Auf dem ersten Album dieser Kölner Band bekommt man schwer festzunagelnden, zu großen Teilen instrumentalen Postpunk von ständig wechselnder Gestalt und mit starkem Hang zum Experiment zu hören, durchzogen von seltsam anmutenden Sprachsamples und mit gelegentlichem, an alte No Wave-Schule erinnernderm Saxophoneinsatz.
Aber in der chaotischen Vielfalt der Platte meine ich doch ein paar rote Fäden zu erkennen und fühle mich abwechselnd mal an Minutemen, The Pop Group oder Mission Of Burma-Geschrammel erinnert, in anderen Momenten hat's einen Touch von Gang Of Four, manchmal riecht es verdächtig nach The Fall oder nach dem unkonventionellen Postpunk/Proto-Postcore von Saccharine Trust und Slovenly.
Milked ist neben den an dieser Stelle schon mehrfach erwähnten Hung Toys ein weiteres Soloprojekt von Kelly Johnson, seines Zeichens ehemaliger Frontmann der Noiserocker Geronimo!. Unter dem Alias hat er im Laufe der letzten beiden Jahre bereits ein Album und eine EP mit schrammeligem Psychedelic-Pop aufgenommen, aber mit seinem neuesten Langspieler meint er es ganz offensichtlich ernst.
Die charmante Lo-Fi Homerecording-Ästhetik ist einem wuchtigen Klangkostüm gewichen, das die neuen Songs eher an die beiden Hung Toys-Platten oder an seine alte Band erinnern lässt; ein heutzutage selten gewordener Sound aus kräftig rockendem Indie-/Alternative Rock, vermischt mit der Melodiösität kontemporärer Krachbands á la Wavves, California X oder Happy Diving und veredelt durch gelegentliche Anklänge an den psychedelischen Powerpop der Soft Boys.
Aber die größte Stärke dieser neun Songs liegt in den souveränen, absolut tadellosen Songwriting-Qualitäten von Kelly Johnson begründet und einem durchweg exzellenten Gespür für mitreißende Melodien. Eigentlich ist hier jeder Song ein Volltreffer. Eine wahnsinnig starke Platte und möglicherweise die beste Veröffentlichung aus diesem speziellen Genre-Spektrum, die mir dieses Jahr untergekommen ist.
Das zweite Album der Band um Crocodiles-Sänger Brandon Welchez gefällt mir mal wieder um Längen besser als das, was seine andere Band in vergangenen Jahren so fabriziert hat und knüpft nahtlos da an, wo das Debütalbum vor zwei Jahren aufgehört hat: Oldschooliger Hardcorepunk trifft hier auf staubtrockene Garagepunk-Riffs, einen gelegentlichen Hauch von postpunkiger Dissonanz und es weht kein Wind von 1976 1977. Auch der Vergleich zu frühen Teenanger und Video trifft immer noch zu.
Da hab ich letzte Woche noch den Wunsch nach etwas besser klingenden Aufnahmen der Band aus Sydney geäußert und der geht dann auch noch prompt in Erfüllung. Und zwar in Form einer Live-im-Studio-Session für Black Wire Records. Die bestätigt den guten Eindruck, den die LoFi-mäßige erste (Live-)EP bei mir gemacht hat. Ganz exzellentes Zeug ist das nämlich. Immer aufpassen, was man sich wünscht. Diesmal ist es noch gut ausgegangen.
Schicker zweiter Kurzspieler einer Band aus Montreal mit zurückgelehntem Garage Rock und einem Hauch von Surf, der zuletzt über das französische Label Beko den Weg hierhin gefunden hat.
Auf ihrem zweiten Langspieler navigieren Haldol aus Philadelphia selbstbewuster als je zuvor durch Songmaterial, das ebenfalls durchweg zum bisher stärksten der Band gehört. Ihr dunkelgrauer Death- und Postpunk hat dabei ordentlich an Druck und Textur gewonnen, gibt sich innerhalb seines Genre-Spielraums unerwartet abwechslungsreich und hat auch ein paar neue Überraschungen an Bord. Wenn beispielsweise gleich in den ersten beiden Songs Assoziationen an die Noiserocker Spray Paint wachgerufen werden oder an Wipers erinnernde Leads losbrechen, als hätte der alte Herr Sage selbst vorbeigeschaut. Hier hat eine Band eindeutig ihren Sound gefunden; alles sitzt, passt, wackelt und hat Luft auf dieser Platte.
Knappe drei Jahre nach ihrer Debüt-EP weiß mich die Garagenband mit stark variierender Besetzung aus dem kanadischen Edmonton ein weiteres mal zu überzeugen. Auf dem zweiten Tape der Band gibt es Garagepunk mit Anklängen an Mudhoney und Feedtime zu hören, dem sie eine konstante Schlagseite verpassen, ohne dass der alte Kahn jemals abzusaufen droht.