Die vergangenen Tage waren nicht ganz arm an oldschooligem Noiserock, stellt euch mal auf einen leicht erhöhten Lärmfaktor für diese Woche ein.
Den Auftakt macht eine Band aus dem französichen Lozère mit einer recht metallischen, knietief in den Mittneunzigern verwurzelten Spielart mit deutlichem Math-Faktor. Der konzentriert hinterhältige Punch von Shellac trifft auf die kompromisslose Brutalität von Jesus Lizard und Konsorten, oberndrauf noch eine Kinderschaufel voll Neurosis. Dabei wird das ganze aber mit einem sehr punkigen Vorwärtsschub dargeboten, so dass die Platte nie in öde Prog-Gefilde abrutscht.
Faux Discx gilt ja schon länger als eine der zuverlässigsten Talentschmieden für schrägen und unangepassten, jedoch auch melodisch-zugänglichen Indierock aus UK. Jetzt bringen sie mit den ersten Langspieler dieser Band aus Brighton mal wieder einen ziemlichen Hammer von einer Platte unters Volk.
Musikalisch kann man das ganze irgendwo zwischen Noisepop/-punk, Shoegaze-Zeugs und Fuzzverliebtem Indierock einordnen. Erinnert wahlweise mal an die melodischen Momente vom ersten Weekend-Album, natürlich an Jesus and Mary Chain oder Ride im Powerpopmodus. Eine relaxtere Variante von Terry Malts. Oder auch Velvet Underground's White Light/White Heat hat wohl seine Spuren hinterlassen. In der zweiten Halbzeit gesellt sich dazu dann eine Tendenz zu melancholischen Pixies-Surfgitarren.
Was die Platte dann aber letztendlich so unwiderstehlich macht ist das stimmige und recht vielseitige Songwriting. Es gibt nicht einen einzigen Durchhänger auf der Platte. Die Typen schütteln ein infektiöses Powerpop-Hook nach dem anderen aus dem Ärmel und werden dabei nie langweilig. Die dreckig produzierte LoFi-Ästhetik passt dazu wie Arsch auf Eimer.
Wunderschöne EP hat dieses Trio aus Minneapolis rausgehauen, mit einer angenehm rauen und düsteren herangehensweise an Shoegaze-Rock. Das kratzt zeitweilig an den Grenzen zu Postpunk oder Postrock und liefert genau die dichte Atmösphäre, die dem Genre in seiner Schönklang-verliebten Phase der letzten Jahre etwas abhanden gekommen ist. Eher veralbträumt als verträumt.
Prag kommen aus Perth. Schon verwirrt? Macht nix, der Rest ist einfach zu verarbeiten, wenn man etwas Krach abkann. Auf ihrem nicht mehr ganz taufrischen Demo setzt es sechs mal thrashigen Garagenpunk irgendwo zwischen den frühen Teenanger-Platten und einer primitiveren Variante der Hot Snakes mit kaputter Bremse.
Die Neurologin Roberta Bondar, klärt mich Wikipedia auf, war die erste kanadische Astronautin und gehörte 1992 zur Crew der Mission STS-42.
Die Band Roberta Bondar ist die erste nach der Astronautin Roberta Bondar benannte Band aus Ottawa und spielt ein Noiselastiges etwas, dass sich aufgrund seiner Vielseitigkeit einer engeren Genrezuordnung entzieht. Irgendwo zwischen Postpunk, Noiserock/-pop, Shoegaze-Gedöns und abgespaceten Drones mit einer Schippe voll Kraut.
Melkbelly aus Chicago schrammen gelegentlich haarscharf an populären Spielarten modernen Indierocks vorbei, bei denen ich ob ihrer übertriebenen Schwurbelig- und Seichtigkeit normal Eimerweise kotzen könnte. (Erwartet jetzt keine Namen, irgendwas mit Vampiren oder so… unter anderem.) Diesen bedauernswerten Eigenschaften des neuzeitlichen Indiebreis entziehen sie sich aber erfolgreich unter exzessiver Zuhilfenahme von Noise, Fuzz und gewitzten Arrangements.
Auch 'n guter Stunt: Einfach mal deine Freunde weiterempfehlen. Bei genau einer Reaktion auf die Aktion vor gut einer Woche fiel die Auswahl natürlich eher leicht. Und da jubelt mir doch tatsächlich so'n Typ mit offensichtlichen Connections zu einem mittelbekannten Onlinemagazin und räumlichen Connections zu Solingen die erste Veröffentlichung der dort ansässigen Postpunker Die Wirklichkeit unter. Respekt vor so viel lokalem Szenesupport… oder spielt der Scherzkeks gute Mann da etwa auch selbst mit? ;-)
Das ist wohlbemerkt nicht das erste mal, dass jemand mir diese Band nahe legt. Warum mein Desinteresse bisher? Nun ja, wo gehobelt wird fallen halt Späne, und wenn man sich allwöchentlich durch hunderte von größtenteils überflüssigen Releases schnell durchwühlt, übersieht man halt auch das eine oder andere Juwel.
Im Falle von Die Wirklichkeit lag das wohl an meiner vorschnellen Assoziation mit der momentan so gehypten Welle deutscher Postpunkbands á la Messer oder Die Nerven, welche ich keineswegs schlecht finde, aber auch nicht den Medienwirbel wert; abgesehen vom Alleinstellungsmerkmal (naja…) nicht ganz dummer deutscher Texte halte ich jene lediglich für ganz ordentlichen Genredurchschnitt.
Aber jetzt kann ich mich natürlich nicht mehr da rausreden, mir endlich mal Zeit für die Platte zu nehmen. Und Überraschung: Ich kann ihr so einiges abgewinnen. Die Vergleiche zu besagten Bands hinken doch gewaltig, Alles nur Psyche ist weit entfernt von 08/15-Genrekost. Der Pool aus dem sie zu schöpfen scheinen geht nämlich bei weiten über die üblichen Verdächtigen des Postpunkkanons hinaus und erstreckt sich unter anderem auch in Richtung alter Indieschrammler von Pavement über Sonic Youth bis hin zu The Fall. Und die abwechselnd mal eher kryptisch verschwurbelten, mal geradezu schmerzhaft überdeutlichen Texte machen sie zu sowas wie den Blumfeld des deutschen Postpunks, deren Frühphase sie auch Musikalisch nicht ganz fern stehen. Die sind dann aber auch der einzige Kritikpunkt, der hier und da meine Begeisterung etwas bremst. An einigen Stellen bräuchten Lyrics und Gesang einfach noch etwas Feinschliff.
Nichts desto trotz, ein ausgezeichnetes Debüt, meilenweit über "Nicht schlecht für eine deutsche Band", das unglaublich Lust auf zukünftige Schandtaten macht.
Über die Wiederveröffentlichung des uralten Tapes Welcome To The Planet, Mother Fucker auf dem australischen Label Space Ritual bin ich auch auf's aktuelle Album der Band aus Massachussets gestoßen. Besagtes Tape ist angenehm ungeschliffener (mancher würde sagen: dilletantischer) Garagenpunk, der die rauhe Energie von Dead Moon, Stooges oder auch mal Wipers channelt. Die grandios-schlecht dahingerotzte Version von Jumping Jack Flash ist dann noch noch mal ein ganz eigener Schock.
Auf dem neueren Album Confused hat sich die generelle Marschrichtung nicht allzu stark verändert. Die Produktion immer noch angenehm schrottig, spielen sie jetzt vielleicht etwas unfallfreier, verweigern sich aber ansonsten jeglichem Fortschritt. Großartig!
Stockdüsteren, kompromisslosen Postpunk-Krawall geben Cadaver Em Transe aus São Paulo von sich. Das ganze kommt sehr oldschoolig rüber, mit starkem Verdacht auf Hardcore-Wurzeln und Goth-Affinität. Gelegentlich versuchen sie sich auch mal an charmant kaputtem Englisch. Das erinnert ab und an mal an Criminal Code oder die Briten Autobahn, ist aber eigenständig genug um nicht im aktuellen Überangebot an genreverwandten Bands unterzugehen. Und nix mit Kopenhagen-Namedropping diesmal.
Bicycle Day aus Berkeley spielen extra simplen, leicht psychedelischen Garagenrock frei von überflüssigem Scheiß, dafür mit hohem Twang-Faktor und ein bisschen Surfbrettfeeling. Braucht man keinen Schulabschluss, das zu verstehen.