Die Noiserocker aus Minneapolis haben sich geschlagene sechs Jahre Zeit gelassen seit ihrem letzten Langspieler. Das hört man auch, denn ihr drittes Album überzeugt mit einem von der Band bisher ungehörten Feinschliff, einer Eleganz, die ich den Typen bisher so nicht zugetraut hätte. Das ist ein absolut tadelloses Stück Lärm geworden, der sich trittsicher im Rahmen des eigenen Genres bewegt und dabei einfach alles richtig macht.
Juhu, ein Anlass zum Klugscheißen!
Pink Film (Pinku Eiga) ist erstens ein japanisches Filmgenre, das seine Anfänge in den 60er Jahren hatte und eine für unser westliches Verständnis etwas unwahrscheinliche Verschmelzung von Arthouse-Kino und Softcore-Erotikfilm darstellt. Viele Filme der frühen Phase dieses Genres gelten heute als kleinere Klassiker, ganz besonders einige Streifen vom Genre-Pionier Kōji Wakamatsu. Der Erfolg dieser unabhängig produzierten Filme hinterließ ab den 70ern auch seine Spuren in den Produktionen der großen Studios, insbesondere wäre da das Pinky Violence Subgenre der Toei-Studios zu nennen, außerdem produzierten die Nikkatsu Studios ab 1971 bis tief in die 80er hinein ausschließlich sogenannte Roman Porno Filme. In den letzten Jahrzehnten hat das Genre sehr an Bedeutung verloren, hält sich aber wacker mit immer geringer werdenden Produktionsbudgets über Wasser.
Zweitens ist Pink die Farbe, die alle vor ca. 1983 auf Kodak Eastmancolor und ähnlichem Filmmaterial (Fujicolor, Agfacolor, etc.) ausbelichteten Filmpositive inzwischen angenommen haben. Nicht nur verblasst alter Eastmancolor sehr schnell, sondern die Blau- und Grün-Anteile der Filmemulsion verbleichen außerdem schneller als das restliche Farbspektrum. Das Resultat ist die rötliche bis pinke Färbung alter Filmkopien. Negative sind ebenso betroffen, bekommen eine stark bläuliche Tönung. Das Phänomen ist einer der Hauptgründe (der andere ist vor allem die chemische Instabilität der Nitratfilme, die vor den 1950ern zum Einsatz kamen), warum Filmrestauration in den vergangenen Jahren so ein großes Thema ist. 1983 führte Kodak den LPP (Low Fade Positive Print) Film ein, daher sind jüngere Filmkopien weniger stark betroffen.
Drittens ist Pink Film der Name einer Band aus Washington. Die haben gerade ihre Debüt-EP raus und gefallen darauf mit verschrobenem, noisy-schrammeligem Indierock und Fuzzpop/-punk, dem man einen ausgeprägten Ohrwurmfaktor bescheinigen muss.
In dieser kalifornischen Band finden sich Mitglieder von Bands zusammen, von denen so einige in der Vergangenheit schon mal auf 12XU aufgetaucht sind. Unter anderem wären da Acrylics, Public Eye, Violent Change und Ceremony zu nennen. Ihr Debüt-Tape hält, was diese Besetzung verspricht und weiß mit ausgesprochen garstigem Garagepunk zu gefallen.
Auf ihrer Debüt-EP erzeugt dieses Trio ziemlich interessanten und unkonventionellen Alternative Rock mit einer ungewohnt Postpunkigen Düsternis und einem gewissen Postrock-Einfluss. Das braucht hier und da noch etwas Feinschliff, zeigt aber schon ordentlich Potenzial.
Auf der ihrer neuen 7" setzen die Punks aus Glasgow nahtlos ihre angepisste Verschmelzung von dissonantem Post- und räudigem Hardcorepunk fort, die schon auf ihrem letztjährigen Album sehr zu überzeugen wusste.
Das letzte Album Divide des New Yorker Duos vermochte mich nicht so recht zu begeistern, das neue dafür umso mehr. Ihre minimalistischen Songentwürfe aus erdigem Blues, pulsierendem Elektro-/Synthpop, etwas Psychedelia und einem offensichtlichen Bewusstsein für die New Yorker Protopunk- und Artrock-Vergangenheit kommen auf Endless Night deutlich griffiger rüber als auf dem Vorgänger. Wenn dann im Rausschmeißer Suicide Note noch Suicide's Alan Vega das Mikro ergreift und sich eindrucksvoll durch einen krautigen Blues Jam growlt, schließt sich der Kreis.
Unter all den verwunderlichen Klängen, die in den letzten Jahren aus dem stuttgarter Umfeld an die Öffentlichkeit dringen, sind Buzz Rodeo vielleicht am schwersten zu rationalisieren mit ihrem Noiserock, der klingt, als wäre er in Chicago oder Minneapolis versehentlich den falschen Flieger gestiegen. Der neue Langspieler des Trios überrascht dann auch gleich ein weiteres mal mit einem ausgesprochen erdigen, um einiges roheren Sound verglichen mit ihren bisherigen Tonkonserven. Das hat freilich seinen eigenen Charme, für sowas bin ich immer zu begeistern. Und ganz nebenbei verbirgt sich hinter dem Geschepper wie gewohnt jede Menge astreines Songmaterial, das ebenfalls einen sehr ungefilterten, direkten Eindruck hinterlässt.
Dieser Mann mit seinen Heizkörpern fiel letztes Jahr mit einer durchweg grandiosen EP auf. Jetzt legt er den ersten Langspieler seiner Band nach, wie erwartet tritt der gewaltig Arsch. Waren auf der EP noch eine leisere Zwischentöne zu vernehmen, ist diese Platte von Anfang an eine einzige gebündelte Attacke auf das Trommelfell aus straightem, geradezu perfektem Garagepunk, die sich erst ganz zum Ende in einem einen melancholischen und vollkommen desillusionierten Ausklang auflöst.
Auch auf ihrem dritten Album haben es die Garagepunks aus Orlando nicht verlernt eine Spur der Verwüstung zu hinterlassen. Noch stärker als auf den früheren Platten spielen sie hier gekonnt mit klassischen Hardrock-Riffs. Sowas geht bei den meisten Bands ordentlich nach hinten los, aber Golden Pelicans machen vor, wie man sowas richtig macht, bewahren ihre Attitüde und Punk-Energie.