Was geht eigentlich heute mit Dischord? Vol.1
Ich muss sagen, es war nicht besonders schwer das Washingtoner Traditionslabel aus den Augen zu verliern, nachdem Dischord zum Ende des letzten Jahrzehnts fast in der Versenkung verschwand und außer ein paar Reissues alter Klassiker nicht mehr viel von sich hören ließ. Auch ein etabliertes, bedeutendes Indie Label muss wohl erst mal den Niedergang des "alten" Musikbusiness verdauen.
Die Veröffentlichungen des Labels haben aber einen besonderen Platz in meinem kleinen Musiknerd-Herzen, hat sich doch der sehr spezielle und einzigartige Dischord-Sound um die Jahrtausendwende wie ein roter Faden durch mein junges Erwachsenendasein gezogen. Seltsam daher, dass ich bisher nicht dazu kam mich genauer mit den aktuellen Veröffentlichungen der Washingtoner Plattenpresse zu befassen, die langsam wieder fahrt aufzunehmen scheint. Hol ich jetzt nach.
Die jüngste Veröffentlichung ist ein Split-Release mit Lovitt Records. Alarms & Controls sind ein Haufen alter Bekannter in der heimischen Szene. Bandmitglieder haben unter anderem schon bei Circus Lupus und Crownhate Ruin mitgemischt und ihre aktuelle Band erinnert soundmäßig sehr stark an einige meiner absuluten Favoriten in der Dischordgrafie: Faraquet, Q and not U, Medications. Also die etwas vertracktere, jazzig-progressiv angehauchte und trotzdem immer locker groovende Variante des klassischen D.C.-Postcore. Wer etwas Geld sparen will, kauft (den Download) am besten im Label-eigenen Shop ein. (mehr …)
Adam Widener dürfte vor allem als Bassist der inzwischen aufgelösten Garagenrocker Bare Wires bekannt sein. Aus deren langem Schatten tritt er jetzt aber heraus mit einer hervorragenden Soloplatte, voll mit Retro-Poppigen Hooks und treibendem Rock'n Roll irgendwo im Grenzgebiet zwischen 77er Punk, Powerpop und Garagenrock. (mehr …)
Hübsche Sauerei, was die Bostoner Guerilla Toss da auf ihrer neuen EP veranstalten. Auch wenn gerade kein wirklicher Mangel an Bands herrscht, die mit Postunk-, New- und No Wave-Versatzstücken arbeiten, das meiste davon klingt doch eher nach einer ausgelutschten The Pop Group- oder Gang Of Four-Gedenkveranstaltung. Guerilla Toss bringen nun einen ungeahnten Spaßfaktor zurück in das sonst so bierernste Genre. Und sie Rocken. Und Grooven. Der ganze Wahnsinn, der Noise und die Schrill- und Schrägheiten dienen dazu den Groove zu kontern, nicht ihn zu zerstören. Und anders als viele ähnliche Bands klingt das überhaupt nicht nach Retro-Mucke sondern wirkt durch und durch in der Gegenwart verankert. Kurz gesagt: Die erste Postpunk-Veröffentlichung seit langem, die nicht irgendwie ein bisschen überflüssig wirkt, und die dem etwas totgespielten Genre wieder etwas Leben einzuhauchen vermag. Überhaut nicht schwul, das. (mehr …)
Schon wieder so eine geile Band aus Neuseeland, schon wieder auf Flying Nun Records. Was tun sich die Neuseeländer eigentlich morgens in den Tee, dass dort scheinbar jeder unter sechzig in so drei bis fünf Bands spielt von denen die meisten auch noch richtig gut sind? Wieder einmal warmer, melodischer Indie Rock, der mal treibend und laut, mal entspannt-verträumt daherkommt. (mehr …)
Das Trio aus Washington bezeichnet sein Schaffen selbst als Post-Punk-Pop. Das ist aber eher irreführend, denn weder mit Punk noch mit der ollen Post hat das viel zu tun. Stattdessen begeistern sie auf Half-Remembered Dream mit schrammeligem, C86-beeinflusstem Powerpop, dessen Wurzeln klar in den späten 80ern/frühen 90ern zu verorten sind. Teenage Fanclub könnte ich da als Vergleich anbieten oder The Wedding Present. Oder aktuell eine weniger laute Version von The Pains Of Being Pure At Heart. (mehr …)
Sonniger Surfpunk à la Wavves aus Dallas, Texas. Manchmal scheint eine Crystal Stilts-artige Melancholie durch und einen leichten Pixies-Einschlag meine ich auch wahrzunehmen. Schön, das. (mehr …)
Ihr letztjähriges Album Good Feelings war eine der besten erbarmungslosen Noise-Attacken in einem an erbarmungslosen Noiseattacken nicht allzu armen Jahr. Jetzt legt die Band aus Toronto nochmal eine EP nach. Die Marschrichtung bleibt die gleiche, garagiger Noisepunk für Menschen mit erlesenem Geschmack. (mehr …)
Interessante Band aus New Haven, Connecticut; Sänger und Gitarrist Mike Falcone ist derzeit wohl bekannter als Drummer von Speedy Oritz, die derzeit ja ziemlich durch die Decke gehen. Gefällt mir sein altes "Nebenprojekt" aber deutlich besser. Das in bester (also schlechtester) Demo-Qualität aufgenommene mini-Album oszilliert irgendwo zwischen frühneunziger Indierock à la Sebadoh oder Guided By Voices, schreckt aber auch vor an ganz frühe Helmet erinnerndem Noiserock nicht zurück. Zum Schluss gibt's dann zwei Coverversionen von Ween und (*hust*) Nicki Minaj, das Resultat ist aber halb so schlimm. (mehr …)
Zwei Spacken aus Alzey spielen eine etwas verschollen geglaubte, vom bösen G-Wort geprägte Form des 90er Alternative Rock, an die man sich dank der Nickelbackisierung des besagten Genres auch kaum noch erninnert. Angenehmer Flashback und ein guter Realitätscheck für die Junge Indie-Generation. Macht bitte alle mal wieder mal richtigen Krach, ja? (mehr …)
Hab mir heute anlässlich der britischen BluRay Veröffentlichung mal wieder den alten Shinya Tsukamoto-Schinken Tokyo Fist reingetan. Seine frühen Anarcho-Streifen wären nicht was sie sind ohne die großartigen Soundtracks. Für die Untermalung von Tokyo Fist zeichnete der Filmkomponist/Experimentalmusiker Chu Ishikawa und seine Band Der Eisenrost verantwortlich. Der unten verlinkte, von Tsukamoto gefilmte Clip ist auch im Bonusmaterial der bei Third Window Films erschienenen Disc enthalten.