Worm Crown können keine halben Sachen. Sie denken nicht, sie machen einfach. Mit Tunnelblick auf ein unsichtbares Ziel fixiert, kennt der Noisepunk der Band aus Melbourne nur eine Marschrichtung: Stur geradeaus. Was ihnen den Weg versperrt wird einfach Plattgewalzt. Das ist Noise Rock in seiner einfachsten, jedoch vielleicht auch effektivsten Form. Die Songs sind auf ein Minimum reduziert, meist wird ein simpelstes Motiv minutenlang mit beharrlicher Ausdauer auf die Zielgerade gewälzt. Doch was die Platte an Komplexität vermissen lässt, macht sie problemlos durch ihre unaufhaltsame Wucht wieder gut. Überhaupt machen die Texturen den besonderen Reiz dieser Musik aus, nicht ihre oberflächliche Struktur.
Auch wenn es vielleicht etwas verniedlichend bis abwertend klingt, Bootleg, das Debütalbum der Band aus Brooklyn NY ist einfach eine schöne, spaßige Platte. So alle paar Wochen kommt mir mal wieder so eine unwiderstehliche Powerpop-Scheibe unter, mit einem Sound der so alt ist, dass meine Eltern sich nicht mehr dran erinnern, mit Ohrwurmfaktor hundert und Pophooks die zwangsläufig die sofortige Ausschüttung von Glückshormonen triggern. Marvin Berry & The New Sound stechen aber aus dem ganzen nochmal etwas raus, ohne oberflächlich etwas anders zu machen als ähnliche Bands. Es ist einfach die stimmigste Zusammenstellung von elf melodischen Rockern, die ich seit längerem gehört habe. Geerdet im bereits erwähnten Powerpop der 60er und 70er, mit dem Vorwärtsdrang von 77er Punkbands gespielt, gucken mehr als einmal frühe The Jam um die Ecke. Im aktuellen Umfeld fühle ich mich auch stark an die Washingtoner Title Tracks erinnert.
Die Noisepunker aus Atlanta und ihre Debüt-EP Yeah, I Know hatte ich ja schon letztes Wochenende im Programm. Jetzt gibt uns das Trio ein kleines Update in Form einer neuen Siebenzolldrehscheibe. Enthält einen neuen Song und eine nochmal deutlich treibendere Neuaufnahme des schon auf der EP enthaltenen Time Flies.
*edit*
Die Platte ist wieder von Bandcamp verschwunden. Mysteriös, mysteriös. Mal abwarten ob sie irgendwann wieder auftaucht…
Wenn man ernsthaft versucht sich durch die Medienflut unserer Zeit zur guten Musik durchzuwühlen, muss man schnell und effizient Filtern können. Dabei geht einem zwangsläufig auch einiges gutes durch die Lappen. Durchschnittlich bekommt ein Stream weniger als zehn Sekunden, bevor ich ihn wegskippe, manchmal reicht auch der erste Ton um schon auf den Wegwerfbutton zu klicken. Das aktuelle Tape der New Yorker Baked wäre auch fast schon nach so zwei Sekunden in meiner virtuellen Müllhalde des ewigen Vergessens gelandet; das nicht gerade subtile Tremologeschrabbel mit dem die EP eröffnet, deutete ich sofort als Indikator für einen weiteren uninspirierten Schoegaze-Mitläufer. Aber weit gefehlt, die Band ist vielmehr im psychedelischen Pop á la Crystal Stilts zuhause. Gut dass der Laptop gerade im richtigen Moment außer Reichweite war.
Ist dir das alles zu kultiviert hier? Diese ganzen Muschibands mit ihrem Fahrstuhl-Noise, dem beschissen verkopften Spießerpunk und die piekfeinen Garagenrocker, die bestimmt alle mit Messer und Gabel essen? Vielleicht könnte diese assige Garagenpunkband aus Kobe, Japan deinen hohen Ansprüchen genügen. Schneller, ungehemmter Rock'n'Roll in einer Weltklasse-Dreckproduktion, könnte auch deiner Mama gefallen.
Normal mach ich um so waviges Zeug 'nen großen Bogen, aber dieses total aus der Zeit gefallene Ding aus New-/Coldwave, Punk-, PowerPop und Goth-Versatzstücken ist dann doch einfach zu geil um mich kalt zu lassen. Saugt einen sofort rein in eine seltsame Parallelwelt aus Frühachtziger Science Fiction-Filmen und Teenagerkomödien, Cyberpunk, Discokugeln und Laserkanonen. Vollkommen unsubtiler Pop mit einer ansteckenden Dreistigkeit und haufenweise Hits, die in einer gerechteren Welt auch wirklich welche wären. Zurück in die Zukunft von gestern. Sisters of Mercy auf Gummibärchen. Ramones auf Mikrochips. Aktuell vielleicht noch Digital Leather in einem gelackteren, drockvolleren Klangkostüm. Und bessere Songs.
Die schon seit geraumer Zeit um sich greifende Welle düsteren und - mal mehr, mal weniger - kompromisslosen Postpunks scheint sich einfach nicht tot zu laufen. Klar gibt's auch 'ne Menge uninspirierter Drecksveröffentlichungen zu ertragen, aber es ist doch erstaunlich mit welch hoher Frequenz derzeit immer wieder neue Bands auftauchen, die das Genre wieder um eine oft subtile, aber sehr eigene Geschmacksnote bereichern.
Die Mitglieder von Creative Adult aus San Francisco kommen ursprünglich eher aus der Hardcore-Ecke, auf ihrem Debütalbum haben sie sich soundmäßig aber größtenteils davon freigestrampelt. Es ist ohne Frage eine der eigenständigsten Platten aus dem Genre-Umfeld, von einer Band, die - sehr sympathisch - offensichtlich zu keinerlei Kompromissen bereit ist. Die Platte ist schon ein ganz schöner Brocken mit einer für solchen Lärm endlos erscheinenden Spielzeit von über 40 Minuten, aber unter der rauhen Oberfläche verbergen sich tonnenweise kleine Hooks, Melodien und böse kleine Widerhaken, die sich irgendwo zwischen den Synapsen festsetzen und einen dazu veranlassen, dann doch auf repeat zu drücken, um eine weitere Runde musikalischen Sadismus über sich ergehen zu lassen. Außerdem beherschen die Jungs das Spiel von Zuckerbrot und Peitsche (na ja, Peitsche überwiegt hier), streuen auf Song- wie auf Albumebene immer im richtigen Moment die kleinen melodischen Lichtblicke ein, ändern die Marschrichtung ein wenig oder drosseln das Tempo. Es tritt nie die Übersättigung ein, die weniger ausgereifte Genrebeiträge oft auszeichnet.
Fans von Bands wie den Kopenhagener Lower und Iceage, den etablierten Noiserockern Pissed Jeans, The Men in ihrer frühen Phase oder altem AmRep-Krempel werden sich hier schnell zuhause fühlen. Manchmal kingt's auch wie etwas weniger abgespacete Destruction Unit.
…und wieder mal launiger Pavement-Gedenk-Indierock. Oder wahlweise auch an GBV oder Archers of Loaf erinnernd. Diesmal von einer noch nicht mal so richtig volljährigen Band aus dem englischen Hertfordshire. Unter der vertrauten Oberfläche verbergen sich aber vier brilliante, stimmige (Power-)Popsongs. Zeitlos und schön.
Beast Fiend aus San Francisco rulen voll. Hab ich zumindest gelesen. Haben sie freundlicherweise auf's Plattencover draufgeschrieben, damit ich's nicht selbst nachprüfen muss. Und was rult da denn so? Beast Fiend spielen flotten Postpunk der ganz offensichtlich auf den prägnanten Harmonien der Wipers basiert, reichern das Ganze aber mit gewissen Postcore- und Noise-Einflüssen an. Ob das jetzt wirklich so alles andere wegrult weiß ich nicht, mal auf einen Langspieler warten. Aber saumäßig hörenswert ist die Platte schon, jeden der schmutzigen null Euro wert, für die sie die Platte auf Bandcamp verschleudern, oder was auch immer du bereit bist dafür zu zahlen.
Loyalists, eine frisch geschlüpfte Band aus dem kalifornischen Oakland, zeigen sich auf ihrem ersten Album schon erstaunlich ausgereift. Es gibt stark angebluesten Noiserock/Postpunk mit häufigem Cello-Einsatz zu bestaunen, der vor allem durch seine Konsequenz überzeugt. Erinnert stellenweise an die alten australischen Bluespunker Feedtime. Das ist nicht so sehr die hässliche Tritt-in-die-Fresse-Version des Genres, sondern eine etwas einladendere, monoton-groovende und gradlinig rockende Variante von dem Dreck. Im letzten Track entläd sich die Spannung dann konsequent in einer ausgiebigen Drone-Orgie. Super Debüt von einer Band mit haufenweise Potenzial, die kommen auf meine Beobachtungliste.