Wieder einmal schöner, klassischer Noiserock. Animal Lover aus Minneapolis spielen eine sehr oldschoolige Variante davon. Man kann eine deutliche Vorliebe für die frühen Shellac heraushören, ansonsten regiert hier die alte AmRep-Schule, insbesondere Unsane und frühe Helmet würde ich hier mal als Vergleich anbieten.
Chaotischer Math-/Noiserock aus Columbus, Ohio. Das trägt die Gene der üblichen Genre-Verdächtigen in sich, aber man kann auch parallelen zu etwas unwahrscheinlicheren Referenzen wie Minutemen oder The Pop Group ziehen, wenn man will.
Hard-/Post- und ähnliche Chormusik mag mich ja am besten zu begeistern in den Darbietungsformen, die sich am wenigsten um angestaubte Genrekonventionen scheren und auch nicht den aktuellen Trends in den Arsch kriechen müssen. Wie etwa diese Band aus Toronto, die das beste aus den Welten des Mittachziger Dischord Sounds und dem prägnanten Frühneunziger-Output von AmRep oder Touch&Go zu verbinden weiß.
Future Of The Left-/ Ex-Mclusky-Frontmann Andrew Falkous hat scheinbar aus reiner Langeweile ein neues Soloprojekt am Start und verscheuert die Platte jetzt ohne großen Promowirbel auf Bandcamp. Ehrlich gesagt, das Ding sagt mir besser zu als so einige seiner nach wie vor exzellenten Hauptwerke. Entspannter, verspielter und melodiöser geht es hier zu Werk. Auch wenn sich hin und wieder das von seinen Hauptbands etablierte, dissonante Geriffe einstellt: hier ist auch mal Platz für leicht folkige Einlagen und generell tendiert das ganze eher in die Richtung von oldschooligem Indierock, man darf sich gelegentlich durchaus an alte Helden wie Archers of Loaf erinnert fühlen. Die Lyrics hingegen bleiben so bissig wie eh und je.
Sehr, sehr toller Noise-/Mathrock von einem Trio aus London, der sich stilistisch aus der Blütezeit des Genres bedient. Bands wie Faraquet, Shellac, Jesus Lizard oder auch mal Helmet dürften hier Pate gestanden haben. Davor müssen sich Poino aber keineswegs verstecken; Bon Ick Voyeur ist ein sehr frisches Album geworden. Eins der wenigen, das seine Einflüsse nicht nur oberflächlich kopiert, sondern mit seinen ausgefuchsten Kompositionen von vorne bis hinten Sinn ergibt und trotz seiner Komplexität erstaunlich eingängig bleibt.
Juhu, eine Band deren Namen ich nicht auszusprechen weiß. Aus Kiev kommt diese Combo, das war's dann auch schon an verfügbaren Infos. Spielen eine arg krude Variante von mal melodischem, mal eher monoton-doomig groovendem Noise-/Postrock, zusammengehalten von etwas übertrieben verschwurbelten Elektrobeats. Aber auch das steht der Platte gut, denn alles hier hat seine gewisse Schieflage und zieht einen in all ihrer unbekümmerten, verspielten Unperfektheit und ihrem warmherzigen Charme am Ende doch auf ihre Seite.
Wenn auch der Titel des Openers Guy Picciotto einen ausgiebigen Ausflug ins Dischord-Universum erwarten lässt, dominieren auf dem exzellenten Debütalbum dieser Band aus Toronto doch eher die Einflüsse aus einem etwas anderen Strang der Postcore-Evolution. Da wäre etwa die melodisch-verschwurbelte wie auch treibende Variante von Braid oder Drive Like Jehu, oder der hispeed-Garagencore von deren späterem Ableger, Hot Snakes. Hier und da schauen Quicksand um die Ecke und auch mit an Bord ist klassischer Noiserock á la Jesus Lizard, Chavez oder etwas aktueller: METZ.
Ohne Frage ein erstaunlich selbstbewusstes und ausgereiftes Debüt und ein sehr erfrischendes Lebenszeichen für diese zwischenzeitlich etwas verschollene Art von hochenergetischem aber zugänglichem Post-/Noisecore, der sofort ins Ohr geht ohne sich irgendwelchen kurzlebigen Trends anzubiedern. Ein lange erwartetes Album, und es enttäuscht nicht.
Sehr eingängigen, ja geradezu tanzwütigen Krawall spielt das Duo Street Eaters aus Berkeley, dessen Sound mal wahlweise im Post-, Garagen- oder Noisepunk einordnen könnte. Das klingt in etwa so als hätte man die Gene so unterschiedlicher alter Punkhelden wie etwa Wire, Dead Moon oder Wipers kombiniert, könnte in der Gegenwart aber auch mit Bands wie Milk Music, Generation Loss oder einer abgespeckteren Variante von California X verglichen werden. Your mileage may vary. Tolle Platte auf jeden Fall, die nicht nur angesichts besagter Referenzen bei mir ins Schwarze trifft, sondern auch bestens für sich alleine stehen kann.
Breaking News für Vinylbevorzuger: Das Ding bekommt hierzulande einen Vinylrelease auf dem kölner Label Contraszt! Records. Also spart euch die hohen Auslandsversandkosten und wartet bis zum 30. Juni, so lange würde sonst der Versand aus US ja auch locker dauern. Im Label-Shop kann man's jetzt schon vorbestellen.
Pffffftgrmmmmmpfffh… was zum… Fuck, was für'n großartiges Cover! Seit über 50 Jahren wird im Rock'n'Roll von gewissen Bands und Teilen des Publikums vollends ironiefrei eine so ätzende und klischeehafte, wie auch geradezu absurde Hypermaskulinität abgefeiert, und erst jetzt traut sich jemand, dieser Spackenkultur mal angemessen den Spiegel vorzuhalten und sie halbwegs realitätsgetreu durch den Kakao zu ziehen. Wenn's dann einigen übersensiblen Zeitgenossen, geprägt von chronischer Angst vor dem eigenen Genital, ästhetisch gegen den Strich geht: umso besser. Der Titel mag dann gleich noch zum gepflegten Schwanzvergleich zu provozieren: Nee, deiner ist kein Gott, hier guck mal. Meine Eier sind die dickeren.
Die Musik ist in gewisser Weise passend dazu. Denn ganz unsubtil und hemmungslos werden hier die Bretter geschrubbt, die felle Massiert und die Saiten geschrappelt. Wunderschöner Noiserock/-punk, der's Freunden von Bands wie Soupcans oder Vulture Shit ganz vorzüglich besorgen wird.
Noise-/Postcore Band aus San Francisco. Könnte man vielleicht als im Tempo gedrosselte Version der Hot Snakes sehen, angereichert um Elemente aus dem Noiserock der Neunziger Jahre. Unsane könnte man da als Beispiel nennen. Wirklich prägnant sind hier aber die deutlichen Grunge-Untertöne, die dieser Platte eine ungewöhnliche Eingängigkeit und eine wohlige Vertrautheit verleihen.