Die vergangenen zwei EPs von Ismatic Guru aus Buffalo, New York waren schon eine durchaus spaßige, vielversprechende Angelegenheit aber auf ihrer neuesten Kassette greifen die Rädchen ihrer Musik erstmals so richtig ineinander zu einem tighteren Klangbild und einer deutlich ausgereifteren Vision. Ich würde mal sagen dass ihre Mischung grob in den Sphären von Garage-, Synth- und Eggpunk durchaus ihre eigene kleine Nische in einem dicht gedrängten Genre-Umfeld gefunden hat, indem sie die schnuckelig-verschrobene Klangästhetik mit reichlich funkiger Action und darüber hinaus ein paar krautig-psychedelischen Vibes anreichern - letztere werden besonders auffällig im ersten und letzten Track.
Die Kalifornier Lamictal kommen nach zwei ziemlich irren EPs im letzen Jahr mit einer erneut sehr starken Kassette daher, auf der ihre Vision insgesamt etwas fokussierter wirkt, was vielleicht auch nur das Ergebnis von einer geringfügig polierteren Produktion sein mag… wobei poliert hier dann auch wieder das falsche Wort ist, denn ihre Mixtur aus Garage Punk, Hard-, Post- und Weirdcore ist weiterhin ganz schön versifft, unvorhersehbar und hyperaktiv, überwältigt mal eben die Sinne in weniger als vier Minuten und hat sich dann auch schon wieder verpisst. Essenzieller Scheiß für Frende von Bands wie Big Bopper, Rolex und frühen Patti.
Diese Band treibt jetzt schon einige Jahre ihr Unwesen in der australischen Szene und ich bin irgendwie schon überrascht jetzt festzustellen, dass es sich hier erst um ihren ersten Langspieler handelt. Das Intro lockt erstmal auf eine falsche Fähre mit einem leicht Progressive-angehauchten Vibe, aber daraufhin fügt sich dann alles recht schnell wieder zu einer angenehm vertrauten Klangästhetik zusammen, einem Sound, der irgendwie durchweg die gegenwärtige Szene wiederspiegelt aber doch einzigartig innerhalb dieser bleibt mit seiner verwinkelten, filigranen und eleganten Mischung aus Post und Garage Punk, der perfekt die Balance aus Intelligenz und Spaß hält, jederzeit absolut entspannt klingt und dennoch einwandfrei nach vorne geht, bemerkenswert in seinen vielschichtigen Texturen und einer scheinbar mühelosen Darbietung. Gleichzeitig ist es dann noch ihe kompakteste, eingängigste Platte bisher geworden. Stellenweise kann man das mit mehr oder weniger gegenwärtigen Post Punk-Acts wie aktuellen Institute, Exit Group und Mononegatives vergleichen, in anderen Momenten mit der psychedelisch-abgespacten Variante davon á la Marbled Eye, Waste Man, Bruised oder Public Eye und nicht zuletzt noch mit verspielten, cleveren Garage Punk-Bands vom Schlage Erik Nervous, Clarko, Tee Vee Repairman, Mononegatives, Pinch Points, Dumb, Uranium Club, Reality Group… ich kann so gar nicht aufhören mit dem hochkarätigen Namedropping. Die Scheiße regelt!
Eine weitere konstante Präsenz der US-Garagenszene, irgendwie schon fast seit beginn dieses Blogs immer zugange, kommt hier mit einer neuen LP daher und es handelt sich mal wieder so ein verdammtes Prachtstück! So erfinderisch und vielseitig wie eh und je, führt er darauf seine immer angenehm schräge, Devo-fizierte Auffassung von Garage Punk fort, die dem Hörer immer um zwei Schritte voraus und jederzeit mit dem Schalk im Nacken für eine Überraschung gut ist - eine Vision, die sich erstmals mit der 2019er Beta Blockers LP richtig zusammenfügte. Songs wie Hemgeeh und Projector haben so einen leicht spacig-psychedelischen Mononegatives-Vibe an Bord während die zweite Hälfte von ein paar stark Synth-getriebenen Popsmashern und einer fluffigen They Might Be Giants-Coverversion aufgelockert wird. Als besonderes Highlight auf einer eh schon durchweg geilen Platte wäre da noch Alligator Facing East zu erwähnen, eine sowas von perfekte epische Abfahrt zu kompakten vier Minuten verpresst! Andere plausible Orientierungspunkte für den Sound dieser Platte wären dann noch so übliche Verdächtige wie Andy Human and the Reptoids, Freak Genes, Isotope Soap and New Vogue. Geht alles runter wie Bier!
Verdammt, ganz offensichtlich habe ich es anlässlich aller vergangener Releases dieser Band aus unerfindlichen Gründen immer verpeilt darüber zu posten, was jetzt mal echt die Frage aufwirft, was zum Ficker da mit mir los war! Während ich dazu meinen Therapeuten konsultiere, kann ich zumindest schon mal sagen dass die neueste LP der Citric Dummies ein einziger KO-Schlag aus ganz viel oldschool früh-80er Punkenergie plus ein paar gegenwärtigen Garagen-Vibes darstellt, mit ordentlichem extra-Punch ausgestattet durch die produzierende Hand vom Garagen-Wunderkind Erik Nervous, von dem wir diese Woche auch noch etwas hören werden. Die Hüsker Dü-Referenzen in Titel und Artwork wirken erst mal recht albern, aber auch nicht komplett fehl am Platz, ist hier doch eine durchaus ähnliche furiose Energie mit am Start wie zu der Dü's stärkster Phase, aber auch etwas von Naked Raygun und Adolescents hat das, eine Spur von Bad Brains in den derberen Momenten und von Dickies in den melodischeren Songs. Und überhaupt, jeder Song hier ist ein präziser, sorgfältig geplanter Schlag in die Magengrube und der starke Songzauber dieser Platte bleibt gleichermaßen unnachgiebig.
Der vierte Langspieler dieser Band aus Portland verfeinert weiter ihre explosive Formel für stark Noise- und leicht Garage-infizierten Postcore zu ihrem bislang ausgefeiltesten Werk, in dem ihre hyperaktive Vision des strukturierten Chaos' konstant neue Formen annimmt und neue Hindernisse in den Weg wirft, die ihrerseits wieder zu spannenden Manövern führen. Auch wenn sich hier keine zwei Songs allzu sehr gleichen, kommen mir doch so Bands wie die diversen Inkarnationen der New Yorker Kaleidoscope, frühe Bad Breeding und Acrylics besonders häufig in den Kopf, aber auch so Zeug á la Crisis Man, frühe Video und Ascot Stabber taugt an manchen Stellen als nicht zu weit her geholter Vergleich.
Die zweite LP dieser Band aus Chico, Kalifornien um Jake Sprecher - auch als Teil etwa von Smokeskreens, Beehive und Terry Malts bekannt - nimmt die Fäden genau da wieder auf, wo ihr späktakuläres 2021er Debütalbum Try Not To Thinkaufgehört hat. Will sagen: Mehr von dieser unwiderstehlichen Mischung aus Noise- und Power Pop, Garage- und Fuzz Punk und erneut ein einziges neonfarbenes Bubblegum Pop-Feuerwerk, dessen unfehlbare Songwriting-Qualitäten hier nicht ein einziges mal ins Straucheln kommen.
Über die vergangenen Jahre hat sich das in Portland ansässige Label Spared Flesh Records zu einer wahren Festung des unkonventionellen Post-, Garage- und Art Punks gemausert und diese neue LP von Reuben Sawyer aka Anytime Cowboy ist auch wieder so ein erstaunlicher Rohdiamant. Sein bluesiger, minimalistischer Cowpunk-Sound kommt hier in etwa rüber wie eine kleinlaute Inkarnation von The Gun Club, die Angst davor hat die Nachbarn zu wecken… aber auch schon mal wie eine super-gedämpfte Version von Parquet Courts oder Tyvek und in manchen Momenten erscheint mir auch die diesjährige LP von Peace de Résistance als Vergleich nicht allzu weit hergeholt. Eine Klangästhetik, die einen langsam in den Schaf lullen könnte, wäre da nicht diese konstante Ahnung von den schrecklichen Abgründen, die hier hinter jeder Ecke zu lauern scheinen, was nur weiter potenziert wird von Sawyer's tiefer, ruhiger Stimme mit einer gleichermaßen beruhigenden wie unheimlichen Qualität.
Soll der Titel eine 13th Floor Elevators-Referenz darstellen? Wenn ja, dann liegt das zumindest nicht komplett fern (aber auch jede Menge Kinks steckt da drin, würde ich sagen), denn näher ist das eklektizistische Projekt von Jake Robertson (Ausmuteants, Smarts, Drug Sweat, etc…) dem klassischen 60er Garage Rock noch nie gekomen als auf dieser LP - eine Angelegenheit, die sich in den Händen weniger fähiger Musiker ausgesprochen häufig als eine Rezeptur für reine Langeweile herausstellt aber… verdammt, dieser Typ weiß einfach wie man einen hartnäckigen Ohrwurm konstruiert und präsentiert. Ebenfalls dabei ist dann noch tonnenweise altertümlicher Power Pop von der traurigsten Art und das Ergebnis wird sicher etwas schwerverdaulich sein für einige Fans, macht aber durchaus Sinn für jene, die mit der vollen Breite vergangener Alien Nosejob-Releases vertraut sind, hatte der gute Mann doch schon mit ähnlichen Sounds hantiert auf Alben wie Various Fads and Technological Achievements (2018) und Suddenly Everything Is Twice As Loud (2020), wenngleich er sich noch nie zuvor derart kompromisslos und kopfüber in eine alles Licht verschluckende Wolke aus tiefer Melancholie gestürzt hat.
Pedigree aus Tournai, Belgien lassen nach ihrer exzellenten 2020er Mini-LP einen weiteren Batzen ausgesprochen kräftiger Songs vom Stapel, die den Trend der letzten Platte fortsetzen, weg vom ursprünglich sehr garagigen Sound hin zu einer stärker im Post Punk verankerten Ästhetik, wobei hier neuerdings aber auch Spuren von '90er Postcore mit dabei sind in Songs wie Trapped,S.A.D. and Bread, die mir unter anderem Klassiker von Jawbox, Drive Like Jehu, Polvo oder Hot Snakes ins Gedächtnis rufen. Disgraced hat hingegen ein Gespür für Melodie unter der Haube, das auch im Reportoire etwa von Vaguess, Bad Sports oder Motorbike nicht weiter auffallen würde. Mein früherer Vergleich zu französischen Bands wie Telecult oder Nightwatchers trifft auch weiterhin halbwegs zu, sowie auch ein Bündel internationaler Acts wie Sauna Youth, Teenanger, Video, oder Clamm.