Fleeting Youth Records haben mal wieder eine kleine Perle ausgegraben in Form des Debütalbums einer Band aus dem Kaff Rhinebeck im Bundesstaat New York, dem sie jetzt zu einem Kasettenrelease verhelfen. Die Jungs spielen absolut minimalistischen Garagenblues, zu dem Sänger und Gitarrist Forrest Hackenbrock über die Sinnlosigkeit seines Lebens schwadroniert. Über verpasste Gelegenheiten, die Flucht in schnellen Sex und weiche Drogen, über das verstreichen der Zeit und den Versuch, dieses Leben irgendwie seinem Umfeld gegenüber zu rechtfertigen. Kennen wir doch alle irgendwie…
Das geschmackssichere Label Faux Discx festigt mal wieder seinen Status als eine der erfrischendsten Inseln im überwiegend doch sehr eingefahrenen britischen Indie-Sumpf und beschert uns kurzerhand das Debütalbum der Londoner Omi Palone.
Und ehrlich gesagt, mit so was geilem hatte ich nicht gerechnet. Das ist aufs wesentliche reduzierter, schrammeliger Indie Rock, der durchaus an die Neuseeländische Flying Nun-Connection der 80er/90er erinnert, oder auch mal an ganz frühe REM oder eine straightere Version von Wires hymnischeren Momenten. Aber auch Sonic Youth- oder Wipers-lastige Gitarrenharmonien oder Krachattacken wie von den frühen Dinosaur Jr und leichte Geschmacksspuren von Postpunk sind auszumachen.
Ausgeschrieben klingt das jetzt zugegebenermaßen nicht besonders spannend, eher wie die gefühlte Hälfte anderer hier vorgestellter Bands. Aber das sind auch alles nur notdürftige Versuche den Sound irgendwie einzuordnen, denn Omi Palone verschmelzen eigentlich gekonnt ein sehr breites Spektrum aus den Tiefen der Indie-/Alternative-Historie zu einem unangestrengten und gekonnten Ganzen, das weitaus mehr ist als die Summe seiner mehr oder weniger offensichtlichen Einflüsse. Und auch selten geworden heutzutage: Jeder Song ist ein Volltreffer. Acht Songs, die man den ganzen Tag auf repeat hören könnte, ohne dass man irgendwann zuviel davon kriegt.
Wunderschön kaputter und zerfahrener Postpunk mit deutlichen Krauteinflüssen, nachlässig gespielt von einem Haufen degenerierter Spacken aus dem britischen Croydon. Stichwort Kraut: Man erzahlt sich, sie seien auch schon mal gemeinsam mit Damo Suzuki auf einer Bühne gesichtet worden. Bei allen Schrägheiten haben sie aber trotzdem ein ausgeprägtes Gespür für engängige Popmelodien, die sie dann natürlich auch sofort wieder bestmöglich auseinander nehmen, bevor es zu normal und langweilig werden kann.
Selbstbewusten und super abgehangenen Garagenrock spielen The Thons aus Chicago. Das klingt mal nach oldschooligem Geriffe im Stil von Radio Birdman oder Obits, ein anderes mal als hätte man Urge Overkill das Koks durch Ritalin und Gras ersetzt, surfige und angefolkte Zwischentöne sind auch mit an Bord und bei all dem lassen sie die eingängigen Hooks nie zu kurz kommen. Die schnörkellose aber kraftvolle Produktion - alles wurde an einem Tag eingespielt - passt dazu wie Arsch auf Eimer. Für dieses Jahr hat die Band noch gleich zwei weitere Alben angekündigt. Man darf gespannt sein.
Die Platte gibt's im Bandeigenen Shop zum Download, im Tausch gegen einen Facebook-Share oder einen frei wählbaren Betrag von mindestens null Euro (aber seid keine Arschlöcher, ok?).
Shoegaze-Gedöns der ultra-gradlinigen, eingängigen Sorte spielt diese Band aus Montreal und verpasst dem ganzen noch eine noisige Indierock-Kante á la frühe Dinosaur Jr. Und bei den Songs geben sie sich auch keine Blöße, die Platte kann was.
Nach dem leztjährigen Brocken "No Passion All Technique", der gerade wegen seiner kompromisslosen Zerfahrenheit überzeugen konnte, finden Protomartyr aus Detroit hier endlich zu ihrem eigenen Sound. Das steht einerseits den düsteren Klangentwürfen der aktuellen Kopenhagener Szene nahe, aber auch klassischere Kandidaten wie The Fall scheinen durch und leicht dubbige Untertöne fallen beim aufmerksamen Hören auf. Dazu durchzieht eine neu gewonnene Melodiösität das Album, das dennoch an allen Ecken und Enden seinen Beißreflex beweist.
Bisher war dieses Jahr ein echter Jungbrunnen für den zuletzt etwas verschlafen wirkenden Postpunk und Under Color Of Official Right ist ein weiter herausragender Beitrag in den modernen Genre-Kanon. Vielleicht der beste, den wir dieses Jahr zu hören kriegen, aber das habe ich dieses Jahr auch schon mehrfach gedacht. Und jetzt wo es endlich einen offiziellen Releasetermin für's Lower-Album gibt, mag ich mich erst recht nicht vorzeitig auf etwas festnageln.
Sehr schöne EP eines Punktrios aus Ottawa, das es sich irgendwo zwischen Garagen- und 77er Punk gemütlich macht. Das erinnert abwechselnd auch mal an Dead Moon, Wipers oder sogar Hüsker Dü.
Schönen melodischen Punkrock mit einem gewissen Buzzcocks-Einschlag bescheren vier Typen aus Montreal, erschienen beim immer geschmackssicheren Dirtnap Records. Reiht sich auch ganz gut in jüngere Veröffentlichungen ein, etwa von Radioactivity oder Mind Spiders.
Die Typen kommen aus Kansas City und spielen im Grunde ultramelodischen Indierock im geiste etwa von Archers of Loaf und Superchunk, oder auch California X, Milk Music oder Swervedriver, gelegentlich auch angereichert um leichte Postpunk-Elemente oder Sonic Youth-artige Gitarrenharmonien. Erschienen auf Russian Winter Records, das ist das Label der Macher vom massiv lesens- und hörenswerten Blog Flooshime Zipper Boots. Das ham' se mal wieder hervorragenden Geschmack bewiesen. Wie immer eigentlich.
Eigentlich hab ich ja die Schnauze voll von den 60s Teenpop- und Girlgroup-beeinflussten Bands die in den letzten Jahren rumgehypt wurden. Keine von denen wurde m.E. dem Hype auch nur annähernd gerecht. Best Coast schreibt seitdem immer wieder den gleichen Song und versucht dabei so furchtbar ultra cute rüber zu kommen, dass ihre Welt in rosa Plüsch versinkt. Frankie Rose und ihre Bands Dum Dum Girls und Vivian Girls konnten zwar die eine oder andere Ohrwurm-Single für sich verbuchen, ihre Alben bestanden aber überwiegend aus uninspiriertem Füllmaterial. Das sie sich dann auch noch zunehmend in eine gafällig-poppigere Richtung entwickelten, trug dann natürlich auch nicht besonders zu meiner Begeisterung bei.
Als aber Tweens vor zwei Jahren ihr Debüt "Live at the Mohawk" - eine wunderbar grottige und ungeschliffene LoFi-Aufnahme ihres allerersten Gigs - auf uns losließen, war ich sofort hin und weg. Da war sowohl der unwiderstehliche Pop, ohne den das Genre undenkbar wäre, aber dieses schräge Trio fügte dem ganzen auch wieder die nötige Schaufel Dreck hinzu, den sowas schon braucht um bei mir zu zünden.
Nun liegt mir hier ihr erstes "richtiges" Album vor, mit einer deutlich zugänglicheren Produktion und einem durchaus etablierten Label im Rücken. Die gute Nachricht: Sie haben sich nicht vollkommen glattbügeln lassen. Das ganze ist zwar weit entfernt vom alten Lofi-Sound, aber die Produktion macht ordentlich Druck und zeigt immer noch genug Zähne. Es ist zwar nicht jeder Song ein Volltreffer, aber es gibt auch keine wirklichen Ausfälle. Einige der deutlich vom 77er Punk geprägten Popmelodien werde ich so schnell nicht mehr aus meinem Kopf bekommen, und das ist ja schon mal kein schlechtes Zeichen.