Die sonst eher irgendwo im Moshpitgewühl beheimateten Jungs vom Blog Borderline Fuckup machten diese Woche auf ein viel zu seltenes Phänomem aufmerksam: Eine deutsche Indierockband die nicht saugt. Das Debütalbum des Münsteraner Duos Andalucia erinnert sofort an aktuelle Indiekrachduos wie etwa Playlounge, Solids oder frühe Japandroids, aber auch die alten Indieschrammler von The Wedding Present kann man manchmal raushören. Sehr souveränes Debüt, das neugierig auf ihr zukünftiges Schaffen macht.
Die Musik dieser Punkcombo aus Salt Lake City fügt sich auf den ersten Blick ganz gut ein in die aktuelle Welle fluffiger Indiepop-/Poppunkbands die derzeit die Blogosphäre mit seichtem Geschrammel zuscheißen. Auf den zweiten Blick zeigen sich dann aber Qualitäten, die sie meilenweit aus der besagten dunkelbraunen Suppe herausragen lassen. Erstmal ist das - unschwer zu erkennen - kein niedliches Schmusekätzchen auf dem Cover; passend dazu werden die zwölf Songs unerwartet energetisch vorangetrieben und unter der Oberfläche der poppigen Melodien tun sich bei genauerem hinsehen manche düstere Abgründe auf. Die Songs erweisen sich dann auch als weitaus weniger 08/15 als es zuerst scheint, das hat alles Hand und Fuß und jede Songstruktur erscheint sorgsam ausformuliert. Mag auch mancher Song in den ersten Takten eher auf handzahmen Bubblegumpop hindeuten, es dauert nie lange bis einen des nächste große Hook in einen Emotionalen Strudel reinzieht, wie er in diesem Genreumfeld sehr rar geworden ist.
Diese Splitkassette zweier Bands aus Montreal hat eine eher grottige und eine ausgezeichnete Seite. Fangen wir mit der grottigen an: Die vier Songs von Fakes wären eigentlich ganz erträglicher, wenn auch unorigineller Garagenpunk. Was das ganze jedoch komplett herunterzieht ist der übertrieben bemühte, nervtötende Quietschgesang mit dem die Sängerin sicher furchtbar durchgeknallt und weird rüberkommen will. Weckt bei mir aber nur müdes gähnen. Zu oft gehört, zu klischeehaft und am Ende einfach so nervig wie der Typ auf'm Konzert hinter dir, der es für angebracht hält, pausenlos whoohoo in dein linkes Ohr zu schreien und nicht an den Blicken der Leute merkt, dass sie ihn am liebsten umbringen würden. Eine der schlechtesten (Gesangs-)Angewohnheiten der jüngeren Indielandschaft, hier bis zum Erbrechen durchgezogen.
Das Tape mal umzudrehen kann ich hingegen sehr empfehlen, denn die B-Seite macht das alles mal locker wett. Harsh Reality spielen dreckigen, melodischen Indierock voll fuzziger Gitarrenwände, der die Herzen derer erfreuen dürfte, die die ungeschliffene Debüt-EP von Milk Music mochten. Oder man stelle sich eine räudige LoFi-Variante von Dinosaur Jr's Bug mit einer noch deutlicheren Noise-Kante vor. Macht saumäßig Laune und lässt einen die lausige A-Seite schnell vergessen.
Sehr eingängiger und fuzziger Indierock der oldschooligen Sorte von einem Duo aus Vancouver mit Signtlines-Frontmann Eric Axen an Gitarre und Gesang. In etwa so als hätten sich die melodischeren Momente von Mission Of Burma mit den frühen Archers Of Loaf oder Sebadoh vermischt. Schnörkellos und absolut gekonnt.
Schon was ältere EP einer Band aus Kingston, Ontario. PS I Love You-Frontmann Paul Saulnier macht sich hier am Bass zu schaffen. Das Zeug ist ganz tief im Indierock der frühen Neunziger verwurzelt. Das kann gelegentlich mal die gewohnten Pavement-/Sebadoh-Referenzen nach sich ziehen, aber die Bandbreite dieser sechs Fuzzrocker ist doch sehr weit gestreut, nimmt auch mal düster-doomige oder leicht wavige formen an. Und exzellentes Songwriting verleiht dem ganzen eine Menge Substanz.
Brisbane schon wieder. Diese Stadt ist eine unerschöpfliche Quelle für Fans von schrulligem Indie- und Garagenrock. Diese leckere EP schlägt in eine ähnliche Kerbe wie die ebenfalls von dort stammenden Blank Realm, die ja gerade verdientermaßen einige internationale Aufmerksamkeit bekommen. Flauschiger Janglepop, an dem auch Freunde von the Clean gefallen finden könnten.
Das noch taufrische Label Virtual Cool beschert uns gleich zu Beginn ein tolles Tape eines Kollektivs aus Brisbane, das wohl die halbe dortige Szene vereint und Mitglieder aus gefühlten zwanzig Bands an Bord hat, von denen mir bisher ehrlich gesagt nur Gravel Samwidge ein Begriff sind. Das Ergebnis ist erwartungsgemäß mehr als Krude. Entspannter aber zugleich schräger LoFi-Indierock mit ausgeprägtem psychedelischem Einschlag á la ganz frühe Sebadoh, aber auch alter Garagen- und Protopunk weiß da ein Wörtchen mitzureden. In manchen Momenten drängen sich Velvet Underground-Vergleiche geradezu auf.
Future Of The Left-/ Ex-Mclusky-Frontmann Andrew Falkous hat scheinbar aus reiner Langeweile ein neues Soloprojekt am Start und verscheuert die Platte jetzt ohne großen Promowirbel auf Bandcamp. Ehrlich gesagt, das Ding sagt mir besser zu als so einige seiner nach wie vor exzellenten Hauptwerke. Entspannter, verspielter und melodiöser geht es hier zu Werk. Auch wenn sich hin und wieder das von seinen Hauptbands etablierte, dissonante Geriffe einstellt: hier ist auch mal Platz für leicht folkige Einlagen und generell tendiert das ganze eher in die Richtung von oldschooligem Indierock, man darf sich gelegentlich durchaus an alte Helden wie Archers of Loaf erinnert fühlen. Die Lyrics hingegen bleiben so bissig wie eh und je.
Räudigen Pop versprechen Times Beach aus St. Louis im Albumtitel und behalten Recht. Das ist nicht die Art von Pop, die wie Honig aus den Lautsprechern sifft. Das ist die Art von Pop, zu dessen Schönheit man erst mal durchdringen muss, durch dichte Lagen aus Stacheldraht, Dreck und Taubenschiss. Das erinnert zeitweise an die jüngere Indierock-Vergangenheit wie etwa frühe Wavves und die Debütalben von Male Bonding oder Rat Columns. Etwas offensichtlichere Klassiker wie Hüsker Dü oder Dinosaur Jr könnte man auch anführen oder aktuelle Noisepop-Bands wie etwa Joanna Gruesome. Geht runter wie lauwarmes Karlskrone-Pils.