Video aus Denton, Texas liefern mit ihrer neuesten 7" auf Total Punk Records ein ordentlich gesalzenes Update von ihrem arschtretenden Garagen-/Postpunk. Und oh boy, was für ein Sprung vorwärts. Oberflächlich ist hier zwar vieles beim alten geblieben seit ihrem 2011er Debütalbum, aber die beiden Songs sind ein ganzes Stück ausformulierter, der Sound abgehangener ohne an Druck zu verlieren und ein leichter 77er-Feel kommt dazu. Wenn der nächste Langspieler das Niveau halten kann wird das ein schicker Wurf.
So macht Noiserock Spaß. Die EP der Band aus Philadelphia präsentiert sich zuerst als ultraeingängige Variante uralter AmRep-Schule. Im Mittelteil erhöhen sich dann Tempo und Energielevel und es offenbart sich in all seiner räudigen Schönheit das ungeduschte, stürmische Punk-Herz, das dieses Biest im innersten antreibt.
Die großartigen Woolen Men aus Portland schmeißen mal wieder eine EP raus, die sie komplett an einem Nachmittag aufgenommen und gemischt haben. Dabei setzen sie die Marschrichtung der im Frühling erschienenen Quick Trips EP fort. Also keine psychedelisch angehauchten Garagenjams mehr wie sie einen Großteil des (nach wie vor sehr empfehlenswerten) ersten Albums ausmachen. Stattdessen konzentrieren sie sich voll und ganz auf die melodisch-euphorischen Punk-/Powerpophymnen mit immer noch vorhandenem Garagenfaktor. Und schütteln dabei einige ihrer bisher stärksten Songs aus dem Ärmel.
OK, hier bin ich mal wieder etwas spät dran. Da musste mir erst mal der gute RRRunzelhund wiederholt mit der Platte vor der (virtuellen) Nase rumfuchteln, bis ich den Arsch hoch bekam ihr etwas Aufmerksamkeit zu schenken. Und gut so, ich hätte sonst eine absolut herausragende Band sträflich ignoriert.
Dabei lassen gleich mehrere Faktoren Karies aus dem deutschen Postpunk-Sumpf herausragen. Da wären z.b. die aufs wesentliche reduzierten Lyrics. Die umschiffen gekonnt die typisch deutsche, neunmalkluge Textlastigkeit und versuchen erst gar nicht, super smart rüber zu kommen. Trotzdem kommen sprechen sie deutlich aus der Seele und treffen immer wieder voll ins Schwarze.
Das beste ist aber klar die Musik die - ebenso selten im deutschsprachigen Raum - auch vollkommen ohne lyrische Unterstützung für sich sprechen könnte. Das ist Postpunk, in dem "-punk" noch eine Bedeutung hat, geerdet in Jahrzehnten sowohl deutscher als auch internationaler Genre-Vergangenheit, ohne jemals in das Schema "Klingt nach XY" reinzupassen. Monoton vorwärts dreschende Rhytmen bilden die Bühne für vielseitige und atmosphärisch dichte Gitarrentexturen, die zu keinem Zeitpunkt redundant wirken.
Criminal Code waren hier ja vor 'ner Weile schon mal dabei, mit ihrem bisher wohl zugänglichsten Werk, ihrem ersten Langspieler No Device. Auf ihrer neuen EP treten sie das Gaspedal wieder ein ganzes Stück weiter durch, ohne dabei an musikalischer Raffinesse zu einzubüßen. Ein Fest für Freunde energetischen Postpunks.
Weekends Time ist nach dem im Frühjahr erschienenen Musical Garden bereits das zweite Album, das Peoples Temple aus Lansing, Michigan dieses Jahr raushauen. Dabei haben sie scheinbar auch noch ein "The" und ein Apostroph im Bandnamen hinter sich gelassen. Das neue Teil mag mich aber ein ganzes Stück mehr begeistern als sein Vorgänger, der sich etwas zu sehr auf bewährte Psych-Grooves verließ. Hier haben sie deutlich an einem vielseitigeren Songwriting gefeilt und in der Darbietung hat's mehr punkiges Feuer unter'm Arsch. Sauber.
Gleichermaßen ausgezeichneter als auch chaotisch zerfahrener LoFi-Indierock/Powerpop aus New Haven, Connecticut, der immer wieder an The Clean, frühe Sebadoh oder Guided by Voices erinnert. Mit letzteren haben sie dann auch den überwiegend fragmentarischen Charakter der Songs und diverse Schrägheiten gemein. Da wird auch schon mal ein Song ausgeblendet, wenn er gerade erst fahrt aufzunehmen verspricht. Die Platte ist eine einzige, auf charmante Art unaufgeräumte Baustelle.
Das Garagentrio aus Memphis war in den letzten Jahren ja schon mehr als umtriebig und machte diesen Sommer z.B. mit einer 7" auf Slovenly auf sich aufmerksam. Mit dem neuen, auf Castle Face erschienenen Langspieler treffen sie den Nagel aber so dermaßen auf den Kopf, dass sie sich damit problemlos in die erste Garagenpunk-Liga manövrieren. Einen wahnsinnigen Spaßfaktor versprühen diese zwölf Songs irgendwo zwischen dem entspannten Geriffe jüngerer Thee Oh Sees-Platten, dem stoischen Vorwärtsdrang von Parquet Courts und Ex Cult's Postpunk-infiziertem Geschredder.
Das New Yorker Trio fiel letztes Jahr zum ersten mal im größeren Stil mit ihrem zweiten Album Rapid Reality auf. Die vier Songs vom neuen Gehirn Tape zeigen aber noch mal einen deutlichen Qualitätssprung. Mit dem durchweg getragenen Tempo, den entschlackten Arrangements und sehr souveränem Songwriting positionieren sie sich derzeit irgendwo zwischen z.b. Cayetana und Posse, zwei weiteren Bands denen man in Sachen melodischem Indierock gerade nicht so viel vormacht.
Das beschissene Handykamera-Artwork dieses Ultrakurzspielers will erst mal verdaut werden. Sorry, da müssen wir durch, geteilter Schmerz ist doppelter Schmerz. Und ich teile doch gerne. Wird aber wieder gut gemacht durch den straighten und arschtretenden Garagen-/Postpunk der Band aus San Diego, der mich vor allem beim zweiten Song Don't Die an eine Kreuzung aus X (die Amis) und Modern Lovers erinnert, nicht zuletzt weil der Sänger hier auch einen ausgezeichneten Jonathan Richman channelt.