer geschmackssicheren Dirtnap Records. Reiht sich auch ganz gut in jüngere Veröffentlichungen ein, etwa von Radioactivity oder Mind Spiders.
Eigentlich hab ich ja die Schnauze voll von den 60s Teenpop- und Girlgroup-beeinflussten Bands die in den letzten Jahren rumgehypt wurden. Keine von denen wurde m.E. dem Hype auch nur annähernd gerecht. Best Coast schreibt seitdem immer wieder den gleichen Song und versucht dabei so furchtbar ultra cute rüber zu kommen, dass ihre Welt in rosa Plüsch versinkt. Frankie Rose und ihre Bands Dum Dum Girls und Vivian Girls konnten zwar die eine oder andere Ohrwurm-Single für sich verbuchen, ihre Alben bestanden aber überwiegend aus uninspiriertem Füllmaterial. Das sie sich dann auch noch zunehmend in eine gafällig-poppigere Richtung entwickelten, trug dann natürlich auch nicht besonders zu meiner Begeisterung bei.
Als aber Tweens vor zwei Jahren ihr Debüt "Live at the Mohawk" - eine wunderbar grottige und ungeschliffene LoFi-Aufnahme ihres allerersten Gigs - auf uns losließen, war ich sofort hin und weg. Da war sowohl der unwiderstehliche Pop, ohne den das Genre undenkbar wäre, aber dieses schräge Trio fügte dem ganzen auch wieder die nötige Schaufel Dreck hinzu, den sowas schon braucht um bei mir zu zünden.
Nun liegt mir hier ihr erstes "richtiges" Album vor, mit einer deutlich zugänglicheren Produktion und einem durchaus etablierten Label im Rücken. Die gute Nachricht: Sie haben sich nicht vollkommen glattbügeln lassen. Das ganze ist zwar weit entfernt vom alten Lofi-Sound, aber die Produktion macht ordentlich Druck und zeigt immer noch genug Zähne. Es ist zwar nicht jeder Song ein Volltreffer, aber es gibt auch keine wirklichen Ausfälle. Einige der deutlich vom 77er Punk geprägten Popmelodien werde ich so schnell nicht mehr aus meinem Kopf bekommen, und das ist ja schon mal kein schlechtes Zeichen.