Album Nummer drei der ganz offensichtlich von Horror und B-Movies beeinflussten Postpunker aus St. Louis führt die zwiegespaltene Marschrichtung der vergangenen paar EPs fort, wechselt sich wie selbstverständlich zwischen quirligem Synthpop mit einem gelegentlichen John Carpenter-Vibe und vorzüglich knarzenden Punknummern ab, die häufig wie eine Verquirlung aus frühen Misfits und Naked Raygun klingen, veredelt mit einem Kreissägen-/Gitarrensound, den man eher bei Hüsker Dü oder Big Black einordnen würde. In beiden Betriebsmodi fällt hier das deutlich geschärfte und teilweise fantastische (Organ Donor ist sowas von perfekt!), mindestens aber immer solide Songmaterial auf. Etwas ambivalent stehe nur ich dem grenzwertigen Kalauer am Ende entgegen…
CO SONN ist der Name des Soloprojekts von einem gewissen Casper Tengberg aus dem schwedischen Vänersborg. Noch gar nicht so lange unter diesem Alias aktiv, ist dessen Bandcamp aber schon mit einer stolzen Anzahl von EPs vollgepflastert. Auf Lazy Octupus ist jetzt sein erster Langspieler als Tape erschienen und die Songs darauf erwecken den ungezwungenen Eindruck von zwölf ungefilterten Momentaufnahmen. Immer im Garage Punk verankert, decken diese aber auch eine beachtliche stilistische Bandbreite ab. Da kann man sich an sehr unterschiedliches Zeug erinnert fühlen, etwa an Erik Nervous, The UV Race, die unzähligen Bands aus dem Umfeld der kalifornischen Dwyer/Segall-Connection und an den Fuzzpunk früher Wavves, No Age oder Male Bonding.
Die anderen Uniform mal wieder. Nicht das New Yorker Industrial Punk/Noise/Metal-Duo. Auch nicht die kalifornischen Garagerocker; wie sich herausstellt haben letztere ihren Namen inzwischen zu Uni abgekürzt. "The Uniform" ist immer noch frei, behaltet das also im Hinterkopf für den Fall, dass ihr mal 'nen SEO-optimierten Namen für eure Band braucht. The Nirvana oder Das Beatles wären natürlich noch effektiver. Andere Menschen nehmen Geld für solche Tipps, von mir bekommt ihr die geschenkt!
Die Rede ist hier also von den Postpunkern aus Atlanta. Die tauchten hier vor längerer Zeit schon mal mit einem ziemlich guten Demo auf, das ein wenig wie der abgewrackte Cousin von Wymyns Prysyn klang. Nicht von ungefähr, denn alle Mitglieder von denen sind auch bei Uniform am Werk, außerdem sind noch Leute von Nurse und Slugga an Bord. Auf ihrem Debütalbum ist der ungestüme Vorwärtsdrang des Demos über weite Strecken einem mehr oder weniger gedrosselten Tempo und einer bleiernen Schwere gewichen, die den Geist der Wipers in ihren dunkelsten Momenten heraufbeschwört.
Eine nicht mehr brandaktuelle aber umso exzellentere EP kommt von einer Band aus Dunedin, Neuseeland. Einen Sound rollen sie darauf aus, bei dem ich mir kaum vorstellen könnte, dass er irgendeinem anderen Ort entspränge. Das hat einfach diesen speziellen Flying Nun-Vibe. Relaxter Indierock und Jangle Pop mit postpunkigen Grooves, durchzogen von psychedelischen Drones, immer eine Zehenspitze vorsichtig in die Avantgarde getaucht. Und natürlich erinnert mich das an The Clean sowie an aktuelle Bands á la Surf Friends, T54 und Boomgates.
Einige der jüngeren Releases auf Slovenly Recordings waren nicht so wirklich meine Tasse Tee in ihrer für meinen Geschmack doch etwas zu konservativen Rückbesinnung auf ausgelatschte 08/15 Garage-Formeln; in meinen Augen war da mehr Masse als Klasse am Start. Die neueste Veröffentlichung entpuppt sich jedoch mal wieder als eine einzige Rock'n'Roll-Glückspille.
Proto Idiot aus Manchester existieren wohl schon 'ne Weile und haben bereits eine ganze Reihe von EPs und zwei Compilations veröffentlicht, mir begegnen sie hier aber zum ersten mal mit ihrem (besagte Compilations nicht mitgezählt) Langspieldebüt. Das entzückt mit einem Sound aus ganz viel Garage- und einem kleinen bisschen Postpunk. Das hat durchaus was von frühen Parquet Courts und Eddy Current Suppression Ring, es kommt aber auch immer wieder der Vibe der Buzzcocks und generell der britischen 77er Schule auf. Angenehm dummer aber auch ausgezeichnet rockender Spaß. Der Opener kündigt unmissverständlich an, was folgen wird: I'm stupid. You're stupid. Let's do it!
Eight kommen aus Philadelpia und spielen diese selten gewordene Art von klassischem Indierock, dessen Wurzeln klar in den frühen 90ern zu finden sind. Ultraeingängiges Zeug, das Soundmäßig dennoch kräftig zubeißen kann. Neben vielen anderen Bands sind hier Anklänge an Swervedriver, Superchunk, Sugar oder Archers Of Loaf wahrnehmbar.
Diese Band aus dem eh schon für jede Menge Qualitätslärm bekannten Brisbane trifft mit ihrer ersten EP schon mal ziemlich ins Schwarze. Straightes aber ausgefeiltes Punkzeug mit beachtlichem Garage- und Fuzz-Faktor, deutlichen Anzeichen von Hard- und Postcore. Als grobe Orientierungshilfe hätte ich zum Beispiel frühe Video, Flowers Of Evil, Bad Breeding, Hot Snakes oder Davidians anzubieten.
Wer dieses Blog schon etwas länger verfolgt, dem sind die Postpunker aus Leeds hier sicher schon mal mit ihren ersten zwei EPs begegnet. Ihr erstes Album Dissemble hab ich seinerzeit dann mal ausgelassen. Das war keineswegs schlecht, aber meinen Erwartungen wurde das auch nicht gerecht; für meinen Geschmack war das alles etwas zu nah am "sicheren" aber unbemerkenswerten Genre-Standardfraß gebaut.
Ihre zweite LP The Moral Crossing ist im Vergleich eine viel, viel stärkere Platte. Wenn auch eine von der Sorte, der ich mehr Respekt als Liebe entgegen zu bringen vermag. Ein zu Beginn sorgfältig konstruiertes, atmosphärisch dichtes Werk, das einen beachtlichen Sog entwickelt, in der zweiten Hälfte aber auch zunehmende Abnutzungserscheinungen zeigt. Dennoch, alleine schon der Mittelteil mit den Übersongs Future / The Moral Crossing / Torment, die sich als der emotionale Kern des Albums herausschälen, ist eine beachtliche Leistung.
Mehr als je zuvor schöpfen Autobahn ihre Inspiration aus klassischem 80er Goth. Wer mit einem gewissen Maß an Pathos und Kitsch nicht klar kommt, wird sich mit dieser Musik schwer tun. Die Songs können diesen Ballast größtenteils aber auch problemlos tragen. Ausbalanciert wird das ganze dann aber von den hypnotischen Kraut- und Psychedelic-Anleihen, die irgendwie auch schon immer Teil ihres Sounds waren, aber hier erstmals vermehrt ins Zentrum rücken. Manchmal bewegen sich die Songs gefährlich nah an der Schwelle zum Alternative Rock, ohne mich dabei allzu sehr anzupissen.
Neben der neuen Protomartyr ist The Moral Crossing wohl die zweite diesjährige Postpunk-Veröffentlichung mit stark Genre-übergreifendem Appeal. Mal abwarten was jetzt passiert. Nicht viel, vermutlich.
Nach zwei maximal desorientierenden EPs kommt das Duo Skull Cult aus Bloomington, Indiana auch schon mit seinem ersten Album um die Ecke. Wie zu erwarten entfalten sich darauf knappe zwanzig Minuten Chaos, vielleicht ein ganz kleines bisschen geschliffener als auf den EPs. Aber ihr Sound ist und bleibt wunderbar primitiver Synth- und Garage Punk mit dem gewissen Dachschaden. Eine mit auditiver Information überladene Attacke auf die Sinne, die schmerzunempfindliche Garagen-Aficionados ein weiteres mal in angenehme Wallung versetzen wird.
Die aktuelle EP der Noiserocker aus Leeds wurde im Rahmen des Too Pure Singles Club von der Leine gelassen und fraglos handelt es sich dabei um das kompakteste, rundeste Stück Lärm, das die Band bisher abgeliefert hat.