Wumms. Mit diesem Quartett aus Melbourne ist in Zukunft sicher noch zu rechnen. Ihre erste EP macht jedenfalls schon richtig Lust auf mehr von ihrem schön kantigen, fuzzverliebten Postpunk, den Kanadiern Lié nicht ganz unähnlich.
Das erste Tape der Kommissars aus Sudbury, Kanada macht mit durchweg kompetentem Post Punk schon mal ordentlich gespannt auf die zukünftige Entwicklung der Band. Über den Gitarren schwebt hier öfter mal ein subtiler Sonic Youth-Vibe, ansonsten erinnern mich die fünf abwechslungsreichen Songs stellenweise mal an frühe Protomartyr, Sarcasm, Rank/Xerox oder Marbled Eye.
Ein starkes zweites Tape hat die New Yorker Band da vorgelegt, ein massiver Qualitätssprung im Vergleich zum eher mauen Vorgänger. Noise Rock mit exquisitem Vorschub und einem sehr postpunkigen Unterbau gibt es zu hören, der sich gut ins Umfeld aktueller Bands wie Tunic, Dasher, USA Nails oder Batpiss einfügt.
Die dritte EP der Band aus Tokyo (auf Bandcamp für einen sehr, nun ja… japanischen, also recht gesalzenen Preis zu bekommen) gefällt mal wieder mit einem sehr verspielten Sound, der sich zu gleichen Teilen aus Garage- und Postpunk speist. Könnte man z.B. als eine postpunkigere Version von Reality Group oder eine garagelastigere inkarnation von Marbled Eye bezeichnen.
Die New Yorker Sleepies lassen mal wider was von sich hören in Form eines ziemlich blauen Kurzspiel-Tapes. Ihre wuderbar fluffige Mischung aus Indie Rock und Postpunk, die man inzwischen schon fast wieder als oldschoolig bezeichnen könnte, hat über die Jahre kein bisschen von ihrem Charme eingebüßt.
Als ich das zweite Album Under Color Of Official Right von Protomartyr aus Detroit zum ersten mal zu hören bekam, traf mich ihre Musik ganz unvorbereitet. Der recht ordentliche Vorgänger No Passion All Technique gefiel mir schon nicht schlecht, ließ aber nicht annähernd erahnen, was für Höhen die Band später noch erklimmen würde. Plötzlich war da also diese angepisste Giftspritze von einer Platte, getragen von den außergewöhnlich einfallsreichen Arrangements einer Band, die mit allen Mitteln daran arbeitet, die Konventionen des Postpunk-Genres zu überwinden. Und ein perfekter Klangteppich für die von Joe Casey in einer Mischung aus Wut und Resignation vorgetragenen Vocals, die nicht selten in scharfzüngige Rants ausarteten. Viel besser kann zeitgemäßer Post Punk doch kaum werden.
Dachte ich. Und dann kam The Agent Intellect. Ein vor Ambition berstendes Album, das den Fokus stärker nach außen, auf das Weltgeschehen richtete und dessen Grundstimmung von tiefer Melancholie und Weltschmerz zu einem losen Konzeptalbum von epischen Ausmaßen kanalisiert wurde. Ein eindringliches Statement über die universellen Abgründe der menschlichen Existenz in einem Umfeld, das zunehmend den Verstand und jegliche Vernunft hinter sich lässt. Ich ging zu dem Zeitpunkt davon aus, dass Protomartyr damit ihren kreativen Zenit erreicht hatten.
Seither sind knapp zwei Jahre vergangen, deren Ereignisse sich in ihrer geballten Wucht anfühlen als wäre die Menschheit bereitwillig und vor Freude johlend in einen Pool aus Scheiße gesprungen. Man kann's auch nicht mehr ignorieren, der Gestank ist einfach zu penetrant und allgegenwärtig. Nun ist besagte Scheiße ja auch der Brennstoff für die Musik von Protomartyr, das Potenzial für ein ordentliches Feuer ist also gegeben.
Und was für ein prächtiges Feuer sie hier veranstalten! Wie schon beim letzten mal, als ich dachte, Protomartyr könnten da kaum noch einen draufsetzen, übertrifft sich die Band ein weiteres mal selbst. Die diversen Ereignisse sind natürlich nicht spurlos an Joe Casey vorbei gegangen. Direkter als je zuvor nehmen seine Lyrics Bezug auf das Zeitgeschehen, spiegeln mit deutlichen Worten und ausdrucksstarken Bildern die allgemeine Befindlichkeit, das Chaos, den Zerfall, die Verwirrung einer Welt wieder, die ihre bedrückendste existenzielle Krise seit langer Zeit durchlebt. Dazu passend schlägt auch die Musik zunehmend getragene, nachdenkliche Töne an. Mit abermals gesteigertem emotionalen Punch. Keine Frage, Protomartyr fahren mal wieder ganz beachtliches Drama auf. Dass das funktioniert, ist ihrem bis dato besten, sorgfältig konstruierten Songmaterial von beeindruckener dramaturgischer Finesse geschuldet. Die Platte ist eine verblüffende, niederschmetternde, spektakuläre Abfahrt. Und Protomartyr sind die wichtigste Band der letzten Jahre. Punkt.
Schickes Teil, die digitale Debütsingle von Luxury aus Newcastle. Halbwegs konventionellen, aber auch mehr als grundsoliden Postpunk kann man darauf vernehmen. In etwa das, was ich mir von der letzten Puritans 7" gewünscht hätte.
First Steps ist ironischerweise die zweite EP der Band aus Toronto und ich hätte diese wunderbare Platte glatt verpasst, wäre das urspränglich letztes Jahr erschienene Teil nicht kürzlich von High Fashion Industries als selbstbetitelte 7" wiederveröffentlicht worden. Dennoch ergibt der ursprüngliche Titel jede Menge Sinn, führt man sich mal den soliden aber uninspirierten Psych- und Garage Rock ihres Demos und der ersten EP zu Gemüte. First Steps ist da eine beachtliche Weiterentwicklung und klingt nach einer Band die dabei ist, ihren ganz eigenen Sound zu finden. Diese erstaunlich nahtlose Verschmelzung von Post Punk und Psychedelic ist einfach entzückend und macht mehr als nur ein bisschen gespannt auf den zukünftigen Output der Band.
Eine ausgesprochen vielversprechende EP hat die Londoner Band Death Traps da vorgelegt. Irgendwo im Umfeld von spät-80er Indierock, Postpunk und -core angesiedelt, erinnert mich ihr Sound abwechselnd mal an Mission Of Burma, 80er Sonic Youth oder Moving Targets, aber auch an jüngere Vertreter des Postpunk-Genres, ohne dass mir da spontan ein expliziter, treffender Vergleich einfiele.
Auf ihrem zweiten Tape lässt es die Band aus Oakland überwiegend etwas gemächlicher angehen als auf dem Vorgänger. Ihrem verschrobenen Mix aus Post- und Garagepunk fügen sie jetzt eine gute Schippe Powerpop hinzu, der klingt als wäre er in den frühen 80ern aus dem bodenlosen New Wave-Fass gekrochen.