Die Ein-Mann-Band Abstract Sense aka Ozan Bodur, der hier vor nicht allzu langer Zeit ja schon mit einer sehr, sehr starken Debüt-EP überraschte, hat jetzt offenbar seinen Wohnsitz von Istanbul nach Brüssel verlegt. Da möchte man ja gerne mal auf 'ne Tasse Kaffee vorbeischauen. Nicht zuletzt, weil in Brüssel musikmäßig eh immer einiges zu gehen scheint.
Sein erster Langspieler nimmt jedenfalls die Fäden dort wieder auf, wo er bei der EP aufgebört hat, weitet aber sein klangliches Spektrum auch weiter aus, kokettiert in z.B. in Jizz Jazz mit dem titelgebenden Genre oder taucht in Withdraw auch mal in psychedelisch-abgespacete Sphären ein. Ansonsten dominiert aber weiterhin seine markante Mischung aus Noise Rock, Post Punk und 90er Indierock, die von seiner mitreißenden und noch mal ein ganzes Stück ausgefeilteren Gitarrenarbeit irgendwo zwischen Wipers, Sonic Youth und Spurenelementen von Kurt Ebelhäuser (insbesondere sehe ich mich an frühe Scumbucket erinnert) das besondere Etwas verpasst bekommt.
Hier mal drei Veröffentlichungen, die in der einen oder anderen Art ganz gut zusammen passen. Erstmal wäre da schon wieder ein neuer Release um Connie Voltaire of Neo Neos fame. QQQL heißt sein neuestes Projekt und anders als erwartet ist er diesmal nicht alleine am Werk sondern QQQL sind ein Trio, was unvermeidlich für dreifaches Chaos und von meiner Seite für potenziertes Wohlgefallen sorgt.
Außerdem ist auf Voltaires Label Another Label erstmals eine Platte erschienen, an der er selbst nicht beteiligt war. Dummy ist das Soloprojekt eines gewissen Sean Alberts und dessen erste EP gefällt mit Synth- und Garage Punk, der Vergleiche zu Mark Cone, Wonder Bread, Powerplant oder Skull Cult nahelegt.
Und letztgenannte haben passender Weise ebenfalls eine neue EP im Angebot, die man im Vergleich zum früheren Output fast schon als kohärent bezeichnen könnte und die obendrein mit einer brillianten, ganz schönen Wind erzeugenden Talking Heads-Coverversion glänzt.
Resteverwertung aus dem Hause Neo Neos. Die Krümel vom Tisch sind reines Gold und ich nehm eh alles von Herr Voltaire. Einmal ins Mikro gefurzt: Wieder ein paar Dollar verdient. Rückwärts fast so gut wie vorwärts. Glaubst mir nicht? Guckste hier:
Was für 'n Aufprall! Die Debütsingle auf Slovenly des New Yorker Trios mit Mitgliedern u.a. von Scene Creamers, Trans Am, Chrome Cranks und El Front an Bord fackelt nicht lange rum und knallt in roher Vollendung zwei wuchtige Sprengsätze aus Garagepunk/-blues auf den Betonboden, wobei die A-Seite etwas nach Gun Club-meets-UV Race klingt; auf der B-Seite vermischt sich dass dann mit astreinem Noiserock-Donnerschlag, einem leichten Devo-Vibe und dem Casio-Punk von R. Clown.
Von einer Band aus Bologna kommt diese EP und weiß mir verdammt gut zu gefallen mit ihrer exzentrisch-quirligen Mischung aus Post-/Artpunk mit garagigem Unterton und einer leisen Idee von altem Indie Rock/Power Pop der neuseeländischen Flying Nun-Schule.
Wash kommen irgendwo aus der Gegend des australischen Küstenstädtchens Byron Bay und fielen mir zum ersten mal vor knapp zwei Jahren durch ein Split-Tape mit Dumb Punts und eine saumäßig rohe Darbietung ihres Fuzzpunks auf. Seitdem haben sich die Typen wohl ein paar halluzinogene Frösche reingezogen und ihr Sound hat sich entsprechend ein wenig entspannt, eine psychedelisch schillernde Oberfläche entfaltet, ohne dabei die kratzbürstige, ultraprimitive Energie einzubüßen.
Diese Band aus Portland bewegt sich in einem ähnlichen Fahrwasser wie etwa Bad Breeding oder Acrylics, also auf der Schnittstelle zwischen Hardcore, Postcore und -punk mit subtilem Garagenschliff, dem sie aber als gewisses Etwas noch einen ordentlichen Batzen Chaos zusetzen. Gelungener Fön.
Ich seh das Cover und denk mir was zum Fick? Dahinter kann sich doch nichts gutes verbergen. Sicher eine dieser ausgelutschten PsychedelicStonerProgressiveSpaceDoom-Kapellen, die seit Jahrzehnten jeglicher Entwicklung und Kreativität erfolgreich aus dem Weg gegangen sind. Oder best case: Ein uninspirierter Oh Sees-Klon.
Und wie falsch ich da lag! Bis auf den Teil mit Oh Sees. Diese Platte würde nämlich tatsächlich gut auf Dwyer's Label Castle Face passen, aber die Band aus Los Angeles ist auch reichlich inspiriert. Die Fantasy- und Science Fiction-Verweise sind nicht da um ernst genommen zu werden und riechen mehr nach Heavy Metal. Dem Film. Na ja, manchmal auch dem Genre (siehe Ferengi Madness!). Und ja, es gibt auch viel psychedelisches bis abgespacetes Zeug aber Thriller Party haben Punk im Arsch. Fuzzpunk, mit dem sie die halluzinogeneren Elemente komplementieren und der mich an No Age, Male Bonding, Hüsker Dü oder Japandroids erinnert. Oder wenn's eher Psychodingens wird an Pow!, spätere Parts & Labor und deren Nachfolgeband Upper Wilds. Und natürlich auch mal Oh Sees. Das hat Energie, das macht Krach und Spaß. Spaß, wie er anderen Bands tabu zu sein scheint, die mit ähnlichen Versatzstücken rumhantieren.
Ziemlich interessanter Stoff, die erste EP von Old Ghoul aus Reading. Es entfaltet sich darauf eine seltsam anmutende Mischkultur die zu etwa gleichen Teilen Assoziationen zu Slint hervorruft, zu dissonantem No Wave-Lärm und zu Frühneunziger-Postcore á la GVSB und artverwandtem Zeug aus den Dunstkreisen der damaligen Chicago/Washington-Connection.