Wie eine stinkende Pfütze purer Hard- und Noisecore-Abscheu, trägt dieses schnieke Tape der New Yorker einen ausgeprägten Flipper- und No Trend-Vibe zur Schau, hat aber auch einige Ähnlichkeit zu jüngeren Genre-Artefakten etwa der Marke Soupcans, C-Krit, Stinkhole, Crisis Man, Black Button oder Mystic Inane.
Synth Punk-Wunderkind Klint brauche ich hier ja inzwischen nicht mehr vorzustellen. Seine Seite dieser genialen Splitkassette liefert drei neue Artefakte abgeschöpft aus diesem bodenlosen Quell der Kreativität, den der Typ scheinbar von ganz von alleine channelt sobald es ihm jemand erlaubt, irgendwo ein Kabel einzuklinken. Die Italiener Orrendo Subotnik auf der anderen Seite erschaffen einen ganz anderen aber nicht weniger begeisternden Klangkosmos. Nachdem die letztes Jahr noch mit einem ultra-rohen zweiten Tape Wellen schlugen, gewinnt ihr Sound hier einen deutlich schärferen Fokus. Das ist eine ganz eigenwillige Mischung, die etwa dem Noise Pop und Fuzz Punk der frühen No Age, Male Bonding oder Tiger! Shit! Tiger! Tiger!, düster-noisy-melodischem Post Punk á la Die! Die! Die!, Piles oder Times Beach, einen definitiv eher Hard-/Postcore-mäßigen Energielevel verpassst sowie das volle Breitwand-Drama von Lower oder frühen Iceage… und das ist nur die Spitze des Eisbergs hier.
Punter hatten schon 2020 ein ausgezeichnetes Demo abgeliefert, ihre neue EP auf Drunken Sailor Records manövriert ihren Sound aber nochmal auf ein ganz neues Niveau. Dabei kombiniert die Band die Stärken etwa von so oldschool "Heavy" Metal und Hard Rock-infizierten Garagenacts wie Polute, Cheap Heat, Cement Shoes oder Stiff Richards, dem breitbeinig rockenden Hardcore Punk etwa von Cutters und Cülo und nicht zuletzt der wuchtigen Postcore-Attacke von Dollhouse, Acrylics, Flea Collar mit dem breitwandigen Drama, der Wut und Melancholie von Pist Idiots und Jackson Reid Briggs & The Heaters.
Eine wunderschön altmodische 7" einer Band aus Leeds, die darauf einen Sound zwischen den groben Koordinaten von Math Rock, Postcore und Noise Rock kreiert und eindeutig dem Dischord-Sound der 90er bis 00er Jahre Tribut zollt - und insbesondere auch Bands wie etwa Jawbox, Autoclave, Hoover, Lungfish oder Q and not U.
Die Band aus Greenville, South Carolina lässt einen exzellenten Krawall von der Leine, der irgendwo zwischen den Rädern von Garage Punk, Post Punk und Postcore für ordentlich Reibung sorgt und gewisse Ähnlichkeiten sowohl zu aktuellen Bands á la Mystic Inane, Big Bopper, Dollhouse, Cutie, Wymyns Prysyn, Crisis Man hat… als auch zu klassischem Material im Fahrwasser von Drive Like Jehu, Hot Snakes, Nation Of Ulysses, Rites of Spring or Gray Matter.
Die Band aus Richmond, Virginia hat bereits ein bisschen Staub aufgewirbelt mit einem schön chaotischen Demo in 2019 und einer dem etwas konventionelleren Hardcore verbundenen 2021er EP. Auf ihrer ersten LP gehen sie jetzt wieder deutlich unberechenbarer zur Sache mit einem zumeist empfindlich gedrosselten Tempo und einem Sound, der scheinbar so einige Inspiration aus dem experimentellen Spannungsfeld zwischen klassischem 80er Hardcore und dem (Proto-)Noise Rock jener Zeit zieht, wie ihn etwa Flipper, No Trend, Spike In Vain, Broken Talent damals etabliert haben. Aber auch zu jüngerem Krempel á la Soupcans, Vulture Shit, C-Krit oder Stinkhole mag man da Ähnlichkeiten sehen.
Hier nochmal ein weiterer kleiner Sammelpost diverser Ruhestörungen aus dem erweiterten Hardcore-Orbit. Den Anfang machen Sex Hater aus Kansas City, die bei Sympathisanten von chaotischem Hardcore-Dreck á la Total Sham, Fried E/m oder Launcher sicher auf einige Gegenliebe stößt.
Wo ich gerade schon vom Dreck spreche - genau jenen Aspekt treiben dann Clinic aus Fresno, Kalifornien noch deutlich weiter auf einer EP, die daherkommt wie eine trübe Pfütze aus primitiver Wut und tiefer Verzweiflung, an manchen Stellen nicht unähnlich zu den frühen Beast Fiend EPs.
pH People, eine Band unklarer Herkunft, schraubt dann das Tempo deutlich runter wobei es ihnen aber keineswegs an Wucht mangelt - ihr Tape auf Urticaria Records ist eine hochprozentige Mixtur aus den Grenzbereichen von Hardcorepunk und (Proto-) Noise Rock mit Echos von überwiegend altem Zeug wie Flipper, Spike In Vain, Noxious Fumes oder Broken Talent.
Außerdem hätte ich dann noch was für die Kerkerkinder auf Lager in Form von Alien Birth aus Philadelphia, die hier ein von oldschooligem Metalzeug verseuchtes Biest abliefern, ein bisschen wie eine Mischung aus extra-primitiven Poison Ruïn und einer Variante der Golden Pelicans, die hier ihren Sleaze Rock-Tendenzen ganz freien Lauf lässt.
Aus der ganz wörtlich zu nehmenden Asche einer gewissen Proberaumapokalypse kommen die Noiserocker Trigger Cut wieder hervorgekrochen, so kräftig und vital wie eh und je auf ihrer neuesten LP. Auf der richtet sich die Band weiter ihr ganz eigenes Eckchen in der Genrelandschaft ein während sie aber gleichermaßen gekonnt die einer oder andere Hommage an diverse Klassiker zollen - man denke dabei unter anderem an Zeug wie Bastro, Distorted Pony, irgendwas mit Albini-Bezug… Außerdem sind so einige unerwartete Stilmittel und Überraschungen am Start wie etwa der Opener Water Fukkery, der mit einem ausgesprochen melodischen Emo-/Postcore vibe aufwartet im Dunstkreis von Bands wie etwa Drive Like Jehu, Autoclave, Quicksand oder Jawbox. Fraglos ihre abwechslungs- und ideenreichste Platte bislang.
Nur mal 'ne kleine Durchsage anlässlich der neuesten drei Kassetten aus dem zuverlässigen Hause 11 PM Records. Die Post-/Math-/Weirdcore-Magier Rolex brauche ich vermutlich ja nicht mehr extra vorstellen - hier gibt es von denen nochmal ein keine vier Minuten währendes Tape aus chaotischem, komplexem und hyperaktivem Postcore-Feuerwerk. Z-Pak sind dann in etwa der Gegenpol dazu mit ultra-räudigem primitivem und zerzausten oldschool Hardcore-Gekloppe. Phantom scheinen dann die besten Qualitäten beider Klangwelten zu vereinen. Reizend!
Das Langspieldebüt dieser Band aus Washington ist mit ziemlicher Sicherheit die am meisten nach Dischord klingende Veröffentlichung des besagten Labels seit geraumer Zeit und plündert sich genauso freimütig wie auch kunstvoll durch vierzig Jahre Postcore-Tradition wie ein wundersamer Anachronismus. Das macht mich alten Sack ausgesprochen glücklich und angesichts der Liste von Beteiligten hier - alle davon haben in der Vergangenheit selbst deutliche Spuren in der washingtoner Szene hinterlassen - bin ich auch kein bisschen Überrascht von der Stärke dieses Albums.