Die überfällige Dosis Garagenrock für diese Woche bescheren Creeps aus Los Angeles. Das Trio spielt eine mal nach vorn gehende, mal abgehangen groovende Variante davon, immer mit dem Surfbrett unter'm Arm. In den schnörkellos rockenden Augenblicken kann das etwas an Wipers erinnern, in anderen Momenten rücken sie mit geradezu souligen Songqualitäten - zumindest im Geiste - in die Nähe der Australier Royal Headache.
Diese Splitkassette zweier Bands aus Montreal hat eine eher grottige und eine ausgezeichnete Seite. Fangen wir mit der grottigen an: Die vier Songs von Fakes wären eigentlich ganz erträglicher, wenn auch unorigineller Garagenpunk. Was das ganze jedoch komplett herunterzieht ist der übertrieben bemühte, nervtötende Quietschgesang mit dem die Sängerin sicher furchtbar durchgeknallt und weird rüberkommen will. Weckt bei mir aber nur müdes gähnen. Zu oft gehört, zu klischeehaft und am Ende einfach so nervig wie der Typ auf'm Konzert hinter dir, der es für angebracht hält, pausenlos whoohoo in dein linkes Ohr zu schreien und nicht an den Blicken der Leute merkt, dass sie ihn am liebsten umbringen würden. Eine der schlechtesten (Gesangs-)Angewohnheiten der jüngeren Indielandschaft, hier bis zum Erbrechen durchgezogen.
Das Tape mal umzudrehen kann ich hingegen sehr empfehlen, denn die B-Seite macht das alles mal locker wett. Harsh Reality spielen dreckigen, melodischen Indierock voll fuzziger Gitarrenwände, der die Herzen derer erfreuen dürfte, die die ungeschliffene Debüt-EP von Milk Music mochten. Oder man stelle sich eine räudige LoFi-Variante von Dinosaur Jr's Bug mit einer noch deutlicheren Noise-Kante vor. Macht saumäßig Laune und lässt einen die lausige A-Seite schnell vergessen.
Wär fast an mir vorbei gegangen, dass die Band um den australischen Punkopa und Ex-Radio Birdman Frontmann Rob Younger mal wieder 'ne Platte aufgenommen hat. Gefällt mir ein ganzes Stück besser als so einiges was die alten Herren in den Neunzigern und Nullern verbrochen haben. Sie laufen hier noch mal zur alten Höchstform auf, Incantations braucht sich nicht hinter den ganz frühen Alben und EPs der Band verstecken. Wenn auch das Tempo entspannter geworden ist, der abgehangene Vibe jener Platten ist präsenter als je zuvor und die elf Songs sind allesamt Volltreffer.
Die Kopenhagener Szene mal wieder. Die Anfang des Jahres erschienene Without Grace or Glory EP dieser Band klang noch wie eine etwas unspektakuläre, wenn auch vielversprechende Variante der getragenen Balladen von Lower's zweiter 7" "Someone's Got It In For Me / But There Has To Be More", aber mit ihrem neuen Siebenzolldings treten Hand Of Dust eindrucksvoll aus deren Schatten heraus. Walk in White ist ein Atmosphärisch dichtes und ausgefuchstes Biest von einem Song, der sich bösartig in den Hirnwindungen festbeißt.
Wieder einmal schöner, klassischer Noiserock. Animal Lover aus Minneapolis spielen eine sehr oldschoolige Variante davon. Man kann eine deutliche Vorliebe für die frühen Shellac heraushören, ansonsten regiert hier die alte AmRep-Schule, insbesondere Unsane und frühe Helmet würde ich hier mal als Vergleich anbieten.
Sehr eingängiger und fuzziger Indierock der oldschooligen Sorte von einem Duo aus Vancouver mit Signtlines-Frontmann Eric Axen an Gitarre und Gesang. In etwa so als hätten sich die melodischeren Momente von Mission Of Burma mit den frühen Archers Of Loaf oder Sebadoh vermischt. Schnörkellos und absolut gekonnt.
Tim Presley aka White Fence dürfte einigen noch als Frontmann der Psychrocker Darker My Love ein Begriff sein. Andere sind sicher durch seine Albumkollaberation mit Ty Segall auf ihn aufmerksam geworden. Seine Soloalben hingegen haben bisher - vielleicht gewollt - eher kleine Wellen geschlagen. Kein Wunder, denn mit derartig kompromisslosen LoFi-Produktionen ist schon prinzipiell keine größere Zielgruppe zu erreichen. Aber diesmal scheint er es ernst zu meinen. Mit dem Wechsel von einem mittelmäßig bekannten Spezialitäten-Label zu einer rennomierten Indiegröße geht hier auch eine neue Klangästhetik einher, weg von den kratzigen Vierspuraufnahmen vergangener Alben. Statt nach LoFi von heute klingt die Platte nach HiFi von gestern, dank Ty Segalls Produzenten-Skills erstrahlen die Songs in einem durchweg angenehmen Vintage-Sound. Auch songtechnisch hat sich das Niveau deutlich gehoben. Die früheren Platten waren ja ein eher durchwachsener Gemischtwarenladen, hier wurde wohl die Qualitätskontrolle deutlich verschärft und die Trefferquote liegt nah bei 100%. Eine wunderschöne Platte, die sich kein Freund von garagenaffinem Psychpop entgehen lassen sollte.
Chaotischer Math-/Noiserock aus Columbus, Ohio. Das trägt die Gene der üblichen Genre-Verdächtigen in sich, aber man kann auch parallelen zu etwas unwahrscheinlicheren Referenzen wie Minutemen oder The Pop Group ziehen, wenn man will.
Schon was ältere EP einer Band aus Kingston, Ontario. PS I Love You-Frontmann Paul Saulnier macht sich hier am Bass zu schaffen. Das Zeug ist ganz tief im Indierock der frühen Neunziger verwurzelt. Das kann gelegentlich mal die gewohnten Pavement-/Sebadoh-Referenzen nach sich ziehen, aber die Bandbreite dieser sechs Fuzzrocker ist doch sehr weit gestreut, nimmt auch mal düster-doomige oder leicht wavige formen an. Und exzellentes Songwriting verleiht dem ganzen eine Menge Substanz.
Das Publikum war anwesend als die Band die Bühne betrat. Von der ersten Minute an spielten die Musiker Musik. Die Setlist enthielt Songs und diese trafen bei den Zuhörern auf Ohren. Am Ende waren sich alle einig, ein Konzert erlebt zu haben. (mehr …)