Wenige Bands haben den Berliner Post Punk-Vibe der vergangenen paar Jahre zu so einer minimalistisch-spröden Essenz heruntergekocht wie Aus mit den vergangenen zwei LPs. Diese 7" liefert jetzt das erste neue Material nach fast vier Jahren Stille und darauf öffnet sich erdrückende Tristesse der vergangenen Platten ein Stück weit mit einem für sie ungewohnt wirkenden Sinn für crispe Grooves - ein irgendwie auch notwendiger Tapetenwechsel und eine neugewonnene Antriebskraft, die einen plausiblen Weg vorwärts weist für eine Band, die Veränderungen bisher eher abgeneigt schien.
Als Warm Exit aus Brüssel letztes Jahr durch Deutschland getourt sind dürften einige, meine Wenigkeit eingeschlossen, ziemlicht überrascht gewesen sein von dem was sich da abspielte, auch wenn die 2022er Single TV / Ultra Violence schon erste Hinweise in Richtung eines klassischen Post Punk-Fahrwassers gab. Auf der Bühne wurde dann aber unmittelbar klar, was für eine radikale Transformation die Band da durchlaufen hat. Kaum etwas übrig von ihrem ursprünglichen Sound, der eher im Einklang mit der aktuellen Garage-/Synth-/Eggpunk-Generation war, nun komplett ersetzt durch einen intensiven, stockdüsteren Abgrund aus atmosphärischem Post Punk wie ihn jetzt auch ihr Langspieldebüt reflektiert und dabei an eine erlesene Reihe von Bands erinnert wie zum Beispiel Rank/Xerox, Criminal Code, Diät, Girls In Synthesis, Sievehead oder Negative Space.
Knowso aus Cleveland, Ohio gehören klar zu den eigenwilligsten und einprägsamsten Bands der vergangenen paar Jahre. Auch ihr neuester Langspieler zeigt sie in ausgesprochen starker Verfassung. Ihre Verschmelzung aus Post Punk, Noise- und Math Rock ist genau so verschroben und wunderlich wie auch tight, rigide und kantig, kombiniert eine scheinbar sehr methodisch-mathematische herangehensweise mit einem Ausmaß an Spaß und Catchyness, wie man es in diesem Genre-Umfeld eher nicht erwarten würde. Diese Band dreht nach wie vor so ziemlich ihr eigenes Ding, aber wenn Vergleiche unbedingt sein müssen, dann bieten sich unter anderem so Bands wie Brandy, Landowner und Big Bopper an, oder vielleicht auch Nag in ihren etwas zugänglicheren Momenten.
Der Typ aus Whittier, Kalifornien hat schon 'ne handvoll EPs auf dem Kerbholz, aber die letzten fünf Jahre war erstmal Funkstille angesagt. Das kürzlich im Hause Archfiend Records erschienene Langspieldebüt klingt jetzt - der weitgehenden LoFi-Ästhetik zum trotz - sehr ordentlich ausgereift und zündet bei mir sofort mit dieser liebenswert kruden, moderat psychedelischen Melange aus Garage-, Post- und Synth Punk. Ein Sound, der unter anderem auch Eigenschaften von so Hausnummern wie etwa Mononegatives, Useless Eaters, Die TV, Electric Prawns 2, Beef, frühen Powerplant, Pow!, Freak Genes und Lost Packages in sich vereint. Genau meine Baustelle!
Jedes mal ein unverschämter Spaß, neue Songs des Viking Synth Punk-Solokriegers Klint aus Schleswig. Die selbstveröffentlichte Stark EP feuert sechseinhalb neue Geschosse ab von dieser gleichermaßen roh lärmenden wie auch saumäßig eingängigen Synth Punk-Action die wir kennen und lieben. Die simultan dazu auf der italienischen Garage-Hochburg Goodbys Boozy veröffentlichte Should be Honey / Sherbet 7" hingegen begibt sich auf einen spannenden experimentellen Trip unter starkem Einsatz uralter Bläser- und Vocal-Samples, die alten Swing-Platten der 1920er Jahre entstammen. Das ist, wie soll ich sagen… ein reichlich unerwarteter, verwirrender Hirnfick. Kranker Scheiß!
Ausgezeichneter neuer Scheiß von einer Band aus Karlsruhe, zu der wenn ich das richtig interpretiere auch beide Mitglieder von Thee Khai Aehm gehören. Zu jener Band lassen sich hier auch Parallelen ziehen, insbesondere ist hier einiges von diesem Dungeon-mäßigen Vibe mit am Start, aber genau so viel unterscheidet sich ihr Garage- und Fuzz Punk-Sound auch davon, nicht zuletzt durch ein höheres Tempo und mehr stilistische Vielfalt. Der Opener hat so eine primitive Proto Punk-Energie im Gepäck während die Melodiösität von As Loud As Me mich stark an frühe No Age oder Wavves erinnert. Give Me Beat steht mit beiden Füßen im Hardcore und der Rausschmeißer Fomo Boy ist ganz klassischer Dungeon Punk-Exzess… sofern das Wort "klassisch" in so einem jungen Genre überhaupt eine Bedeutung hat. Wie dem auch sei, dieser grimmigen Wucht weiß ich nichts entgegen zu setzen.
Deutschsprachiger Punk der nicht saugt ist ja leider immer noch 'ne ziemliche Rarität aber der Krempel hier saugt in der Tat ganz und gar nicht. Die Debüt-EP der Band aus Aachen beschreitet einen interessanten Mittelweg zwischen klaren Echos einschlägiger deutscher Acts (denk mal in die Richtung Oma Hans, frühe Muff Potter, Turbostaat, Oiro, Düsenjäger…) einerseits, aber auch erweitert um einen starken Garage-Vibe der dann eher an eine Vielfalt internationaler Bands denken lässt wie z.B. Crisis Man, Flowers Of Evil, Waste Man, Ascot Stabber, Mystic Inane… verfeinert mit einer gelegentlichen Spur von Hot Snakes / Drive Like Jehu obendrein!
Die Band aus Santa Ana hat nach der arschtretenden Executive Dysfunction EP im letzten Jahr nun einen nicht weniger entzückenden - wenn auch weitgehend aus Re-Recordings bereits bekannter tracks bestendenden - Nachfolger am Start, bei dem erneut zeitlose Garage Punk-Versatzstücke auf reichlich oldschoolige Hardcore-Energie und degenerierten KBD-Schmutz treffen. Ein durchweg spaßiges Erlebnis, dessen gelegentliche Blues- und Cowpunk-Anleihen neben viel anderem Zeug auch die frühen Dicks ins Gedächtnis rufen.
Ein exzellentes zweites Tape dieser Leipziger Band, voll mit genau dieser verspielten und eingängigen Mischung zwischen Garage- und Post Punk, die einem aus der dortigen Szene durchaus vertraut ist und das bedeutet mal echt nichts schlechtes - Qualitätsscheiß, allesamt! Freunde des lokalen Clusters von so Bands wie Exwhite, Laff Box, Lassie und Onyon werden auch hier dran ihren Spaß haben.
Zwei neue EPs einer Band aus Louiseville, Kentucky, die offenbar schon einen ganzen Haufen Material veröffentlicht hat aber mir jetzt zum ersten mal begegnet. Die Microbiome EP entzückt mit gleichermaßen schrulligem und energischem Garage-/Synth Punk im Fahrwasser etwa von Billiam, Spodee Boy, Gholies, frühem Erik Nervous, Spits, Why Bother? sowie klassischen Artefakten aus dem Reatard-Universum. Einen netten Kontrast dazu setzt die eher Hardcore-lastige Bizarro EP mit einer ungleich räudigeren Ästhetik des oldschoolig abgefuzzten Chaos.